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Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks

Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks

Titel: Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Mundson
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anzugeben. Seine Reaktion kann mir kein anderer Mensch ersetzen. Diese blinde Bewunderung, dieses vorbehaltlose Lob. Diese Vorurteilsfreiheit. Und seinen Rat. Gerade jetzt würde ich ihn so gern um Rat fragen.
    Doch mehr als alles andere wünsche ich mir, von ihm zu hören, dass ich liebenswert bin. Natürlich bin ich das. Männer mittleren Alters machen harte Zeiten durch. Vor allem, wenn es Ärger im Beruf gibt. Stimmt’s, Dad?

    Anmerkung: Wenn Sie gerade versuchen, nur für den Augenblick zu leben, und darauf vertrauen, dass Ihr Glück ganz allein in Ihrer Verantwortung liegt … und Sie mit der praktischen Umsetzung dieser Philosophie noch ziemlich am Anfang stehen, dann sollten Sie vielleicht nicht den Großteil ihrer Herkunftsfamilie zu sich einladen. Für ganze zwei Wochen. Das gilt vor allem dann, wenn Ihre Krise noch nicht ausgestanden ist.

    Es war nicht ihr Fehler. Sie wussten ja nicht, worauf sie sich da einließen. Wir hatten unser Eheleid noch keinem von ihnen geklagt. Wie ich schon sagte, wollten wir nicht, dass sie sich Sorgen machten. Und außerdem sah es ja so aus, als würden sich die Dinge langsam wieder zum Besseren wenden. Mein Mann schaute mir wieder in die Augen. Er kam zum Abendessen. Guckte, dank seiner neuen Satellitenschüssel, reichlich Sport.

    Es schien, als würden wir es hinbekommen.
    Aber nein.
    Ich entgleiste. Konnte meine Mitte nicht finden. Zerfiel in eine Million Teile. Das geschah weitgehend unbemerkt, doch dann hatte ich eine schlimme Nacht, als ich beschloss, mich an einer Flasche Wodka festzuhalten.
    Ich glaube, es hatte damit zu tun, dass ich jetzt Zuschauer in meinem Leben hatte. Das hat es wohl ausgelöst. Es war den ganzen Sommer über eine Solonummer gewesen – ich auf meinem Seil und in Deckung mit meinen Kindern.
    Und plötzlich gab es Zuschauer.
    Sie waren wie das Publikum zu einem Stück, das man geschrieben hat und in dem man die Hauptrolle spielt, ohne es eigentlich zu wollen. Es ist der Premierenabend. Vor ausverkauftem Haus. Und man erkennt jede einzelne Person im Publikum. Darunter auch einige ausgewiesene Kritiker. Und dann hast du deinen Text vergessen. Oder wann du dein Kostüm wechseln musst. Und die männliche Hauptrolle wird nur von der zweiten Besetzung gespielt.
    Die gute Nachricht lautet: Wenigstens erinnert man sich hinterher selbst nicht mehr an das Stück. Aber offenbar war man auf der Bühne. Und die Kritiker haben die ganze Produktion verrissen, insbesondere deine Darstellung, die rührselig und unangebracht war – sozusagen das Schlimmste, was man sich an Fehltritten vor der eigenen Familie leisten kann.
    Denken Sie an dieser Stelle an Ihren eigenen peinlichsten Auftritt. Wenigstens habe ich mich nicht ausgezogen. Und wenigstens habe ich mich auf niemand übergeben. Wenigstens habe ich mir nichts gebrochen, als ich im Wohnzimmer voll aufs Gesicht knallte. Das Ganze habe ich übrigens meinem Kumpel Smirnoff zu verdanken – Sheilas russischem Lieblingsonkel.

    Aber das Stück ist nicht zu Ende, bevor der Vorhang fällt. Und so gab es die Zugabe am nächsten Tag beim Raften in einer Stromschnelle der Kategorie III auf dem Mittleren Arm des Flathead River.
    Meine Mutter verkündet, dass wir zum River Rafting gehen. Das ist ihr Geburtstagsgeschenk für mich. Ihre Art, einen Bezug zu meinem Leben in der Wildnis herzustellen.
    Ich versuche, Dankbarkeit zu zeigen. Das ist ja so lieb gemeint. Was bin ich für ein Glückskind. Meine Mutter schenkt mir einen Rafting-Trip zum Geburtstag! Ich tue so, als hätte ich mir das schon mein Leben lang sehnlicher gewünscht als alles andere – diese Unternehmung, die nur Touristen machen. Strikt angeleitet von einer Veranstaltungsagentur. Während selbst ihre Schuhe nach Rasierwasser riechen. Aber Kumpel und Bier haben sie nicht dabei.
    Ich wische die Fantasie beiseite, auf meinem Pferd von ihnen allen weg in die Wälder zu galoppieren. Allein. Ich wische meine Träume von Sushi beiseite. Von einem Spa. In Ojai. Das ich mir irgendwie wieder leisten kann. Nein. Ich bin hocherfreut, mit Achtzigjährigen und kleinen Kindern zum Rafting zu gehen. Na los. Ich bin doch kein Spielverderber. Ich bin ein Montana-Mädel!
    Außerdem ist es natürlich eine Gelegenheit, allen zu zeigen, dass ich trotz meiner Wodka-bedingten Vorstellung in Wirklichkeit eine sehr geerdete, in sich ruhende, unbeirrbare Frau bin, die den ganzen Sommer über schon ein verdammter Fels war. Oder besser: ein herzförmiger Stein. Wenn ich das mal von

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