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Ein Spion in erlauchter Gesellschaft (German Edition)

Ein Spion in erlauchter Gesellschaft (German Edition)

Titel: Ein Spion in erlauchter Gesellschaft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Noble
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Stimme verriet nichts, aber natürlich war ihr klar, dass er sich Sorgen machte, denn je länger er draußen in der Halle stand, desto größer war die Wahrscheinlichkeit, dass er von irgendjemandem gesehen wurde. In der Hand hielt er eine kurze Kerze, die aber in der Dunkelheit der Halle so hell strahlte wie ein Leuchtturmfeuer.
    »Nein, dürfen Sie nicht«, erwiderte sie, und als er sie fragend anschaute, fuhr sie fort: »Totty ist auf dem Sofa eingeschlafen.«
    »Ich muss mit Ihnen sprechen. Könnten wir uns … äh … ein anderes Zimmer suchen?«, fragte Marcus. Über seine Wangen huschte eine zarte Röte, die in der Dunkelheit allerdings kaum erkennbar war.
    »Ich sagte doch schon einmal, dass Totty auch auf einem Schlachtfeld schlafen könnte – aber für den Fall des Falles sollten wir in ihr Zimmer gehen. Es ist gleich nebenan.« Phillippa schlüpfte auf den Korridor, griff nach Marcus’ Hand und zog ihn rasch mit sich zum nächsten Zimmer.
    In der Kammer war es dunkel. Sie tastete nach einer Kerze, damit Marcus sie an seiner anzünden konnte, und fand eine auf der Anrichte. Als sie ihm den Halter reichte, schloss er seine Hand um ihre und hielt sie fest, während er sich nach vorn beugte und den Docht aufflammen ließ.
    Durfte man ihr einen Vorwurf daraus machen, dass sie noch einen Schritt näher zu ihm trat?
    Aber kaum hatte der Kerzenschein die Kammer aus ihrer völligen Dunkelheit befreit, verflüchtigte sich dieser Augenblick.
    Marcus stellte den Kerzenhalter auf einen kleinen Tisch vor dem Kamin, in dem das Feuer fast heruntergebrannt war. Phillippa fiel wieder ein, dass sie müde und verärgert und schlecht frisiert und zudem – schließlich war es mitten in der Nacht – auch nicht unbedingt zu ihrem Vorteil gekleidet war.
    »So sollten Sie Ihr Haar immer tragen«, bemerkte Marcus, der verschmitzt grinste, als er an dem langen Zopf zupfte, der ihr über den Rücken hing.
    »Sie sollten wissen, dass ich bereits geschlafen habe.« Phillippa schlug seine Hand fort.
    »Nein, haben Sie nicht«, entgegnete er, »ich hatte geklopft, und keine drei Sekunden später haben Sie die Tür geöffnet. Waren Sie noch auf, weil Sie auf mich gewartet haben?«
    »Nein«, antwortete sie kühl.
    »Waren Sie noch auf, weil Sie auf jemand anders gewartet haben?« Fragend zog er die Brauen hoch.
    Schweigen senkte sich über das Zimmer. Phillippas Kehle war trocken, und ihr Blick schoss zu seinem. »N… natürlich nicht«, brachte sie mühsam hervor. »Glauben Sie ernsthaft, ich wäre so angezogen, wenn ich jemanden erwartet hätte?«
    Phillippa drehte sich in ihrem schlichten weißen Batistnachthemd, an dem Rüschen und Krausen und überhaupt alles fehlte, was weiblich und verführerisch war, einmal um sich selbst. Das Hemd war hochgeschlossen und ganz gerade geschnitten. Ihr Morgenmantel war tiefgrün und ebenso schmucklos. Niemand konnte behaupten, dass sie mit ihrer Kleidung Eindruck schinden wollte.
    Aber aus irgendeinem merkwürdigen Grund starrte Marcus sie an.
    Was ihr Unbehagen bereitete. Als ob er durch ihre Kleidung hindurchblickte und …
    »Marcus«, sie riss ihn aus seiner Träumerei, »es ist mitten in der Nacht. Was wollen Sie?«
    Die Frage hing in der Luft, schwebte zwischen ihnen, und für eine winzige Sekunde begegneten sich ihre Blicke. Und in diesem Moment war sie nicht müde und verärgert, sondern wurde wie mit unsichtbaren Fäden zu ihm hingezogen. Hitze hüllte sie ein, erfüllte sie; und sie konnte diese Hitze sogar in seinen Augen erkennen.
    Aber nur für eine Sekunde.
    »Ich will Sie … « Seine Stimme klang seltsam erstickt, sodass er sich räusperte und noch einmal anfing. »Ich will Sie bitten, sich an die Übung im Park zu erinnern.«
    Sie spürte noch immer diese Anspannung, die ihre Haut, ihr Rückgrat, ihre Fingerspitzen ergriffen hatte. Natürlich nicht, dachte sie ernüchtert, natürlich ist er nicht hergekommen, um mich … nicht deswegen . Er war schließlich Marcus Worth. Abgesehen von jenem einen Vorfall, für den er mit einer Ohrfeige bestraft worden war, hatte er keinerlei Interesse an ihr bekundet – ihn interessierten nur ihre Verbindungen in die Gesellschaft und, so seltsam es auch klingen mochte, ihr Verstand.
    Zwischen Marcus’ mangelndem Interesse und Broughton, der nicht auftauchte, war ihr Ego einer gewaltigen Erschütterung ausgesetzt. So ungefähr musste es sich anfühlen, wenn man nicht hübsch war. Wie unangenehm.
    »Ach, Sie meinen die Gedächtnisübung?«,

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