Ein Spiel um Macht und Liebe
Ihrer Mutter.«
Er lächelte. »Stimmt, aber ich wurde durch Erziehung nach den Maßstäben britischer Moral verdorben.«
Sie nagte an ihrer Unterlippe, was in ihm den Wunsch erzeugte, dasselbe zu tun. Der Gedanke war so anziehend, daß er ihre nächsten Worte fast nicht mitbekommen hätte. »Fahren wir bald wieder nach Hause? London war sehr schön, aber in Penreith gibt es noch soviel zu tun.«
»Versuchen Sie, mich aus der Schußlinie zu ziehen?«
»Ja«, gab sie zu. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß Lord Michael über den Ausgang des gestrigen Duells besonders entzückt ist.«
»Nein, aber er wird mich nicht hinterrücks erschießen«, sagte Nicholas ermutigend.
»Außerdem werde ich mich auf keinen Fall mehr dazu überreden lassen, irgendeinen Kampf auszutragen.«
Clare sah nicht überzeugt aus. »Hoffentlich haben Sie recht, aber ich würde trotzdem gerne bald nach Wales zurückkehren. Ich habe soviel von London gesehen, wie ich momentan verarbeiten kann.«
»Die meisten geschäftlichen Dinge sollten sich in den nächsten Tagen erledigen lassen«, sagte er.
»Dann können wir uns auf den Weg machen.«
»Fein.« Nun sah sie glücklicher aus und schlüpfte aus dem Bett. »Es wird Zeit, daß ich in mein eigenes Zimmer zurückhusche. Es ist noch früh genug, daß vermutlich keiner von den Dienern entdecken wird, wo ich die Nacht verbracht habe.«
»Macht es denn etwas aus, was sie denken?«
Sie lächelte ein wenig bitter, als sie ihren Samtmantel überstreifte. »Wohl nicht, aber da ich nicht so aufgewachsen bin wie Sie, besitze ich leider nicht Ihre grandiose Gleichgültigkeit der Meinung anderer Leute gegenüber.«
Als sie die Hand auf den Türknauf legte, überkam ihn dasselbe vernichtende Gefühl wie am Abend zuvor, als sie Anstalten gemacht hatte, in ihr Zimmer zu gehen. Es war zwar nicht mehr so ausgeprägt, aber dennoch unmißverständlich. Er mußte sie aufhalten, auch wenn er einen kompletten Narren aus sich machte. »Ich glaube, ich hätte gerne meinen Kuß.«
Sie drehte sich um. »Wollen Sie ihn nicht lieber für später aufheben?«
»Sie können gerne mehr haben, wenn Sie wollen.« Mit zwei Schritten war er bei ihr und zog sie in die Arme. Zwar stockte ihr der Atem, als sie seine Erektion spürte, aber sie sträubte sich nicht.
Voller Wonne nagte er bedächtig an der Unterlippe, die ihm kurz zuvor so anziehend erschienen war. Sie öffnete den Mund, und ihr rauher Atem strich zart über seine Wange. Als seine Zunge in heiße, feuchte Tiefen eindrang, hieß ihre ihn willkommen, stieß gegen seine und zog sich blitzschnell zurück, wie um ihn zu locken.
Der Kuß dauerte an, nahm ihren Atem und beschleunigte ihren Puls. Dumpf wurde ihm bewußt, daß er sie gegen die Tür drückte, und daß ihre Lenden sich gegeneinander rieben. Ihr Hausmantel und ihr Nachthemd ließen sich leicht hinaufschieben, und seine Hand umschloß ihre nackten Hinterbacken und drückte sie fester an seine Erektion. »Ach, Clare«, flüsterte er heiser,
»du bist so wunderbar. So begehrenswert.«
Warum hatte er auch sprechen müssen? Sie öffnete die Augen. »Wir… wir sollten aufhören.«
Er war an einem Punkt angekommen, an dem er fast ihre Abmachung vergessen hätte. »Gestern hat es keinen offiziellen Kuß gegeben. Kann ich den jetzt nachholen?« Ohne auf eine Antwort zu warten, drückte er seine Lippen auf ihre Kehle.
Sie keuchte auf, brachte jedoch noch ein »Nein!«
hervor. »Gestern ist vorbei. Sie können nicht rückwirkend Küsse geltend machen. Im übrigen gab es ja jede Menge inoffizielle.«
Ein archaischer, sehr männlicher Trieb in ihm hinderte ihn daran, schon aufzuhören. Er massierte ihren Po und knetete genüßlich die glatte feste Rundung. »Kann ich dann den für morgen haben?«
Sie stieß ein Kichern aus, das sich fast hysterisch anhörte. »Wenn ich zählen sollte, wie weit Sie schon im voraus geküßt haben, dann würde ich irgendwo im Jahr 1830 landen. Genug jetzt, Nicholas.«
Genug. Er stieß rasselnd die Luft aus. Nimm die Hände weg, auch wenn es nur wieder Leere erzeugt. Laß ihr Nachthemd über die schöngeformten Schenkel fallen. Stemm deine Hände gegen die Tür und stoß dich ab, weg von ihr. Schau woanders hin, nicht auf ihre vollen Lippen und ihre Augen, die von Leidenschaft verschleiert sind.
Benimm dich anständig. Anständig.
Und jetzt öffne die Tür, damit sie gehen kann, bevor es verdammt noch mal zu spät dazu ist.
Aber eines mußte er ihr noch sagen. »Clare.«
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