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Ein Staatsgeheimnis Am Rhein

Titel: Ein Staatsgeheimnis Am Rhein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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Worum geht’s also?«
    »Ein Toter auf der ›Schääl Sick‹ bei der Jugendverkehrsschule in Beuel.«
    Freiberg winkte ab. »Du nervst mich aber wirklich. Schon mal was von Zuständigkeiten gehört? Unfälle sind Sache unserer uniformierten Brüder.«
    »Stimmt! – Nur hier nicht.«
    »O nein, Lupus, bitte! Die Kinder fahren auf dem Übungsgelände mit Tretautos oder Scooter über Miniaturstraßen – und das noch unter Aufsicht.«
    »Sehr richtig. Und da dort keine Panzerwagen mit scharfen Waffen eingesetzt werden, muß wohl der Schuß ins Herz auf andere Weise erfolgt sein.«
    »Wie bitte?«
    »Die Beueler haben schon das ganze Präsidium hochgescheucht. Nur weiß unser CEBI-Computer nicht, was er ohne uns vom 1. K. mit der Leiche anfangen soll.«
    »Witzbold, nun los! Die sechs W’s: Wer? Was? Wann? Wo? Womit? Warum? Wir haben das doch gelernt. Mach deinen Kommissar mal schlau.« Freiberg drehte seinen Papierhelm quer und trat auf eine tiefere Leitersprosse. Es sah aus, als wolle der kleine Blechtrommler Oskar Matzerath herabsteigen. Nur der kurzgetrimmte Junglehrerbart paßte nicht ganz ins Bild.
    »Chef – « begann Kriminalhauptmeister Müller, der von seiner Mama selig meist Wölfchen, von Freund und Feind aber nur Lupus gerufen wurde.
    »Du nervst mich mit deinem ›Chef‹ mehr als die Polizei erlaubt«, fuhr Freiberg ihn an. »Ich führe seit meiner Geburt einen christlichen Namen.«
    »Zu Befehl, Chef Walter. Oder hättest du lieber den ›Waldi‹ deiner studentischen Hilfskraft?«
    Freiberg drohte mit dem tropfenden Quast, und Lupus wurde sachlich. »Meldung von Uni 15/14. Kinder in Begleitung ihrer Mütter haben vor einer Stunde einen toten Mann auf der Bank am Verkehrsübungsgelände im Beueler Rheinauenpark gefunden. Schuß in die Brust. Fundort abgesperrt. Bisher keine Zeugen, kein Täter, keine Waffe, kein Motiv. Der Notarzt ist draußen. Unsere Spurensicherung trabt an. Die Beueler warten auf uns!«
    Freiberg stellte den Farbeimer ab und hängte den Papierhelm über die Leiter. »Tja, dann! Ich wasche mich kurz und ziehe mich um.«
    Das Fagottkonzert blieb unvollendet, der Deckenanstrich auch.
    »Unser Wagen steht draußen«, erklärte Lupus. »Ich klemme mich schon mal hinters Steuer und gebe unserem CEBI den Status ein. Dann merkt unser oberster Dienstherr endlich, daß wir im Einsatz sind.«
    Ohne CEBI lief im Bonner Polizeipräsidium nichts. Alle fünf Schutzbereiche waren durch Bildschirmterminals mit der Einsatzleitstelle verbunden. Jedes Fahrzeug hing an einem Funkstrahl, und der datenfressende Computer saß wie die Spinne im Netz. Elf Einsatzleittische, fünfunddreißig Tonbandmaschinen, Notrufabfragen und Videoübertragungsanlagen waren mit dem Einsatzleitrechner zu einer gigantischen Polizeimaschine verknüpft. Über das Funkinformationssystem stand jede polizeiliche Auskunft in Sekunden zur Verfügung, ebenso die Fahndungsdaten aus dem INPOL-System und bestimmte Eintragungen aus dem Verkehrszentralregister in Flensburg.
    Lupus mißtraute dem technischen Wunderding. Aus reinem Selbsterhaltungstrieb hatte er die Computer-unterstützte Einsatzleitung, Bearbeitung und Information, kurz CEBI, schlicht »unseren elektronischen Blödmann« getauft. Wenn er über eine Auskunft aus dem elektronischen Gehirn besonders sauer war, stellte er genüßlich fest: »Der Kerl ist auch nicht schlauer als wir.« Doch Kriminalhauptmeister Müller kannte seine Pflicht. Sein Zeigefinger suchte den Statusgeber am Armaturenbrett von Uni 81/12. Er drückte »Status 3«. Damit wußte CEBI, daß die Mordkommission im Einsatz war.
    Hauptkommissar Freiberg, der Chef dieses Unternehmens zur Wahrung der Menschenwürde, stieg zu. Lupus ließ den Motor hochdrehen. Am Bundeskanzlerplatz, vor dem Palais Schaumburg, hatte sich der Verkehr verknotet. Adenauers Bronzekopf lächelte über die dahinhastenden Menschen. Der Alte schien sich über jeden Vogel, der seine Stirn traf, und jedes Hündchen, das an seinem Sockel das Bein hob, zu freuen. Dabei war die Lage noch nie so ernst: Freiberg pulte weiße Farbe von seinen Fingern.
    Lupus war nach Motzen zumute: »Was haben die Machtwechsler sich damals eigentlich dabei gedacht, dieses Ungetüm von neuem Kanzleramt den Blicken der Menschheit auszusetzen? O Chef, wie schön könnte Bonn sein, wenn es solche Gebäude und unsere Leichen nicht gäbe. Und wie grenzenlos wäre unsere Liebe zu den Politikern.«
    »Du verstehst das nicht«, sagte Freiberg. »Dieses Bauwerk gebar der

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