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Ein Spiel, das die Götter sich leisten

Ein Spiel, das die Götter sich leisten

Titel: Ein Spiel, das die Götter sich leisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selim Özdogan
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sauer.
    Wir bezahlten das Zimmer. Mit dem Kleingeld, das übrigblieb, konnten wir uns gerade mal eine Flasche Wasser leisten, und die war nur noch halbvoll, als wir endlich an der Straße standen und den Daumen rausstreckten. Oriana sagte wenig, aber ich hatte nicht den Eindruck, daß sie eingeschnappt war, sie schien einfach nur Angst zu haben.
    Sehr bald hielt ein Kleinwagen, am Steuer saß eine zierliche Frau mit dünnen schwarzen Haaren. Ich hätte ihr Alter nicht schätzen können, sie war eine von denen, die jahrzehntelang wie ein junges Mädchen wirken, sie hatte einen kleinen Kopf mit fast schon kindlichen Zügen, eine knabenhafte Figur.
    Ihr blaues Kleid war mit Seesternen und Muscheln bedruckt und wirkte auf eine vertrackte Art elegant und teuer. Sie hieß Lenka, war Isländerin, konnte gut Deutsch, machte hier Urlaub, das Auto war ein Mietwagen, sie hatte sich im Landesinneren umsehen wollen, und es hatte ihr sehr gut gefallen. Nächstes Mal würde sie gar nicht an die Küste fahren.
    – Sie haben sehr schöne Wälder hier und wundervolle stille Orte, sagte sie, es ist wie Musik hören, wenn man da sitzt.
    – Wie Musik hören? fragte ich.
    – Wenn ich Musik höre, will ich auch, daß es ganz still wird in mir.
    Sie lachte, als könne man das auch als Scherz verstehen.
    Oriana fragte Lenka nicht nach ihrem Beruf, und ich vermied dieses Thema sowieso, es war meistens nur eine Art, Geld zu verdienen, und nicht wirklich eine Art zu leben. Wenn mich Menschen interessierten, wollte ich wissen, wie sie lebten, wovon sie träumten, wonach sie sich sehnten, was ihnen weh tat, wo sie Glück gefunden hatten und wie sie es schafften, ihr Lächeln zu behalten, falls sie denn eins hatten.
    Doch das Gespräch führte von selbst dorthin, und Lenka erwähnte, daß sie Lehrerin an einer Grundschule und Elfenbeauftragte des Bauministeriums war. Sie warf ihren Kopf zurück und lachte wieder herzlich.
    – Und was macht man so als Elfenbeauftragte des Bauministeriums? fragte ich.
    – Wenn irgendwo eine Straße gebaut werden soll oder man ein Gebäude errichten will, werde ich gefragt, ob dort Elfen wohnen.
    – Und wenn ja, dann wird nicht gebaut?
    – Nein, ich gebe ihnen Ratschläge, entscheiden tun sie. Wenn sie meine Vorschläge mißachten, dann passieren manchmal merkwürdige Dinge.
    Ich wußte nicht so recht, ob diese Frau uns zum besten hielt, aber Oriana fragte ernsthaft:
    – Was für Dinge?
    – Die Hühner auf dem angrenzenden Hof legen weniger Eier. Sie sind traurig, weil die Elfen weg sind.
    Oriana drehte ihren Kopf zu mir nach hinten und schob die Unterlippe vor. Lenka lachte wieder und sagte:
    – Es ist die Wahrheit. Die meisten Menschen glauben nicht an so etwas, aber ich weiß, daß es Elfen gibt. Ihr könnt mich gerne für verrückt halten.
    – Du kannst also Elfen sehen? fragte ich.
    – Nein, entgegnete Lenka, nicht direkt, ich kann ihre Aura sehen, erspüren, aber nicht sie selbst.
    – Gibt es hier auch Elfen? wollte Oriana wissen.
    – Ja, sagte Lenka, etwas außerhalb der Stadt fließt so ein kleiner Fluß durch den Wald, dort gibt es viele Elfen.
    Wieder sah sich Oriana zu mir um, und wir lächelten uns an. Voyeure, dachte ich für einen Moment, aber ich wollte nicht mit einem Wort alles kaputtmachen.
    – Sie wohnen am liebsten in der freien Natur, weit weg von den Menschen, nicht wahr? sagte Oriana. Sie wohnen nicht in Städten, sie brauchen viel Platz.
    Lenka nickte und lächelte verträumt.
    – Und was passiert mit ihnen, wenn sie vertrieben werden? Suchen sie sich neue Plätze, ziehen sie um? Oder sterben sie?
    – Ich weiß es nicht, sagte Lenka, ich habe sie nur einmal gesehen. Als ich noch ein kleines Mädchen war, haben sie mich mal mitgenommen. Da war die ganze Vergangenheit und die ganze Zukunft, es war alles schon passiert und vereinigt, ich habe ein riesiges Uhrwerk gesehen, das tickt, mit sich drehenden Sphären darin, die Erde, die Sterne, das ganze Universum, Weinen und Lachen, Glück und Schmerz, es war alles schon da. Dann bin ich aufgewacht, und seitdem kann ich sie spüren, aber ich war nie wieder dort.
    – Aufgewacht? fragte Oriana.
    – Es war kein richtiger Traum, ich habe nicht geschlafen, ich habe die Augen zugemacht und habe alles gesehen, aber es war echt.
    Das hörte sich für mich an, als habe ihr jemand die heiligen Pilze gegeben, als sie noch klein war. Es war eine fremde Welt, die man da betrat, aber man konnte kaum anders, als daran zu glauben, daß sie wirklich

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