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Ein Sommer mit Danica

Ein Sommer mit Danica

Titel: Ein Sommer mit Danica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Erwartung dessen, was man in Köper mit ihnen anstellen würde. Corell und Danica hatten mehrmals versucht, den Irrtum zu erklären … sie waren niedergebrüllt worden, bis Corell resignierend sagte: »Sparen wir uns alles bis zum Verhör, Engelchen. Versuche, den Mann zu verstehen. Was macht ein Kerl in einem solchen Anzug in einem Luxushotel? Wie soll er das begreifen?«
    Der alte Robic kam um so mehr in Fahrt, je näher sie Köper kamen. Er drückte Stana, die ihn besänftigen wollte, zur Seite und übertönte mit seinem Gebrüll den knatternden Motor. Mit den Fäusten hieb er auf die Lehne des Fahrers vor sich, bis dieser sich umdrehte und schrie:
    »Zum Teufel, er soll aufhören! Wie kann ich geradeaus fahren, wenn man mich dauernd in den Rücken boxt? Aufhören! Genosse Hauptmann, ich garantiere für nichts mehr!«
    »Genosse?!« brüllte Robic zurück. »Alles Genossen hier, was? Und dann solch eine Behandlung? Hat das Irrenhaus Urlaub? Hier, mein Paß! Warum will keiner meinen Paß ansehen? Ich bin Petar Robic, zum hundertsten Male sage ich es! Robic aus Piran! Gruppenführer bei den Partisanen! Tito hat mich umarmt, an seine Brust gedrückt und mich geküßt! Viermal bin ich wegen Tapferkeit ausgezeichnet worden! Ich bin Mitglied der Partei! O ihr Idioten, man wird aus euren Holzköpfen die Würmer herausholen! In meinem ganzen Leben bin ich noch nicht verhaftet worden, nur einmal von den Deutschen, und da konnte ich flüchten, bevor sie mich aufhängten –«
    »Hier wirst du nicht flüchten«, sagte der Hauptmann ruhig. »Halt das Maul, sitz still … in Köper wird sich alles klären.«
    »In Köper wirst du vor Scham heulen wie ein Hund ohne Schwanz!« schrie Robic und hieb wieder dem Fahrer in den Rücken. Der Polizist grunzte laut, beugte sich über das Lenkrad und knirschte mit den Zähnen. Der Wagen raste die Bergstraße hinab, in der Ferne leuchtete das Meer, Sonnengold spiegelte auf dem blauen Wasser, ein paar spitze, weiße Segel glitten aus der Bucht von Köper und schwebten hinüber nach Ankaran. Ein langes, breites Frachtschiff schob sich träge in den Hafen, seine Ladebäume waren wie dünne Finger, die in die Sonne griffen.
    »Ich verlange sofort den Parteisekretär!« schrie Robic. »Ich verlange ein Telefongespräch zur Zentrale in Ljubljana …«
    »Wir werden Tito selbst an den Apparat holen«, sagte der Polizeioffizier mit kaltem Spott. »Wir stellen dir Rundfunk und Fernsehen zur Verfügung …«
    »Es ist doch zum Verzweifeln.« Robic sank in sich zusammen. »Solange leere Hirnschalen mit Uniformen behängt werden, kann die Welt nicht in Ordnung kommen.«
    Die Milizkommandantur von Köper unterschied sich in nichts von anderen Polizeistationen. Behörden haben einen eigenen Geruch an sich, auch ihre Einrichtung ähnelt sich geradezu brüderlich, und wer oft mit Beamten zu tun hat, fühlt sich sofort überall zu Hause, ganz gleich, wo er eine Behördenstube betritt.
    Mit großen Schritten ging der Hauptmann hinter seinen Schreibtisch, die Türen klappten zu, Robic zog laut die Luft durch die Nase und blickte hinauf zu dem Foto Titos, das hinter dem Offizier an der sonst kahlen Wand hing.
    »Wenn er wüßte, wieviel Blödsinn in seinem Land gemacht wird …«, sagte er dann.
    »Ruhe!« brüllte der Hauptmann. »Hinsetzen. Alle. Nur Sie bleiben stehen!« Er zeigte auf Dr. Corell. »Vortreten!« Er winkte dem Protokollführer, der an einem Nebentisch saß und mit seinem Bleistift spielte. Dann starrte er Danica an, die sich neben Corell gestellt hatte und den Kopf vorstreckte wie eine angreifende Katze.
    »Hinsetzen –«, sagte der Hauptmann gefährlich leise. »Von jetzt an ist jedes Wort amtlich und wird ins Protokoll genommen.«
    »Endlich!« schrie Robic aus dem Hintergrund. Er streckte die stämmigen Beine vor und faltete die Hände über dem Bauch. Stana stieß ihn an, aber er grunzte nur, rückte von ihr weg und holte wieder tief Luft. »Schreib es ins Protokoll, mein Junge –«, bellte er den verwirrten Polizisten an, der hinter einem großen Schreibblock saß. »Der Hauptmann ist ein Idiot.«
    Es war offensichtlich, daß man in diesem Stil nicht weiterkam. Der Offizier betrachtete Robic mit schief geneigtem Kopf und überlegte, ob er ihn abführen und arretieren lassen sollte, aber als sein Blick wieder zurück zu Danica glitt, ahnte er, daß es leichter sein würde, einen Bienenschwarm zu militärisch exakten Flügen zu dressieren, als diese Menschen zum Schweigen zu

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