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Ein Spion in erlauchter Gesellschaft (German Edition)

Ein Spion in erlauchter Gesellschaft (German Edition)

Titel: Ein Spion in erlauchter Gesellschaft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Noble
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Marcus an und warf dem schnaubenden Lord Whitford einen bezwingenden Blick zu, »die Kruste und die Servierplatte sind ja noch hier. Können Sie irgendetwas entdecken, was Ihre Theorie stützt?«
    Marcel nutzte die Gelegenheit, seine Unschuld und seine Überlegenheit zu beweisen, indem er die Überbleibsel der Pastete untersuchte. Die roten Scherben der schweren Servierplatte auf dem Fußboden des Speisesaals interessierten ihn nicht; er ging weiter zum Teigmantel. Hob ein großes Stück auf, untersuchte es aus der Nähe, prüfte das Gewicht in der Hand, bevor er es gegen das Licht der Kerze hielt. Dann schnipste er mit den Fingern.
    »Schicken Sie mir Mademoiselle Quinn!«
    Der Lakai an der Tür verbeugte sich und eilte in die Küche. Kurz darauf kehrte er mit einer rothaarigen Frau zurück, die vielleicht zwanzig Jahre alt sein mochte; sie trug eine teigverschmierte Schürze, was von ihrer Aufgabe als Pastetenchefin zeugte.
    Marcel ging direkt zu ihr und reichte ihr das Teigstück.
    »Mademoiselle Quinn, was ist das?«
    »Das ist … ein Stück vom Teig der Pastete, Chef.«
    »Sind Sie sich ganz sicher?«, fragte er knapp und in autoritärem Tonfall. »Sehen Sie genau hin.«
    Sie gehorchte. Starrte das Stück an, hielt es ins Licht einer Kerze. Dann sprach plötzlich das nackte Entsetzen aus ihrer Miene. »Das ist nicht mein Teig!«, schrie sie auf, »wer hat das getan?«
    Marcus ging zu ihr, den ängstlich-neugierigen Lord Whitford und den Konstabler im Schlepptau. »Woran erkennen Sie das?«, fragte er.
    »Das hier ist ein geschichteter Teig, der wieder und wieder aufgeschlagen und gefaltet worden ist, damit er pufft und aufgeht, wenn er backt«, antwortete Miss Quinn. Ihre dünnen, flinken Hände bewegten sich rasch hin und her, während sie sprach. »Dieser Teig hat nur acht Lagen. Meiner hat aber immer sechzehn.«
    »Immer?«, hakte Marcus nach.
    »Sie wagen es, die Worte meiner Pastetenchefin anzuzweifeln?«, empörte sich Marcel, dessen Nase sich wieder am rechten Platz befand, nämlich hoch oben in der Luft. »Niemand in meiner Küche rührt einen Teig mit weniger als sechzehn Lagen an! Niemand!«
    »Lord Whitford, genügt Ihnen das? Jemand muss die Pasteten vertauscht haben.«
    Lord Whitfords Brauen schossen hoch. »Aber … aber wie? Und warum?«
    »Zwei sehr wichtige Fragen. Aber ich denke, eine kann ich beantworten«, sagte Marcus und zog Lord Whitford beiseite.
    »Lord Whitford«, begann er leise, »haben Sie Ihr Anwesen schon durchsuchen lassen?«
    »Durchsuchen?«
    »Es ist möglich, dass es bei dieser Störung vor allem um eins ging … um die Störung an sich.« Marcus zögerte noch eine winzige Sekunde, bevor er berichtete, dass die Pistolen aus der Galerie verschwunden waren.
    Wie der Blitz raste Lord Whitford davon, was Marcus und Marcel zwang, sich ihm an die Fersen zu heften. Er polterte mit solchem Aufruhr durch die Korridore, dass alle Diener, an denen er vorbeilief, sich in die wachsende Schar hinter ihm einreihten.
    Lord Whitford erreichte seine Waffengalerie und blieb vor dem Kasten stehen, von dem Marcus wusste, dass er leer war. Whitford hingegen reagierte fassungslos. Nachdem er erst blass, dann purpurrot geworden war, und nachdem er seinen Zorn hinuntergeschluckt und sein Gesicht wieder eine normale Farbe angenommen hatte, wandte Lord Whitford sich mit der Autorität des Hausherrn an die versammelte Dienerschaft und befahl die Durchsuchung eines jeden Winkels seines Anwesens.
    Mit einem raschen Blick auf Marcus marschierte er Richtung Treppe. Marcus folgte und ließ den Konstabler, der noch immer wie berauscht Notizen machte, zurück, damit der sich um die verschiedenen Serviettenringe und Blumentöpfe kümmerte, die laut Dienerschaft fehlten.
    Lord Whitford führte Marcus ins Herrenzimmer, das sich im ersten Stockwerk befand und offenbar sein ganz privates Reich war. Denn es war vollkommen maskulin eingerichtet, und überall lagen geöffnete Bücher und Zeitungen verstreut. Es hätte auch sein können, dass es durchwühlt worden war; Lord Whitford schien allerdings nicht besorgt über das Durcheinander. Seine Sorge galt vielmehr dem Gemälde an der Wand, einer Landschaft in klebrig romantischen Farbtönen und das einzige Bild im Zimmer.
    »Und was fehlte im Tresor?«, wollte Phillippa wissen.
    »Wie bitte?« Ihre Frage riss Marcus aus seiner Geschichte und brachte ihn wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Ohne es selbst zu merken, musste er in Schweigen verfallen sein, denn

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