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Ein Spiel, das die Götter sich leisten

Ein Spiel, das die Götter sich leisten

Titel: Ein Spiel, das die Götter sich leisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selim Özdogan
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sehr vertraut vor. Es war, als könne ich sie mit mehr Abstand betrachten, weil sie in einer Sprache redete, die ich nicht verstand, bei der ich noch nicht einmal ahnte, wo die Worte anfingen und wo sie aufhörten.
    Sie hielt inne, krauste die Nase, als würde etwas jucken und sie gleich zum Niesen bringen. Es verging, und ihr Gesicht entspannte sich wieder, und genau in dem Moment wurde mir klar, daß sie glücklich war. Sie war nicht gut gelaunt, albern, fröhlich, heiter, zufrieden oder dergleichen, es hatte auch nichts damit zu tun, daß sie mit Andrea und Anna Spaß hatte. Es war kein Moment, der bald wieder vergehen würde, nicht ein Höhepunkt, der verebben würde, nein, sie war glücklich, sie sah aus, als sei sie von einem gleißenden Licht durchdrungen. Den Rest der Fahrt wiederholte ich immer wieder im Geiste: Oriana ist glücklich. Sie ist glücklich. Oriana ist glücklich. Es war, als sei ich draußen im Meer und müßte nie mehr zurück.
     
    Am späten Nachmittag waren wir bei der 24-Stunden-Zimmervermittlung und fragten nach einer billigen Unterkunft. Ich lehnte auf der Theke und drehte mich um, damit ich Oriana sehen konnte. Sie leuchtete von innen, da gab es keinen Zweifel. Ich wußte nicht, ob das erst seit heute so war oder ob ich es vorher einfach nicht sehen konnte.
    Wir nahmen ein billiges Zimmer im fünften Stock eines häßlichen Betonklotzes, ein Doppelbett, Klo und Dusche über den Flur, aber dafür war es direkt an der Haltestelle des Flughafenbusses gelegen, wir konnten morgen früh aufwachen und entspannt unsere Sachen runtertragen.
    – Laß uns in das Restaurant gehen, wo wir am zweiten Abend waren, sagte Oriana.
    – Wo wir die Meeresfrüchteplatte gegessen haben?
    – Ja, da, wo Oktay als Koch gearbeitet hat.
    – Ich würde es nicht wiederfinden.
    – Aber ich.
    Uns an den Händen haltend, traten wir auf die Straße. Oriana hatte ihr weißes Kleid an und keinen BH darunter, man konnte die großen Kreise um ihre Nippel erahnen. Ich trug ein rotes kurzärmliges Hemd und weite graue Hosen. Bevor wir das Zimmer verlassen hatten, hatte ich das Geld nochmals gezählt, es reichte für ein üppiges Essen, für den Bus, einen Snack am Flughafen, und es würde vielleicht sogar etwas übrigbleiben. Ich ließ Orianas Hand nicht los, bis wir uns auf der Terrasse des Lokals an einen Tisch setzten.
    Es war voll, doch wir mußten nicht lange warten, schon bald stand der Kellner, der uns letztesmal bedient hatte, neben uns, und noch bevor er uns die Karten reichte, fragte er:
    – Und, haben Sie ihn gefunden?
    – Nein, leider nicht, sagte Oriana.
    – Schade, sagte der Kellner, ich habe es Ihnen gewünscht. Ich hätte ihn selber gerne wiedergesehen. Ein verrückter Mann. Wissen Sie schon, was Sie trinken möchten?
    – Weißwein, sagte Oriana, und dazu die Meeresfrüchteplatte für zwei Personen. Der Kellner verbeugte sich und ging mit den Karten in der Hand.
    – Ich hätte ihn auch gerne kennengelernt, sagte Oriana.
    – Es stand nicht geschrieben im Buch des Lebens. Vielleicht ein andermal. Inşallah. So Gott will.
    Ich hatte mich fast damit abgefunden. Der Kellner brachte den Wein, schenkte uns ein, als wir anstießen, sagte Oriana:
    – Auf unsere Gesundheit.
    – Auf unsere Gesundheit.
    Nachdem wir die Gläser abgestellt hatten, legte sie ihre Hände auf den Tisch.
    – Mesut, es war sehr schön mit dir.
    Ich nahm ihre Hände und beugte mich über den Tisch, um sie zu küssen. Was würde morgen sein? Es war vielleicht ein Wurm in der Rose, wie in diesem Gedicht von Blake, aber er war nur dort, weil er die karminfarbene Freude liebte, er hatte keine bösen Absichten.
    Viele der Bilder, die ich auf Drogen gesehen hatte, hatte ich vergessen, sie waren kaum festzuhalten, wie die Bilder aus Träumen. Es schien im Gedächtnis keinen richtigen Platz dafür zu geben, sie wanderten etwas ziellos umher, tauchten mal da und mal dort auf, meistens unerwartet und fast nie bereit, seßhaft zu werden. Doch einige Eindrücke blieben für immer hängen.
    Ich gehe einen Waldweg lang, es ist warm, doch die Sonne dringt kaum durch die dichten Baumkronen. Es ist friedlich, und das Ende des Weges verliert sich im Dunkel. Etwa zehn Schritte vor mir geht eine nackte Frau, die sich nie umdreht. Wir gehen durch die Jahrhunderte, ich weiß, daß wir ständig in der Zeit reisen, obwohl der Wald sich nicht verändert. Die Frau ist eine Göttin. Das fiel mir wieder ein, als unser Essen kam.
    Es war dunkel, als wir das

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