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Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks

Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks

Titel: Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Mundson
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seine Heimat engagiert. Und erst recht, nachdem man sich über Monate hinweg praktisch vollkommen ausgeliefert gefühlt hat. Ich erzähle Ihnen das, weil ich möchte, dass auch Sie darüber nachdenken, wie es ist, Macht zu empfinden.
Etwas mit Leidenschaft und Talent zustande zu bringen. Und zwar unabhängig davon, ob die Menschen, die eigentlich Sie am meisten lieben sollten, gerade dabei sind, Ihr Herz erst in Scheiben und dann in kleine Würfel zu schneiden. Ich glaube, wenn wir uns so benehmen, als hätten wir Einfluss, dann wird man uns auch so behandeln. Zumindest ist es mir so ergangen. Offenbar erinnerte es meinen Mann daran, warum er mich liebt. Zumindest teilweise. Zumindest für den Augenblick. Und ganz ohne Piedestal.
    Denn …
    Ich fand am Morgen der Anhörung eine Nachricht, eine handschriftliche Botschaft von ihm auf dem Küchentisch. Da stand: »Zeig’s Ihnen, Mama! Wir sind stolz auf dich!« Denken Sie an die Nachricht, die Erin Brockovich bekam. Und sie schaffte es bis zur Oscarverleihung. Ich möchte dagegen ja nur unsere kleine Familie, meine Ehe und meine Gemeinschaft bewahren.
    Zur Feier des Tages verbrachte ich einen Gutteil des Morgens in der heißen Badewanne. Ich fühlte mich unglaublich wach. Wie an dem ersten Tag nach meiner Rückkehr aus Italien, allerdings freundlich und ohne »Ich bin mir nicht sicher, ob ich dich noch liebe«. Endlich konnte ich meine Zeit der Gnade genießen. Und selbst Licht und Liebe ausstrahlen. An jeden. Selbst an die, die mich verletzt haben. Ich fühlte mich absolut bemerkenswert.
    Es war, als würde ich meine Italien-Offenbarung noch einmal erleben. Es ist alles da. Das war es schon immer.
    Und lassen Sie mich berichten, was dann geschah.

    Ich aale mich also mit meinem Becher grünem Jasmintee in der Badewanne, da gehen die Glastüren auf, und er kommt herein. Er hat ein Handtuch um die Hüften geschlungen, und
dann ist er auf einmal auch in der Badewanne. In den letzten paar Jahren ging er prinzipiell nie mit mir gemeinsam in die Badewanne, und jetzt weiß ich, warum, auch wenn ich es instinktiv schon die ganze Zeit über wusste: ER DENKT, ICH WÜRDE ANFANGEN ZU REDEN. Er denkt, ich würde heikle Themen anschneiden. Ich würde versuchen, ihm meinen Grundsatz anzudienen, nämlich das Leben stets frontal und mit leidenschaftlicher Offenheit anzugehen – selbst wenn das zum Schaden meiner eigenen Gesundheit und meines Glücks geschieht. Aber das passiert mir nicht mehr!
    Also sagte ich nichts.
    Ich habe gerade geholfen, ein Wolfsrudel zu retten. Ich muss gar nicht reden. Ich nippe an meinem Tee, lächle ihn an und lehne meinen Kopf zurück auf den Rand der Wanne. Ich genieße die Sonne auf mir und die Tatsache, dass ich ein cooles Mädchen bin, das nicht reden muss.
    Und jetzt raten Sie mal! Exakt. Stimmt. Er beginnt zu reden …
    Er klingt leise und verletzlich.
    »Weißt du«, sagt er, »als ich bei meiner Schwester war … die gerade um ihr Leben kämpft – da habe ich einfach …« Er hält inne und setzt noch einmal an. »Da habe ich begriffen, worauf es ankommt. Nicht auf den Job. Sondern auf die Menschen, die dir nahestehen.«
    Er hält kurz inne, und ich bin mucksmäuschenstill.
    »Es war toll, dass ich mich diesen Sommer nicht mehr mit einem aussichtslosen Job plagen musste. Ich sehe jetzt, wie sehr der mich zugrunde gerichtet hat. Und ich sehe jetzt, dass ich nicht den Rest meines Lebens damit verbringen kann, meinen Job zu hassen. In aller Herrgottsfrühe aufzuwachen, um etwas zu tun, das ich hasse.«

    Oh, das klingt gut , denke ich. Er sieht es ein. Und dabei hat er nicht einmal eine Therapie gemacht!
    Er fährt fort: »Ich musste einfach diese harte Zeit durchstehen. Das ist, als würde mir schlagartig bewusst, dass ich mich in der Mitte meines Lebens befinde. Genau darum dreht es sich. Ich bin ein 42-Jähriger, der sich in den Körper eines 20-Jährigen wünscht, was aber nicht funktioniert. Und dann gibt es so … so viele … Botschaften, die von allen Seiten auf mich einprasseln. Man muss jung und fit und erfolgreich und wohlhabend sein. Das hat mir zu schaffen gemacht.«
    Stimmt. Das nennt man Midlife-Crisis, mein Lieber. Oder eine Midlife-Chance, wie es inzwischen auch bezeichnet wird. Aber ich schweige. Und sonne mich. Meine Augen sind geschlossen.
    Er spricht weiter: »Und all die anderen Sachen, die ich am Anfang des Sommers zu dir gesagt habe … nach Italien … Ich wollte alles hinwerfen. Alles loswerden, was mich bedrückt hat. Ich

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