Ein Stern fliegt vorbei
und der brachte zuwege, was Loto seinen Worten nicht zugetraut hatte. Die hohe Kunst, auf dem Mond zu tanzen, eigentlich mehr zu schweben, zu gleiten, fesselte die Tänzer und lenkte auch die Gespräche der Nichttanzenden in angenehmere Bahnen.
Yvonne merkte schnell, daß zwischen ihrer Freundin Ljuba und dem ungeschickten Miguel nicht nur kollegiale Beziehungen bestanden. Übrigens war es keine Kunst, das zu sehen. Denn während Loto absichtlich an seinem Gegenüber vorbeisah, hatte Miguel das nicht nötig. Seine Augen beschäftigten sich nur mit dem Gesicht, den Händen und der Gestalt Ljubas.
Yvonne übertrug ihre Sympathie für die munter plappernde Freundin sofort auf Miguel, und sie stellte sich die Aufgabe, die unsichtbare Wand niederzureißen, die zwischen Loto und Miguel stand. Sie ergriff auch die erste passende Gelegenheit dazu und bediente sich ungehemmt der Floskeln, die in solchen Fällen gewöhnlich gebraucht werden. Sie sagte, daß die Arbeit ja nun von Erfolg gekrönt sei, daß man es der Harmonie der Gesellschaft schuldig sei, noch vorhandene Spannungen auszugleichen, damit die seelischen Speicher für Besseres frei würden, und wandte sich spöttisch blinzelnd an Loto: „Du hast mir heute eine Geschichte erzählt von einem Krach vor langer, langer Zeit – habe ich die Moral nun richtig verstanden?“ Und zu Miguel sagte sie: „Lieber Freund, wenn Sie sich in Ljubas Herzen eine Wohnung einrichten wollen, dann werden wir Nachbarn – stellen Sie sich also gut mit mir und befolgen Sie meinen Rat, mit Ihrem Opfer hier anzustoßen.“
Unter dem Zuspruch der anderen brachte man schließlich die beiden dazu, sich zu versöhnen. Miguel hatte erst etwas gezögert, und er war nun – überflüssigerweise – bemüht, dieses Zögern zu erklären: „Wissen Sie, so was fällt mir immer schwer. So schnell auf die entgegengesetzte Richtung umzuschalten, das geht bei mir nicht, das dauert seine Zeit…“
Er unterbrach sich, weil Yvonne ihn merkwürdig starr ansah.
„Halt mal“, sagte sie langsam und gedehnt, und dann, aufgeregt: „Sagen Sie das schnell noch mal, was Sie da eben gesagt haben, aber wörtlich, wie eben!“ Sie faßte Loto am Arm. „Hör zu!“
Verständnislos, aber doch begreifend, daß es wichtig sein mußte, wiederholte Miguel: „So schnell auf die entgegengesetzte Richtung umschalten, das – das geht bei mir nicht, das dauert seine Zeit.“
Fragend blickte er die anderen an. „Was ist denn damit, ist das so sensationell?“
Yvonne, den Blick auf Lotos Gesicht gerichtet, winkte ungeduldig ab, Miguel schwieg. Alle blickten nun Loto an, und sie sahen, wie zuerst die Augen zu strahlen begannen, dann schien seine Nase ganz spitz zu werden, dann öffneten sich die Lippen ein wenig, und die Mundwinkel hoben sich zu einem verblüfften Grinsen. „Donnerwetter“, sagte er schließlich, fast tonlos.
„Na?“ fragte Yvonne.
„Die Pumpen!“
Und nun begann ein rascher Wortwechsel zwischen Yvonne und Loto, der im Grunde nur aus einem Hin und Her von einzelnen Fachausdrücken bestand und der damit endete, daß Loto feststellte: „Da haben wir uns nicht mit Ruhm bekleckert.“
Ljuba war dem Gespräch mit wachsender Ungeduld gefolgt. Jetzt platzte sie heraus: „Dürfen wir gewöhnlichen Sterblichen nun auch mal erfahren, welches Pulver da eben erfunden wurde?“
„Ja, natürlich“, sagte Loto. „Unser Freund hat uns – oder nein, hat Yvonne darauf gebracht, warum unser Sendestrahl vorhin gependelt hat. Die Lösung ist so einfach, daß man sich schämen muß, nicht darauf gekommen zu sein.“ Er schüttelte lachend den Kopf. „Die Lösung ist so einfach“, wiederholte er, „daß sie fast schon genial ist.“
„Da ist nicht viel Geniales dabei“, wehrte Yvonne ab. „Modelle und Analogien sind nun mal mein Arbeitsgebiet. Und Ihre Seele, lieber Freund“, wandte sie sich an Miguel, „hatte in diesem Fall das zweifelhafte Vergnügen, für die Ungezogenheiten unseres Senders als Modell zu dienen. Entsinnen Sie sich, was Sie gesagt haben? Mit dem Umschalten auf die entgegengesetzte Richtung? Genauso ging es uns mit der Richtmechanik des Senders. Sie wissen doch, daß die Richtung durch Zufuhr oder Abzug von Flüssigkeiten in den hydraulischen Zylindern geändert wird. Die Rechenmaschinen steuern den Prozeß, und wenn die Richtung stimmt, geben die Rechner den Befehl ‚halt‘. Da aber die Flüssigkeit von mechanischen Geräten, von Pumpen, bewegt wird, vergeht bis zur
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