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Ein Sommer mit Danica

Ein Sommer mit Danica

Titel: Ein Sommer mit Danica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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geblieben?« seufzte der alte Robic, als sein Antrag überall wie eine heiße Kartoffel fallengelassen wurde. »Mit solch einer Moral hätten wir in den Befreiungsjahren nur gegen die Felsen schießen können. Die Menschen entwickeln sich zu Schläuchen, mit Pudding gefüllt. Sascha, was waren wir einmal für ein hartes Volk –« Nach fünf Tagen kam auch Corells Paß zurück … der Polizeichef von Piran, Duschan Dravic brachte ihn zu Robic ins Haus wie ein wertvolles Gemälde.
    »Mit einem Kurier geschickt«, sagte er stolz. »Ein Leutnant sogar!«
    »Sonst nichts?« fragte Petar böse.
    »Was sonst noch?«
    »Ein Brief. Eine Entschuldigung.«
    »Ein Beamter entschuldigt sich nie! Wozu auch? Irrtümer gibt es überall. Gäbe das ein Händeschütteln, wenn sich jeder entschuldigen müßte.«
    »Hier ist es eine politische Sache, Duschan!«
    Dravic rümpfte die Nase, legte Corells Paß auf den Tisch und ging vorsichtshalber zur Tür. Er tat gut daran, denn was er sagte, hatte mit Höflichkeit wenig zu tun. »Stimmt es, daß dein Schwiegersohn ein Säufer ist?«
    Robic zuckte zusammen und zog den Kopf zwischen die Schultern.
    »Das ist wie bei den Irrtümern der Beamten … so etwas kommt vor«, knurrte er.
    »Wir wissen jetzt alles über ihn, über diesen Dr. Corell. Ein langer Bericht ist aus Frankfurt eingetroffen.« Dravic räusperte sich. »Petar, wir sind Freunde, wir haben zusammen auf der Straße mit Kieseln gespielt, wir sind den gleichen Weiberröcken nachgelaufen … Petar … jag ihn weg, diesen versoffenen Arzt, steck ihm den Paß zu, schleif ihn zur Grenze, gib ihm einen Tritt in den Hintern – und hinüber mit ihm! Denk an Danica …«
    »Ich denke nur an sie, nur! Tag und Nacht! Ich schlafe kaum noch!«
    »Willst du sie mit einer Schnapsflasche verheiraten?«
    »Sie liebt ihn, Duschan.«
    »Er wird sie zugrunde richten. Himmel, was in diesem Bericht alles steht! Ich darf es nicht sagen. Amtsgeheimnis. Aber als dein bester Freund, Petar … hör auf mich. Jag ihn weg!«
    »Und Danica? Sie wird ihm nachlaufen.«
    »Dann bind sie fest, bis sie vernünftig wird.«
    »So alt werde ich nicht. Sie hat meinen Kopf.«
    »Du bist ein armer Mensch.« Duschan Dravic zog seinen Uniformrock gerade. Er tat das immer, wenn er etwas Wichtiges zu sagen hatte. »Man sollte überlegen, ob man ihn nicht abschieben kann. In Köper und Ljubljana grübeln sie schon intensiv darüber. Es fehlt nur eine handfeste Anklage. Hat er Danica nicht vergewaltigt?«
    »Nein, eher umgekehrt. Sie ist zu ihm gekrochen wie eine heiße Katze.«
    »Er hat sich mit Dobroz öffentlich geprügelt.«
    »Nein, ich habe Serge gegen das blöde Hirn geschlagen.«
    »Er hat gar nichts getan, was ihm den Hals brechen könnte?«
    »Nichts! Er ist der anständigste Lump, den ich kenne.« Robic sank auf einen Stuhl und fuhr sich mit beiden Händen durch die grauen, stoppeligen Haare. »Man könnte ihm auch gar nichts antun … er ist zu uns gekommen, um zu sterben.«
    »Das ist das Verrückteste, was ich je gehört habe.« Dravic lehnte sich an die Tür. »Warum will er sterben?«
    »Er hat das Leben einfach satt.«
    »Ihr Idioten … warum laßt ihr ihn dann nicht sterben?«
    »Wenn das so einfach wäre, Duschan.« Der alte Robic seufzte tief auf. »Danica steht immer dazwischen. Wo er auch hinspringt – er fällt immer auf Danica.«
    »Das ist ein echtes Problem.« Dravic hob die Schultern und ging hinaus in den kleinen Flur. »Versuch es anders. Stell ihm zu saufen hin, eine ganze Batterie Flaschen.«
    »Er säuft auch nicht mehr.«
    »Ein ganz schwerer Fall, Petar.« Dravic setzte seine Mütze auf. »Aber wir werden schon etwas finden. Wir werden unsere Hirne anstrengen.«
    »Ich bin verloren!« Der alte Robic schlug entsetzt die Hände zusammen. »Wie kann aus einer tauben Nuß ein Kern fallen?«
    Beleidigt verließ Duschan Dravic das Haus der Robic'.
    *
    Fünf Tage lang irrte Corell in Piran umher wie ein Blinder, immer gefolgt von Danica, die ihn nicht eine Minute allein ließ. Sie ahnte, daß jetzt die letzte, die größte, alles in ihm verwandelnde Krise ausgebrochen war, durch die er hindurch mußte, um innerlich gereinigt sein neues Leben mit ihr zu beginnen.
    Der alte Robic ging ihm aus dem Weg, aus Angst, man könne in seinen Augen lesen, was er dachte und wie er sich bemühte, dieses total verrückt gewordene Leben wieder in eine vernünftige Bahn zu bringen.
    »Seit fünfhundert Jahren gibt es die Robics –«, sagte er einmal zu Stana.

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