Ein skandalöses Rendezvous (German Edition)
doppeltes Opfer, oder? Zuerst das der Nachlässigkeit ihres Vaters und jetzt das dieser Gerüchte.«
»Alle Verbrecher haben Familien, die ihre Taten mit büßen müssen.«
»Das Gleiche hat unsere Mutter auch gesagt. Ich habe ihr nicht geantwortet, weil sie mir sowieso nicht zuhört. Aber dir sage ich, wie es mir missfällt, dass die Familie dieses Verbrechers, wenn er denn einer war, nun noch mehr leiden muss, weil deine Feinde ihren Nutzen aus diesem … Missverständnis ziehen.«
Morgan sah Sebastian an. Der erwiderte seinen Blick. Der Rest der Unterhaltung verlief ohne Worte. Dann widmeten sie sich wieder ihrem Kaffee und der Post.
»Ich werde die Wahrheit über die Ereignisse im Two Swords in Umlauf bringen«, verkündete Sebastian, als er aufstand, um zu gehen. »Das wird wohl für alle Beteiligten das Beste sein.«
»Die Wahrheit ist immer das Beste, Sebastian.«
Von wegen.
Skandale erzeugen die seltsamste Aufregung, dachte Audrianna am nächsten Nachmittag. Die Stimmung im Haus war gleichzeitig düster und voller Tatendrang.
Lizzie und Celia hatten bis spät in die Nacht darüber diskutiert, wie man Audrianna retten konnte. Sie waren sehr unterschiedlich an das Problem herangegangen. Lizzie war davon überzeugt, dass ein paar Jahrzehnte eines tadellosen Lebenswandels und eine Menge gemeinnütziger Arbeit nötig waren, um sich von einem solch tiefen Sturz, dem Verlust der Unschuld, reinzuwaschen. Celia hingegen war der Meinung, dass ein selbstbewusstes Auftreten, ausgezeichneter Stil und ein bedeutender Liebhaber eine Frau schneller wieder in die Gesellschaft zurückbringen würde, und das in eine gehobenere Position als vorher.
Keine der beiden fragte danach, welche Alternative Audrianna bevorzugen würde. Sie saß einfach auf ihrem Bett, während die anderen die Katastrophe auseinandernahmen, zu der ihr Leben geworden war.
Am nächsten Morgen gingen die beiden nach Cumberworth, um den Brief aufzugeben, den Audrianna schließlich doch noch an ihre Mutter geschrieben hatte. Eine halbe Stunde später wurde deutlich, dass der Brief unnötig gewesen war. Eine Mietkutsche rollte die Seitenstraße hinauf und hielt vor Daphnes Haus. Audrianna erkannte von ihrem Platz am Fenster die Insassen.
Daphne erschien an ihrer Seite und gemeinsam sahen sie zu, wie ihre Mutter und ihre Schwester ausstiegen und zur Tür gingen.
»Sie ist natürlich außer sich«, sagte Daphne und bezog sich damit auf den Ausdruck auf Mrs Kelmsleighs Gesicht.
Audrianna hatte ihre Mutter noch niemals so erschöpft gesehen. Selbst nach dem Tod ihres Vaters, selbst während der unermüdlichen Hetzjagd durch Lord Sebastian und andere war Mama nie vollkommen zusammengebrochen. Sie kleidete sich immer ganz in Schwarz, auch wenn ihre verbliebenen Freunde argumentierten, dass die Zeit der tiefen Trauer verkürzt werden durfte, wenn sich ein Ehemann umgebracht hatte.
»Deine Schwester Sarah wirkt zornig«, sagte Daphne. »Auf deine prekäre Lage, nehme ich an.«
»Wohl eher auf mich. Sie weiß, was sie diese Angelegenheit kosten wird.« Es hatte noch eine kleine Chance bestanden, dass Sarah dem Schlimmsten der Schande ihres Vaters entgehen würde. Mit einer anständigen Mitgift hätte sie in ein paar Jahren eine akzeptable Partie machen können, wenn auch keine so gute, wie sie sich gewünscht hatte. Das war einer der Gründe, weswegen Audrianna zu Daphne gezogen war – um ihrer Mutter die Möglichkeit zu geben, das Wenige, das ihr blieb, für die andere Tochter auszugeben, der noch eine einigermaßen respektable Zukunft bevorstand.
Audrianna folgte Daphne zur Tür. Als sie geöffnet wurde, hatten Mama und Sarah ihre wahren Gefühle hinter Masken der Anteilnahme versteckt.
»Liebe Tante Meg«, begrüßte Daphne sie und lehnte sich für einen Kuss nach vorn. »Wie gut, dass du da bist. Es gibt viel, was wir bereden müssen.«
»Mir ist die absurdeste Geschichte zu Ohren gekommen, Lord Sebastian.« Während er sprach, blickte Mr John Pond, der Hofastronom, in das neue drei Meter hohe Passageninstrument. Er verstellte das Teleskop einen winzigen Zentimeter und sah erneut hinein. Über ihnen war eine Dachplatte des Königlichen Observatoriums entfernt worden, um einen freien Blick auf die Sterne zu gewährleisten.
»Sie handelte von dieser Sache im Two Swords bei Brighton. Eine lange, raffinierte, wunderliche Geschichte. Etwas über einen geheimnisvollen Eindringling und ein zufälliges Treffen. Ihre Freunde sollten sich eine plausiblere
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