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Ein Stern fliegt vorbei

Ein Stern fliegt vorbei

Titel: Ein Stern fliegt vorbei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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erzählen, allerdings unter einer Bedingung.“
    „Schon akzeptiert.“
    „Abwarten und Tee trinken. Es sind nämlich in Wirklichkeit drei Bedingungen. Erstens mußt du deinem Chefredakteur ein Telegramm schicken, daß er den Nachwuchs fördern soll. Zweitens mußt du Nadja Iwanowna Shelesnowa um deine Anstellung als Pressechef bitten, was ich inzwischen für dich erledigt habe. Und drittens mußt du vielleicht ein halbes Jahr lang das Wichtigste für dich behalten und nur das Unwichtige publizieren. Na, wie schmeckt dir das?“
    Lutz holte tief Luft. „Wenn mir das wer anders gesagt hätte, würde ich ihn zum Duell auf große Meteoriten fordern.“ Er wurde nachdenklich. „Und was rätst du mir?“
    „Ja sagen.“
    „Kann ich mit Vater darüber sprechen?“
    „Gut. Ruf ihn an, und nach dem Versuch höre ich deine Antwort. Übrigens“, fügte er schmunzelnd hinzu, „Doktor Tullier, die du auf dem Mond spazierengeführt hast, gehört auch mit zur Mannschaft.“
    Als Lutz die Tür hinter sich geschlossen hatte, fragte Nadja: „So lang läuft das also?“
    „Ja, ich habe den Eindruck, so lang läuft das“, sagte Duncan lächelnd. „Aber jetzt“ – er deutete auf die Wanduhr – „läuft die Serie an.“
    Auf dem Bildschirm unter der Uhr wurde ein größerer Raum sichtbar, in dem die Mitarbeiter Duncans an ihren Arbeitstischen saßen und mit komplizierten Apparaturen hantierten. „Sonst bin ich selbst unten, aber heute…“
    „Meinetwegen?“ fragte Nadja.
     



„Das auch“, erklärte Duncan und fügte hinzu, mit einer Stimme und einem Gesichtsausdruck, aus denen niemand beim besten Willen etwas anderes als tiefe Seelenruhe hätte herauslesen können: „Ich bin heute zu aufgeregt.“
    Wie er sich verändert hat, dachte Nadja – und sie ertappte sich dabei, daß sie Zärtlichkeit in diesen Gedanken legte. Dann beobachtete sie neben ihm stumm den Arbeitsrhythmus der Wissenschaftler. Immer wieder nahmen sie eine der kleinen Platten auf, die an einem Fließband an ihnen vorbeiwanderten, spannten sie in eine Halterung, drückten Tasten, beobachteten Skalen, spannten wieder aus und griffen zur nächsten.
    „Sklavenarbeit“, kommentierte Duncan. „Aber was hilft’s. Für den Anfang muß es eben so gehen.“
    „Du hast da vorhin von einem gräßlichen Schwur gesprochen“, sagte Nadja, ohne den Blick vom Bildschirm zu wenden.
    „Von einem häßlichen Schwur“, korrigierte er, ebenfalls ohne sie anzusehen. „Ich hatte damals geschworen, nie wieder einen Gedanken an meine Hypothesen und Projekte zu verschwenden. Natürlich habe ich den Schwur nicht gehalten, aber er hat mich gehalten, die ersten Jahre, als ich verzweifelt war.“
    „Warum bist du damals weggegangen?“
    „Ich weiß nicht“, antwortete er. Eine Pause trat ein. Dann fuhr er fort: „Jedenfalls nicht, weil zufällig du derjenige sein mußtest, der mir das Genick brach – wenn du das vielleicht angenommen haben solltest.“
    „Und warum?“ forschte sie unerbittlich.
    „Du hättest mich nicht ertragen. Und ich dich nicht. Deine Gradlinigkeit und Unerschütterlichkeit hätte mich zur Raserei gebracht, und meine Raserei hätte dich unglücklich gemacht. Es war schon besser so. Und später – später führte kein Weg mehr zurück. Da hab ich mich geschämt. Aber das verging auch.“
    Schuld? Es gibt keine Schuld, dachte Nadja. Es gibt nur Konflikte, und Menschen, die manchmal zu ungeschickt sind, sie zu lösen.
    Plötzlich faßte Duncan ihren Arm. „Da! Komm! Komm mit!“ rief er. Nadja brauchte einen Augenblick, um zu begreifen. Dann sprang auch sie auf.
    Als sie ins Labor kamen, standen alle um das Gerät in der Mitte herum. Sie bildeten sofort eine Gasse. Duncan trat an das Gerät, blickte durch ein Okular, drehte an ein paar Stellschrauben. Dann sah er auf, rief „Heureka!“, umarmte Me I-ren, die gerade neben ihm stand, und gab ihr einen Kuß.
    Obwohl Nadja genau sah, daß das ein Freudenausbruch war und an sich bedeutungslos, gab es ihr einen Stich. Immer noch? wunderte sie sich und dachte: Was geht’s mich an? – und: Was will ich denn eigentlich?
    Aber sie kam nicht dazu, länger darüber nachzudenken, denn Lutz Gemba war plötzlich neben ihr und sprach sie an: „Darf ich’s Ihnen gleich sagen – ich nehme an.“
    „Ich freue mich“, sagte sie mit Nachdruck.
    Als Duncan mit Nadja und Lutz wieder die Rolltreppe hinauffuhr, erklärte er lebhaft: „Der Kristall Nr. 8 526 h 3 ist gespalten, die Zahl vergeß ich

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