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Ein Spiel, das die Götter sich leisten

Ein Spiel, das die Götter sich leisten

Titel: Ein Spiel, das die Götter sich leisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selim Özdogan
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das Drei– bis Vierfache wieder los.
    Ich hatte immer Glück. Eine Zeitlang nannten sie mich Mesut, die Legende. Alle glaubten, ich würde die Bullen schmieren. Du konntest Tag und Nacht bei mir anklingeln, ich hatte immer was da, nie mußte ich jemanden verabschieden, der mit leeren Händen ging. Damals habe ich keinen Alkohol getrunken. Ich bot jedem Tee an, plauderte mit ihm, gab ihm das Gefühl, einen guten Preis ausgehandelt zu haben. Selbst wenn mich jemand wegen popeliger zwei Gramm aus dem Bett holte, war ich nicht verärgert. Es war ein guter Job. Ich habe mich nie geschämt dafür, ich fand es aber auch nicht notwendig oder sogar subversiv, was ich da machte. Die Legalisierungsfanatiker und Ersatzreligionsraucher waren mir immer sehr suspekt.
    – Hast du auch andere Sachen verkauft?
    – Nein. Ich habe alles genommen, was ich kriegen konnte, aber ich wollte nicht damit handeln, das schien mir mit einer zu großen Verantwortung verbunden zu sein.
    – Ich verstehe nicht, wie man sich so etwas trauen kann.
    – Drogen zu nehmen? Ich verstehe nie, wie man das nicht machen kann. Ich war immer neugierig, ich wollte alles erleben, was irgendwie möglich ist. Ich wollte den Rausch, es war eine Möglichkeit, sich frei zu fühlen, vollkommen frei. Und es gab mir die Gelegenheit, die Welt aus einer anderen Perspektive zu sehen. Als ich das erste Mal LSD genommen hatte, kam mir die Sprache plötzlich so klein und unzulänglich vor. Ich wollte eine neue, dreidimensionale Sprache erfinden, mit der man alles erfassen kann.
    – Hattest du auf LSD auch Sex?
    – Ja, das ist … Es hat nichts mehr mit Geschlechtsorganen zu tun, du verlierst dich in einer Welt aus Farben, Mustern und Glück. Du hörst auf zu existieren. Es hat mich verwirrt und abgelenkt, wenn ich dabei zu lange die Augen auf hatte. Du willst nicht sehen, wie sich das Gesicht der Frau verändert, die Färbung ihrer Brüste, die aufs Bett zu fließen scheinen, als wären sie aus zähem Honig und wollten sich davonmachen. Du willst nicht sehen, wie sich alles im Zimmer dreht und Blasen wirft, atmet. Es ist zuviel. Aber mit geschlossenen Augen, am besten wenn die erste sturmhafte Phase vorbei ist, ist es einfach wunderschön.
    – Das ist es doch sowieso schon.
    Ich lächelte, sie hatte natürlich recht. Irgendwo war der Punkt, ab dem man alles hinter sich ließ, und wenn man den erreicht hatte, war es sowieso egal.
    Der Türsteher, den sie jetzt hatten, sah aus wie eine Bulldogge, die man mit Steroiden gefüttert und dann in einen Anzug gesteckt hat. Oriana lächelte ihn an, sagte ein paar Worte, und er winkte uns mißmutig rein.
    – Was hast du zu ihm gesagt?
    – Daß ich heute abend hier anfange und daß du mein Bruder bist, der auf mich aufpassen soll.
    – Und was hast du ihm gesagt?
    – Keine Ahnung. Paula meinte, wenn ich diese Worte wiederhole, kommen wir umsonst rein. Vielleicht heißt es: Sesam öffne dich. Oder: Wir sind die beiden Gäste. Oder: Ich blas dir einen, wenn du uns reinläßt.
    Oriana trug ein schwarzes Kleid und ihre hochhackigen Schuhe, ich hatte eine lange graue Hose an und ein bordeauxfarbenes Hemd. Der Laden lag außerhalb der Stadt, solche Vergnügen waren meist teuer, also hatten wir uns für diese Variante entschieden.
    Drinnen gab es eine Bar, an der dickbäuchige Urlauber lehnten, Bermudashorts, Hawaiihemden, Jeans, T-Shirts mit der Aufschrift: Instant asshole – just add alcohol und Tell me now, before I spent 20$ on drinks. Fehlte nur: Ich bin kein Mann für eine Nacht – soviel Zeit habe ich nicht.
    An den Tischen saßen auch ein paar Männer, hielten sich an Gläsern fest und rauchten und lachten. An einer Wand war eine hüfthohe Bühne mit einem riesigen Spiegel dahinter und zwei Stangen am vorderen Rand, die bis zur Decke reichten. Oriana war außer der Barfrau im Moment das einzige weibliche Wesen im Raum, und die Männer sahen sie an, als würden sie sich fragen, ob das die Nymphomanin war, von der sie seit Jahren träumten, oder ob ich sie gezwungen hatte mitzugehen. Wir setzten uns an einen freien Tisch.
    Als wir bei der Barfrau, die dünne Zigaretten mit Spitze rauchte und die ich auf Anfang Fünfzig schätzte, Bier bestellten, kam ein weiteres Paar zur Tür rein. Beide in den Dreißigern, sie ein wenig unscheinbar und mager, in einem knappen Kleid, er schlank mit einem beginnenden Bierbauch, in Lederhosen und Netzhemd. Er zwinkerte mir zu, als unsere Blicke sich trafen.
    Ich sah weg, unser Bier kam, ich

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