Ein skandalöses Rendezvous (German Edition)
Gedanken hinter einer Maske der Ruhe verborgen.
Der Morgentau war schon lange auf dem Gras getrocknet, das links und rechts des Weges wuchs. Die warme Sonne deutete auf besseres Wetter hin, doch eine frische Brise ließ Audrianna für ihren Schal dankbar sein.
Lord Sebastian schritt neben ihr her. Seine Stiefel zertraten knackend die Zweige, die auf dem Boden lagen. Seine ernste Miene deutete darauf hin, dass er sich nicht viel aus der heutigen Mission machte und es verabscheute, dass ihn die Höflichkeit dazu zwang, Abbitte zu leisten.
Audrianna warf einen Blick über die Schulter zum immer kleiner werdenden Haus. Sie nahm an, dass sie Daphne an einem der Fenster sehen würde. Doch es war kein blonder Schopf zu sehen.
»Die Angelegenheit hat eine unglückliche Wendung genommen«, sagte Lord Sebastian schließlich. »Der Skandal breitet sich aus. Ich habe die Wahrheit über meine Verwundung verbreitet, aber wie schon bei Sir Edwin und dem Gastwirt, klingt die Wahrheit verglichen mit gewöhnlicheren Erklärungen höchst unglaubwürdig.«
»Ich habe ein paar Anspielungen darauf in den Zeitungen gelesen, also bin ich mir darüber bewusst. Aber es war sehr gütig von Ihnen, herzukommen und mich zu warnen.«
»Es ist bedauerlicherweise in aller Munde.«
»Das ist sehr ungerecht. Doch so ist das Leben. Ich werde es genauso ertragen wie alles andere, was mir widerfahren ist, und ich denke, Sie werden es ebenso halten.«
»Sie sind zu verständnisvoll.«
»Ich bezweifle, dass dies der Fall wäre, wenn es sich um die übliche Art Übereinkunft handeln würde. Doch da es sich um höchst merkwürdige Umstände handelt, glaube ich, dass die normalen Regeln nicht angewendet werden können.«
»Der Welt ist es egal, was Sie oder ich denken, Miss Kelmsleigh.«
»Und mir ist es inzwischen egal, was die Welt denkt, also gleicht es sich aus.«
»Das ist sehr mutig von Ihnen. Und sehr dumm.«
Ihre moralische Befriedigung darüber, das Richtige zu tun, verflog im Nu. Verärgerung nahm ihren Platz ein. Sie hatte diesem Mann gerade die Schlinge vom Hals genommen und zum Dank dafür beleidigte er sie.
»Sie sollten über meine Dummheit froh sein und mich nicht dafür schelten, Sir. Daphne und meine Mutter hatten einen Plan ausgeheckt, um von Ihnen eine Entschädigung zu verlangen. Wenn wir nicht spazieren gegangen wären und ich darauf bestanden hätte, dass wir allein miteinander sprechen, wären Sie jetzt wohl um einiges ärmer.«
»Mrs Joyes und Ihre Mutter hätten umsonst geplant. Ich werde keine Zahlung leisten.«
»Natürlich werden Sie das nicht. Sie sind unschuldig. Warum sollten Sie bezahlen?«
Ihr Nachdruck ließ ihn sarkastisch lächeln. »Oh, ich werde bezahlen, Miss Kelmsleigh. So oder so wird eine Rechnung zu bezahlen sein. Allerdings scheint es die am wenigsten aussichtsvolle Alternative zu sein, Ihnen und Ihrer Familie eine Geldsumme zu zahlen.«
»Dann sind wir uns ja einig. Wir stehen es durch, ertragen die Gerüchteküche und das war es dann. Kommen Sie, lassen Sie uns zu meiner Cousine zurückkehren und es ihr klarmachen, damit diese unleidige Angelegenheit endlich ein Ende findet.«
Sie machte auf dem Absatz kehrt und wollte zum Haus zurückgehen. Ein fester Griff an ihrem Arm hielt sie jedoch nach ihrem ersten Schritt zurück.
»Sie missverstehen mich, Miss Kelmsleigh.«
Sie sah auf die behandschuhten Finger hinab, die so leichtfertig und unhöflich ihre Bewegungen kontrollierten. In ihrem Kopf blitzte die Erinnerung daran auf, wie er das Gleiche im Garten getan und wohin das geführt hatte. Sie warf einen Blick in sein Gesicht und hatte den Eindruck, dass sie in seinen Augen ebenfalls die Erinnerung an jene Begegnung erkennen konnte.
Er ließ sie los, versperrte ihr aber den Weg, um zu verdeutlichen, dass sie noch nicht zu Daphnes Haus zurückkehren würden.
»Vor fünf Jahren, selbst noch vor zwei, hätte ich es so gemacht, wie Sie es vorgeschlagen haben«, sagte er. »Oder vielleicht sogar so, wie ihre Cousine es will. Aber heute kann ich es mir nicht mehr leisten. Mein Charakter wurde beleidigt und meine Ehre schwer beschädigt.« Er zog ein Blatt Papier aus seiner Tasche. »Das ist es, was ich meine.«
Sie nahm das Blatt und faltete es auseinander. Darauf war eine schlecht ausgeführte obszöne Zeichnung zu sehen. Eine Frau, die ihr ein wenig ähnlich sah, saß leicht bekleidet auf einem Bett, eine Brust bereits unbedeckt, und widerstand der liederlichen Umarmung eines Mannes, der Lord
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