Ein Sohn für den Scheich
Prinzen nicht zu gefährden, sah ich mich leider dazu gezwungen”, antwortete er entschuldigend.
“Der Himmel soll dich mit einer hässlichen und streitsüchtigen Ehefrau strafen, die dir das Leben zur Hölle macht”, erwiderte Leona verbittert. “Vielleicht vergeht dir dann die Lust, dich in das Leben anderer einzumischen.”
“Du solltest deine Wut lieber an mir auslassen”, riet Hassan ihr hämisch, der die Szene vom Sonnendeck aus interessiert verfolgt hatte. “Zumal dein Fluch ohnehin zu spät kommt. Rafiq hat vor Kurzem eine ebenso bezaubernde wie berühmte spanische Flamencotänzerin kennengelernt, mit der zusammenzuleben eher der Himmel auf Erden als die Hölle sein dürfte, nicht wahr, Rafiq?”
Anstatt etwas zu erwidern, berichtete er in wenigen Worten, dass sich in der Zwischenzeit sowohl Hassans Vater als auch Scheich Abdul über Funk gemeldet hätten und ihn dringend sprechen wollten.
“Die Staatsgeschäfte rufen”, erklärte Hassan betont gelangweilt. “Bitte sei so gut, und zeig Leona in der Zwischenzeit die Yacht”, trug er Rafiq auf, ehe er sich umwandte und aus ihrem Blickfeld verschwand.
Viele Stunden später kannte Leona nicht nur jeden Winkel der Yacht, sondern auch den Kapitän und einen Großteil der Crew.
Hassan hingegen hatte sie in all der Zeit nicht mehr zu Gesicht bekommen. Doch als sie den Hosenanzug schließlich gegen einen Bikini getauscht und es sich auf eine der Sonnenliegen an Deck bequem gemacht hatte, konnte sie sich lebhaft vorstellen, wie er mit seinen engsten Beratern zusammensaß und “Staatsgeschäfte” regelte, wie er sich ausgedrückt hatte.
Anders als er sie hatte glauben machen wollen, war das Regieren für ihn jedoch keine ungeliebte Pflichtübung, sondern eine Aufgabe, der er mit großem Verantwortungsgefühl und unermüdlichem Einsatz nachging.
Die Folge war, dass er darüber Zeit und Stunde ebenso vergessen konnte wie die Tatsache, dass er verheiratet war. Als ihre Ehe noch glücklich gewesen war, hatte Leona ihn nicht selten förmlich dazu zwingen müssen, sich mit ihr in die gemütliche Sitzgruppe vor dem Fenster seines Büros zu setzen und bei einer Tasse Tee anderes zu besprechen als Fragen, von denen Wohl und Wehe Rahmans abhingen.
Die beiden Sessel, in denen sie damals gesessen hatten, glichen jenen, die nun in seiner Kabine standen, aufs Haar, und an einen Zufall mochte Leona beim besten Willen nicht glauben.
Als Hassan alle Telefonate beendet hatte, war es ihm wieder einmal gelungen, zwischen den unterschiedlichen Interessen der Stammesfürsten einen Ausgleich zu finden und damit die Machtverhältnisse in Rahman zu stabilisieren. Nie zuvor jedoch hatte er einen derartig hohen Preis dafür bezahlen müssen, und der bittere Beigeschmack wollte sich selbst dann nicht legen, als er Leona sah, die im Bikini auf einer Sonnenliege lag und eingeschlafen war.
Der Anblick seiner fast zu schlanken, dennoch unendlich anziehenden und verführerischen Frau, die sich im Schlaf leicht rekelte, ließ ihn die Bestürzung über den Kompromiss, auf den er sich hatte einlassen müssen, in aller Deutlichkeit empfinden.
Um sie nicht zu wecken, widerstand er jedoch der Versuchung, sich zu ihr zu legen und sich an sie zu schmiegen, um ihr mit seinem Körper zu verstehen zu geben, wie sehr er die Zwänge der Politik verfluchte – dann jedenfalls, wenn sie auf die Liebe zweier Menschen so wenig Rücksicht nahm wie in diesem Fall.
Als hätte sie Hassans Nähe gespürt, öffnete Leona unvermittelt die Augen. “Ist etwas passiert?”, erkundigte sie sich besorgt, als sie die tiefen Sorgenfalten auf seiner Stirn sah.
“Das kann man wohl sagen”, bestätigte er bedrückt und musste all seinen Mut zusammennehmen, um Leona mit der Wahrheit zu konfrontieren – oder zumindest mit wesentlichen Teilen davon. “Du hast es ja bereits geahnt”, begann er zögerlich eine Erklärung, “und dein Instinkt hat dich nicht getrogen. Man verlangt tatsächlich von mir, dass ich eine andere Frau heirate.”
Leona war von einer Sekunde auf die andere hellwach. Um von der Nachricht überrascht zu sein, hatte sie zu lange in der Gewissheit gelebt, dass sich eines Tages selbst der künftige Scheich von Rahman den Traditionen und Gebräuchen seines Landes würde fügen müssen. Überraschend war einzig die Heftigkeit, mit der sie auf etwas reagierte, womit sie sich längst abgefunden zu haben glaubte.
“Hast du deinen Widerstand aufgegeben?”, fragte sie unter
Weitere Kostenlose Bücher