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Ein Sommer und ein Tag

Ein Sommer und ein Tag

Titel: Ein Sommer und ein Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allison Winn Scotch
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anfangen, über uns zu schreiben», meinte er. «Wenn du so weitermachst, halten die dich noch für eins von den Models, die ich normalerweise mit nach Hause nehme.» Weil ich wusste, dass dies seine Art war, Komplimente zu machen, errötete ich, nahm seine Hand und bestieg unseren Wagen.
    «Aber ich liebe Hunde. Wirklich», antwortet er, rückt sich die dunkelblaue Krawatte zurecht und legt eine CD ein. «Also … es gibt Neuigkeiten. Ich habe mich an etwas aus dem Flugzeug erinnert.»
    «Wieder ein Albtraum?» Ich lege ihm die Hand aufs Knie.
    «Nein, ganz im Gegenteil.» Er lächelt. «Weißt du noch, als ich dir erzählte, ich könnte mich nicht daran erinnern, was du geantwortet hast, als wir uns über unsere Lieblingsbands unterhielten? Um uns abzulenken?»
    Ich nicke. Wir haben uns über die Bands unterhalten, die wir früher hörten, um uns inmitten des Horrors auf andere Gedanken zu bringen.
    «Plötzlich ist es mir wieder eingefallen. Gestern Nacht, als ich nicht schlafen konnte. Also, ich weiß wieder, was du auf dem Flug gehört hast, ehe ich dich angesprochen habe.»
    Er verstummt, und wir lauschen beide schweigend der Musik.
    «Carly Simon», stelle ich lächelnd fest. Der Song ist auf meiner Playlist. Ich lehne mich zurück und atme die Musik ein. Carlys Stimme bringt etwas in mir zum Schwingen, macht die Dinge lockerer, macht mich lockerer.
    «Musik für deine Stimmung, Musik für einen Neuanfang. Das hast du im Flugzeug zu mir gesagt.» Anderson schenkt sich einen Jack Daniel’s aus der Minibar ein, und ich sitze da, völlig in die Musik vertieft.
    «Also das kam ja ziemlich unerwartet, heute», sagt er nach einem tiefen Schluck. Ich brauche einen Augenblick, um zu mir zu kommen, mich von der Musik zu lösen.
    Schließlich frage ich: «Was kam unerwartet? Dass meine Mutter immer noch einen tiefen Groll gegen meinen Vater hegt oder dass sie es anscheinend all die Jahre gut verstanden hat, ihn zu verbergen, anstatt den Bedürfnissen ihrer Töchter den Vorrang zu geben?»
    Um ehrlich zu sein, habe ich hinterher sofort versucht, Peter anzurufen, um die Sache mit ihm noch mal durchzukauen und so vielleicht irgendeinen Sinn dahinter zu erkennen, und als ich lediglich die Mailbox ansprang, habe ich sofort versucht, einen Notfalltermin bei Liv zu ergattern, aber sie hat sich bis jetzt nicht zurückgemeldet. Deshalb weiß ich natürlich nur zu gut, was er meint, denn es ist eine große Erleichterung, endlich einen Ansprechpartner zu haben – egal, ob dieser nun mein Mann, meine Therapeutin oder der Typ ist, dem ich vielleicht das Leben gerettet habe und der mir dabei hilft, meines zu retten.
    «So habe ich das aber nicht verstanden», widerspricht er und schenkt mir auch ein Glas ein.
    Ich schüttle ablehnend den Kopf.
    «Hier, trink», fordert er mich auf. «Vertrau mir. Du wirst es brauchen. Diese Veranstaltungen sind alles andere als amüsant, auch wenn alle immer so tun, als ob sie es wären.»
    Ich zögere, doch bestärkt durch die Musik, durch die Kraft, die sie mir verleiht, tue ich es schließlich – beides: Ich akzeptiere den Drink, und ich vertraue ihm. Schon der erste Schluck wärmt mich von innen und nimmt der Härte der Wut in mir die scharfen Kanten.
    «Ich hatte eher den Eindruck, sie hat versucht, dich zu beschützen, so wie eine Löwenmutter oder welches Bild auch immer dazu passt», fährt Anderson fort. «Sie wollte nicht, dass er zurückkommt und noch mehr kaputt macht. Vielleicht hat sie in Wirklichkeit doch euren Bedürfnissen den Vorrang gegeben.»
    Bei einem weiteren Schluck denke ich darüber nach. Ich weiß, dass ich mitfühlender sein sollte. Das haben mir die letzten Monate deutlich gezeigt. Das Leben ist zu kurz für Verbitterung und Groll. Aber ich kann nicht. Ich komme einfach nicht an diesen Punkt, fabelhaftes Ich hin oder her. Meine Mutter ist eine Mutter, die mich glauben machen will, sie würde meine Bedürfnisse an die erste Stelle stellen, und sich gleichzeitig ohne Rücksicht selbst in den Vordergrund drängelt.
    «Weißt du, sie ist der Grund, weshalb ich Peter überhaupt noch mal eine Chance gegeben habe.»
    Es fühlt sich komisch an, das laut auszusprechen, ein stimmhaftes Eingeständnis zu geben, dass ich von allein wohl nicht auf die Idee gekommen wäre, mich noch einmal auf einen Mann einzulassen, der mir, als ich damals in Iowa zum ersten Mal die Augen aufschlug, viel zu riesig für mich vorkam. Dass ich, hätte ich auf meinen Instinkt gehört, genau das

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