Ein skandalöses Rendezvous (German Edition)
werde einen Schreiber schicken, der Ihre Worte festhält und Ihre Unterschrift bezeugt.«
Anderson zögerte. »Als ich in dem französischen Konvent war, hat mich ein Offizier besucht. Ich habe ihm erzählt, was geschehen ist. Er sagte mir, dass der Krieg vorüber sei und es nichts bringen würde, dem Rest der Welt davon zu erzählen. Er sagte, man solle die Toten ruhen lassen.«
»Glauben Sie, dass er recht hatte? Wenn ja, lasse ich Sie in Frieden.«
Anderson dachte eine Weile still darüber nach.
»Es scheint mir, dass die anderen genauso durch jemandes Fehler getötet wurden wie durch den feindlichen Beschuss«, sagte er. »Kommt mir nicht richtig vor, dass niemand dafür bezahlt, auch wenn ich gehört habe, dass sich ein Mann deswegen erhängt haben soll. Und ich denke immer wieder, was passiert, wenn der gleiche Fehler wieder passiert?«
»Sie sehen das genauso wie mein Bruder und ich.«
»Dann werde ich mein Zeichen unter die Aussage setzen, Sir, wenn Sie denken, dass es hilft. Schaffen Sie diesen Schreiber her und ich mach’s.«
Sebastian dankte ihm. »Ich habe noch eine weitere Frage, wenn es geht. Bitte beschreiben Sie mir diese Fässer. Sagen Sie mir alles, was Ihnen dazu einfällt. Versuchen Sie sich an die Markierungen zu erinnern.«
Sobald Sebastian in die Park Lane zurückgekehrt war, suchte er seinen Bruder auf. Endlich hatte er Informationen, die in der Schießpulveraffäre einen Durchbruch bedeuten könnten. Er konnte es kaum erwarten, Morgan davon zu berichten und mit ihm die nächsten Schritte zu besprechen.
Dr. Fenwood war nicht im Vorzimmer. Sebastian hörte Geräusche aus der Bibliothek. Die Tür stand auf und als er näherkam, hörte er leises Schluchzen.
Er sah hinein. Morgan saß in seinem Sessel und beugte sich vor. Audrianna saß auf dem Boden neben ihm, presste die Hände auf ihr Gesicht und versuchte, ihr Weinen zu verbergen. Morgan sprach mit ihr, so leise, dass Sebastian es nicht verstehen konnte, und streichelte ihr sanft über den Hinterkopf.
Das Bild verblüffte ihn. Erfüllte ihn mit Leere. Er beobachtete die beiden eine Zeit lang, die sich wie eine Ewigkeit anfühlte. Dann stieg eine Wut in ihm auf, die die unnatürliche Ruhe auslöschte, die ihn zuvor ergriffen hatte.
Er marschierte davon, in seinem Kopf ein dunkles Chaos. Das Haus konnte es nicht in Grenzen halten. Vielleicht konnte das die ganze Welt nicht. Er lief in den Garten und in die Wildnis auf ihrer Rückseite. Zwischen den knospenden Bäumen und grünen Gräsern ließ er seiner Wut freien Lauf.
In ihm stürmte und tobte und heulte es. Irgendwann ließ es nach und wurde zu einem beständigen Regen. Und in diesem weniger verdunkelnden Niederschlag wurde ihm klar, dass es nicht nur schlichte Eifersucht war, die ihn rasend machte. Dieser spezielle Irrsinn hatte sich seit dem Tag aufgebaut, an dem Morgan dieses verdammte Patent gekauft hatte.
Der dunkle Regen forderte die Wahrheit. Er reinigte kompromisslos die Wirklichkeit. Seine Wut würde es ihm nicht gestatten, zu irgendetwas gute Miene zu machen.
Morgan war ein Narr gewesen, dieses Patent zu kaufen, ein Idiot. Er war kein Soldat, er hatte keine Erfahrung. Die Armee gab ihm auch keine Ausbildung, sondern vertraute ihm das Leben von Männern an, als ob ein Adelstitel nicht nur Besitz, sondern automatisch auch Kenntnisse in Kriegsführung bedeuten würde. Es war ein Segen, dass sich nicht mehr Adlige dazu entschlossen hatten, solch ein ehrenvolles, dramatisches Opfer zu bringen.
Wie viele waren wegen ihm gestorben? War das der wahre Grund für sein Interesse an dem Schießpulverskandal? Hatten seine eigenen Fehler Tode verursacht, die niemals gerächt werden würden, also wollte er nun, dass diese anderen Fehler stattdessen gerächt wurden?
Und jetzt liebte ihn Audrianna. In der Bibliothek war ihre Verbindung deutlich spürbar gewesen. Sie hatte weinend zu seinen Füßen gesessen und seinen Trost akzeptiert. Ganz von seiner Zuneigung abhängig. Sie war mit ihrer Traurigkeit zu ihrem teuren Freund gegangen, weil sie wusste, dass sie dort Mitleid und Wärme finden würde. Sie lachte und scherzte und weinte mit Morgan, während sie vor ihrem Ehemann immer noch einen Knicks machte.
Er konnte nicht glauben, was es mit ihm anrichtete, die beiden so zu sehen. Primitive Wut riss ihn in Stücke. Darauf folgten Schuldgefühle und verursachten ihm Übelkeit. Schuldgefühle darüber, dass er Morgan nicht einfach verdroschen hatte, als dieser zum ersten Mal von einem
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