Ein skandalöses Rendezvous (German Edition)
Doch dieses Mal senkte sich kein Nebel, keine Distanz darüber. Die Lust war da, greifbar und unverhüllt. Stattdessen wurde sie von einer ungebetenen Intimität überwältigt, die sie während ihrer verletzlichen Unterwerfung in Erstaunen versetzte.
Er blieb, nachdem es vorbei war. Sie erwartete, dass er gehen würde, um ihnen die kompromisslose Wirklichkeit zu ersparen, die sie im Nachklang immer wieder überfiel.
Keine freudige Erwartung mehr. Keine Aufregung, die verschleierte, wie es wirklich war. Sie lag neben einem nackten Mann, den sie kaum kannte.
Sie konnte nicht ignorieren, wie wehrlos sie sich in seiner Gegenwart fühlte. Vollkommen machtlos. Dass er sie jetzt besaß, beraubte sie jeglichen Vorteils, und das zu Beginn einer langen Partie, die zu spielen sie sich noch nicht einmal richtig bewusst gewesen war.
Sie schloss die Augen, um etwas Intimsphäre zu finden. In diesem Bett war sie ihr vollkommen genommen worden, so gründlich, wie er ihr Nachthemd entfernt hatte. Das bestürzte sie mehr als alles andere. Viel mehr als jeder Schmerz. Ihre Getrenntheit war ohne ihre Erlaubnis durchbrochen worden.
»Du wirkst sehr nachdenklich.« Seine Stimme, so nah, bekräftigte die Vertrautheit.
»Ich stelle ein paar Berechnungen an. Addition. Subtraktion.«
Sie spürte sein Lachen an ihrer Wange, auch wenn sie es nicht hörte. »Was rechnest du?«
Sie öffnete die Augen und erblickte seine nackten Schultern, seine Brust. Versunken in der Lust, hatte das keine Rolle gespielt, aber nun schockierte es sie. »Ich berechne, wie oft man das in zehn Stunden tun kann und ob du es bald wieder tun willst.«
Sein Blick wurde weich, als würde er wissen, wie unbehaglich sie sich fühlte. »Nicht so bald. Ein paar Tage lang nicht.«
Er setzte sich auf. Sie wusste, dass er gehen würde. Aber er tat es nicht sofort. Er gab ihr Zeit, um ihre Augen zu schließen. Eines Tages würde sie das vielleicht nicht.
Sie hörte, wie er sich im Zimmer bewegte.
»Ruf deine Zofe. Sie wird dir ein Bad einlassen.«
Sie spürte seine Anwesenheit direkt neben ihr. Dann küsste er sie leicht auf die Wange. »Es tut mir leid, dass ich dir wehgetan habe. Ich habe versucht, es zu vermeiden. Ich werde es nicht wieder tun.«
Es berührte sie, dass er es versucht hatte. Sie stellte sich vor, wie höllisch es hätte sein können, wenn er es nicht getan hätte.
Sie öffnete die Augen und sah den dunklen Morgenmantel an der Tür zu seinem Zimmer. Er brauchte keine Absolution von ihr. Er hatte nicht darum gebeten, sondern es nur gesagt, um sie zu beruhigen. Doch während sie um jeden Schutz gebracht worden war, hatte sie ein neues Verständnis für ihn gefunden, und das flüsterte nun zu ihren Instinkten.
»Du hast mir nicht sehr weh getan.«
Er blieb stehen und sah sie durch die Schatten hinweg an.
»Ich bin eher erschrocken als verletzt, und mehr verwirrt als erschrocken. Es war, wie du gesagt hast. Mehr als erträglich.«
13
Er kam zwei Nächte lang nicht zu ihr. Dann kam er jede Nacht. Audrianna rechnete grob aus, dass diese gemeinsamen Stunden zusammen mit der Zeit, die sie tagsüber gemeinsam miteinander verbrachten, in der ersten Woche tatsächlich etwa zehn Stunden waren.
Am Ende dieser Woche war sie daran gewöhnt, hinterher einen nackten Mann in ihrem Bett zu haben. Er blieb nie lange, aber er ging auch nicht sofort. Sie hatte angenommen, dass es etwas war, dass man schweigend in der Dunkelheit verrichtete, eine Pflicht, der man heimlich nachkam. Vielleicht hatte Lord Sebastian aufgrund seiner Erfahrungen als Lebemann dazu eine freizügigere Einstellung.
Hinweise auf seine amouröse Vergangenheit zeigten sich bei jedem gesellschaftlichen Anlass, an dem sie teilnahm. Natürlich sprach niemand darüber, aber sie spürte ein fröhliches Erstaunen darüber, dass er überhaupt die Ehe eingegangen war, noch dazu mit einer solch schlechten Partie. Ein paar raffinierte Spitzen einiger Damen unterstellten ihr, dass sie ihn praktisch eingefangen hatte. Es wurde deutlich, dass Lady Wittonbury ebenfalls dieser Ansicht war.
Es gelang ihr größtenteils, ihrer Schwiegermutter aus dem Weg zu gehen. Wie Sebastian gesagt hatte, war es ein sehr großes Haus. Die Bibliothek und der Musikraum wurden ihr Zufluchtsort, wenn sie ihre eigenen Zimmer verließ. Und natürlich der Garten. Er war so groß, dass man darin verschwinden konnte, und wenn sie das Verlangen nach einer anderen Umgebung überkam, ging sie mit Nellie im Park oder auf der Oxford
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