Ein Stiefel voll Glück - Oskar und Mathilda ; 1
zum Protest, aber Mathilda ließ sie nicht zu Wort kommen.
»Ich werde einen Stundenlohn für Sie aushandeln«, sagte sie, drehte sich um und stapfte auf Opa Heinrichens Wohnhaus zu.
»Aber …« Henriette Habermick legte das Buch ins Gras und schälte sich ein wenig umständlich aus dem Liegestuhl. »Das geht doch nicht!«, rief sie Mathilda nach. »Das erlaube ich nicht.«
»Das bringt nix«, sagte Oskar. »Wenn die sich was in den Kopf gesetzt hat, zieht sie es auch durch.«
Seine Mutter sah ihn erstaunt an. »So gut kennst du sie schon?«
»Mathilda kennt man nach fünf Minuten«, sagte Oskar und schlüpfte ins Gartenhaus.
»Nun ja«, meinte Henriette Habermick, die ihm in die Wohnküche gefolgt war. »Im Grunde habe ich gar nichts gegen einen Job einzuwenden. Wir können nun wirklich jeden Cent gebrauchen. Allerdings hätte ich mich Herrn Heinrichen nur ungern aufgedrängt.«
»Schon klar«, sagte Oskar.
Das Mehl und den Zucker hatte er bereits gefunden. Nun öffnete er den Kühlschrank und holte vier Eier und die Butter heraus.
»Es ist mir auch sehr unangenehm, Herrn Heinrichen einen Kuchen von seinen Zutaten zu backen«, sagte seine Mutter.
»Musst du ja auch nicht«, meinte Oskar. »Ich backe ihn ganz allein. So wie immer.«
»Ja, verstehst du denn nicht?«, erwiderte Henriette Habermick und stellte das Mehl und den Zucker ins Regal zurück.
»Doch, Mama«, sagte Oskar. »Ich verstehe dich. Ich werde aber trotzdem einen Kuchen für Opa Heinrichen backen. Und zwar eine Mokkatorte«, setzte er bekräftigend hinzu und fischte das Mehlpaket und den Zucker wieder heraus.
Seine Mutter schüttelte den Kopf. »Ich weiß ja nicht, ob diese Mathilda der richtige Umgang für dich ist«, seufzte sie. »Zum Glück sind wir nur übergangsweise hier.«
»Mathilda ist meine Freundin«, sagte Oskar.
Außerdem wollte er gerne hier in Opa Heinrichens Gartenhaus wohnen bleiben. Und zwar nicht nur wegen des Zettels an seiner Schreibtischlampe daheim.
Die Mokkatorte bestand aus mehreren Schichten und Oskar hatte eine Weile damit zu tun. Während er Zucker, Eier, Butter und Mehl verrührte, fiel ihm auf, dass ihm noch einige Zutaten zur Fertigstellung fehlten. Weil Henriette Habermick Opa Heinrichen jedoch nicht um noch weitere Lebensmittel bitten wollte, musste Mathilda sage und schreibe vier Mal durch die Hecke kriechen und nacheinander Sahne, Quark, Kaffeepulver, braune Speisefarbe und Gelatine aus der von Dommelschen Küche stibitzen.
Abends war die Torte dann endlich fertig. Die Sonne verschwand bereits hinter den Baumwipfeln, aber die Luft fühlte sich immer noch angenehm warm an. Oskar setzte den Wasserkessel auf, stellte den Filter auf die blaue Keramikkanne und füllte Kaffeepulver hinein.
»Heute nicht mehr«, sagte Henriette Habermick entschieden. Sie machte die Herdplatte aus und stellte die Kanne samt Filter in den Kühlschrank, damit das Kaffeepulver sein Aroma nicht verlor. »Mathilda sollte jetzt nach Hause gehen. Ihre Eltern vermissen sie bestimmt schon. Ihr beide müsst morgenin die Schule. Außerdem vertragen ältere Herrschaften so spät am Abend keinen Kaffee mehr.«
»Ich habe einen Privatlehrer«, widersprach Mathilda. »Meine Eltern vermissen mich garantiert nicht. Und Opa Heinrichen trinkt seinen Kaffee immer abends. Außerdem habe ich ihm schon Bescheid gesagt.«
»Siehste«, meinte Oskar und stellte den Herd wieder an. »Oder willst du Opa Heinrichen etwa nach Hause schicken?«
»Natürlich will ich
Herrn
Heinrichen nicht nach Hause schicken«, sagte seine Mutter. Sie verdrehte die Augen und wandte sich Mathilda zu, die bereits Geschirr und Besteck auf ein Tablett geladen hatte und nun die Schubladen nach einer Tischdecke durchwühlte. »Also schön. Dann sagst du aber bitte deinen Eltern Bescheid.«
»Das ist nicht nötig«, brummte Mathilda und zerrte eine große karierte Serviette hervor. Sie faltete sie auseinander und nickte. »Die geht auch.«
Henriette Habermick nahm ihr die Serviette weg.
»Die geht nirgendwohin, aber du«, sagte sie, legte ihre Hand in Mathildas Nacken und schob sie energisch auf die Tür zu. »Mir ist vollkommen egal, was du meinst,
ich
möchte, dass deine Eltern Bescheid wissen.«
Mathilda stöhnte, aber sie gab klein bei und überquerte grummelnd Opa Heinrichens Wiese, schlüpfte durch die Hecke und setzte sich in ihrem elterlichen Garten ins raspelkurze Gras.
»Bescheid, Bescheid, Bescheid …«, murmelte sie. »So, liebe Mama, lieber Paps, jetzt
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