Ein skandalöses Rendezvous (German Edition)
Woge ängstlicher Verzweiflung spülte ihren selbstgerechten Zorn hinweg.
»Sie spielen auf Sieg, wie ich sehe«, sagte sie.
»Wenn ich dazu gezwungen bin, ja.« Er trat so nah an sie heran, dass ihre Nase fast seine Brust berührte. »Kommen Sie schon. Mich zu heiraten, wird schon nicht so schlimm«, sagte er sanfter. »Es würde Ihnen an nichts fehlen und Sie könnten so leben, wie Sie es wünschen.« Sein weicher Handschuh hob ihr Kinn, sodass sie ihm ins Gesicht blickte. »Und wir wollen einander doch, so seltsam Sie das finden mögen. Vergnügen in der Liebe kann viel dazu beitragen, einer Frau die Ehe schmackhaft zu machen.«
Sie hasste die Tatsache, dass er wusste, wie sehr er sie berührte. Sie wünschte sich, sein Gesicht würde sie nicht so in Verzückung versetzen und ihr Herz würde nicht jedes Mal, wenn sie in seine Augen blickte, einen Hüpfer tun. Er neigte seinen Kopf und seine Lippen berührten ihre. Er küsste sie lange genug, um die amourösen Pfeile in Bewegung zu setzen. Er erinnerte sie absichtlich an die überwältigenden Gefühle, die sie im Garten empfunden hatte.
Sie ließ es zu und hoffte dabei halb, dass er sie wieder wie von Sinnen küssen würde. Nur war dies keine Überraschung im Garten, und dieses Mal konnte sie auch nicht vergessen, wer sie war.
Sie sah Triumph und Begierde in seinen Augen aufflackern, als er den Kuss unterbrach und zu ihr herabsah. Sie trat einen Schritt zurück und sah ihn geradeheraus an. Dabei überkam sie eine unnatürliche Ruhe.
»Vielleicht haben Sie recht, Lord Sebastian, und ich habe nicht den Mut, alles was ich kenne, hinter mir zu lassen, um mein Glück in einem neuen Land zu versuchen. Aber ich habe dennoch die Wahl.«
»Natürlich haben Sie die.« Aber er glaubte nicht daran. Sie konnte sehen, dass er davon ausging, dass die Sache nur einen einzigen Weg gehen konnte.
»Behandeln Sie mich nicht so herablassend, Sir. Ich habe tatsächlich eine Wahl. Eine viel wichtigere als die, die Sie anbieten. Ich kann die traurige Existenz leben, die Sie beschreiben, aber indem ich das tue, kann ich bewirken, dass Sie Ihren politischen und gesellschaftlichen Einfluss verlieren. Oder ich kann im Luxus leben, indem ich den Mann heirate, der seine Stellung dazu missbraucht hat, um meinem Vater und meiner Familie großen Schaden zuzufügen. Ich würde sagen, es ist eindeutig, welches die ehrenhafte Entscheidung ist, oder?«
Er zeigte keine Überraschung. Keine Verärgerung. Er sah sie einfach nur an.
Sie ging davon. »Guten Tag, Lord Sebastian.«
9
Audrianna entschied, sich der Suche nach dem Domino zu widmen. Er konnte immer noch über den entscheidenden Hinweis verfügen, um den Namen ihres Vaters reinzuwaschen. Außerdem bestand die winzige Möglichkeit, dass er die Welt davon überzeugen konnte, welche Lügen hinter dem Skandal standen.
Doch sie gestattete sich nicht, darauf zu zählen. Durch die Ablehnung von Lord Sebastians Antrag hatte sie akzeptiert, dass das Schlimmste geschehen würde. Sie machte sich keine Illusionen darüber, dass sie verdammt war.
Am Abend nach dem Treffen mit Lord Sebastian hatte sie mit den anderen Frauen in der Bibliothek gesessen und versucht, eine Anzeige für die Times zu formulieren. Wenn der Domino in London war, sah er sie vielleicht. Schließlich hatte er so auch nach ihrem Vater gesucht.
Sie bemühte sich eine halbe Stunde lang und konnte doch nicht die richtige Mischung aus kryptisch und schlicht finden. Entmutigt faltete sie das Blatt Papier zusammen und schob es beiseite. Nun musste sie ihrer Mutter schreiben. Das würde noch viel schwieriger werden.
Ein neues Lied zu komponieren würde viel einfacher sein. Sie könnte es »Meine skandalöse Unschuld« nennen oder »Eine angeschlagene, aber nicht zerbrochene Vase«. Oder »Durch Schicksal besiegter Stolz«. Oder …
»Und?«, sagte Celia. Ihre Frage brach das Schweigen der letzten Stunde. »Würde mir mal jemand erklären, was passiert ist, als Lord Sebastian heute vorbeikam?«
»Es war eine Privatangelegenheit, Celia«, sagte Daphne, ohne von ihrem Buch aufzusehen.
»Blödsinn. Wir wissen alle, warum er da war. Hat er dir eine Entschädigung angeboten, Audrianna? Wie hoch ist sie? Kannst du dir damit ein Haus kaufen oder musst du von den Erträgen leben? Wird ein Treuhänder eingesetzt oder kannst du damit machen, was du willst?«
»Er hat mir keine finanzielle Entschädigung angeboten«, antwortete Audrianna. Nachdrücklich tauchte sie ihre Feder in die
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