Ein Stern fiel vom Himmel
jedesmal längere Reisen mit den drei Raupenwagen. Unablässig wuchs dabei das Beobachtungsmaterial, und in stetiger Arbeit wurden neue physikalische Theorien ausgebaut und erhärtet.
Hagemann, das altbewährte Faktotum, gehörte natürlich zu der motorisierten Station, und Rudi besorgte dort den Funkdienst Trotzdem brauchte Lorenzen kein Einsiedlerleben zu fuhren, denn der neue Etat sah für die feste Station noch einen Maschinisten und einen Koch vor, so daß es dort wenigstens für ein gemütliches Kartenspiel langte, wenn die Kraftfahrzeuge unterwegs waren.
Die Raupenwagen bewährten sich in einer Weise, die über jedes Lob erhaben war. Mochte draußen der Schneesturm brausen, mochten Nebel und wirbelnder Eisstaub jede Sicht versperren, stets bot das Innere dieser Fahrzeuge einen gut durchwärmten Zufluchtsort.
Öfter als einmal holte sich Schmidt nach dem Abendessen einen Band aus dem Bücherschrank und las mit sichtlichem Behagen darin. Es war eine Beschreibung der antarktischen Expedition von Scott aus dem Jahre 1903. Unter unsäglichen Strapazen hatten die Forschungsreisenden sich damals ihren Weg durch die Eiswüste suchen müssen, hatten selbst ihren Schlitten über das Eis schleifen müssen, nachdem die letzten Hunde geschlachtet und verzehrt waren. Ein Teil der Mitglieder war unterwegs vor Erschöpfung gestorben. Am Ende ihrer Kräfte, erreichte die wenigen überlebenden schließlich die Küste, mehr Gespenstern als Menschen ähnlich, als sie das rettende Schiff betraten …
Ein wohliges Gruseln lief dem langen Doktor über den Rücken, während er die Schilderung las, und unwillkürlich rückte er dabei noch näher an den elektrischen Ofen heran.
Ein wohlbekanntes Geräusch riß ihn aus seiner Lektüre, das trommelnde Donnern eines Stratosphärenschiffes. Nicht neben dem Wohnwagen ließ sich ›St 11‹ auf den Schnee nieder. Unerwarteten Besuch brachte das Flugschiff. Außer Berkoff und Hein Eggerth kamen Ministerialdirektor Reute und Professor Eggerth.
Wille und Schmidt verließen ihren Wagen, um zu dem Schiff hinüberzugehen. Nach den eintönigen Wochen in ihren Fahrzeugen bedeutete der Aufenthalt in dem großen Salon von ›St 11‹ für sie eine angenehme Abwechslung. Nach kurzer Begrüßung war bald ein allgemeines Gespräch im Gang, an dem sich nur der hagere Schmidt nicht beteiligte.
»Das lange Gerippe hat mal wieder was auf dem Herzen«, flüsterte Hein Eggerth Berkoff zu. »Ich will ihm Gelegenheit geben, sein Gemüt zu erleichtern.«
Mit vergnügtem Gesicht zog er sich einen Stuhl zu Schmidt heran und begann sich intensiv nach dem Befinden des verehrten Herrn Ministerialrats zu erkundigen. Das war die Zündschnur an die Bombe, und prompt explodierte Schmidt.
»Sie haben mein letztes Radiogramm unbeantwortet gelassen, Herr Eggerth«, schoß es zwischen den schmalen Lippen hervor.
»Welches Radiogramm, Herr Ministerialrat? Ich wüßte nicht …«
»Meine Anfrage in Sachen Bolton und Garrison. Wie kommen die beiden Herren, die von Ihnen bei Neapel abgesetzt wurden, als Schiffbrüchige mitten in die Südsee? Die Frage interessiert mich außerordentlich, Herr Eggerth.«
»Mich nicht, Herr Geheimrat. Ich falle auf solche Zeitungsenten nicht mehr ‘rein. Mich interessiert das hier viel mehr.«
Während der letzten Worte zog er eine Zeitung aus der Tasche und hielt Dr. Schmidt eine rot angestrichene Notiz hin. Der las sie, dann ließ er das Blatt sinken, während Zweifel und Staunen sich in seinen Zügen malten.
»Ja, verehrter Herr Ministerialrat, die Herren Bolton und Garrison sind rührige Leutchen. Mal trifft man sie in der Antarktis, mal wird ihr Vorhandensein mitten aus der Südsee und danach aus Amerika gemeldet, und jetzt sind sie auf dem Wege zum Mac-Murdo-Sund, wahrscheinlich schon im Ross-Meer, dicht bei der Küste …«
»Undenkbar! Unglaublich!« preßte Dr. Schmidt durch die Zähne.
»Leider nur zu glaubhaft«, fuhr Hein Eggerth fort. »Die Angelegenheit war uns wichtig genug, um genaue Erkundigungen einzuholen. Die neue Expedition Captain Andrews dürfte in spätestens acht Tagen im Mac-Murdo-Sund an Land gehen, und es besteht eine ziemliche Wahrscheinlichkeit, daß die Herren Bolton und Garrison Ihnen, Herr Ministerialrat, in nächster Zeit wieder ins Gehege kommen.«
»Aber das ist ja abscheulich«, war alles, was Schmidt schließlich herausbrachte.
Hein Eggerth stand auf. »Machen Sie sich keine Sorgen, Herr Ministerialrat. Wir sind über die Absichten der Herren
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