Ein Stiefel voll Glück - Oskar und Mathilda ; 1
sie sich.
Der Mann kniff die Augen zusammen und strich nachdenklich mit Daumen und Zeigefinger über seinen Schnurrbart.
»Also«, begann er schließlich. »Wenn du tatsächlich ein feiner Pinkel bist, dürfte das eigentlich kein Problem für dich sein. Entweder lässt du dich von eurem Chauffeur nach Berlin kutschieren und schaust dort in einem gut sortierten Werkzeugladen nach.« Er hob die Schultern. »Manchmal gibt es die Dinger sogar im Discounter. Die taugen aber nicht viel. Eine Handkurbel, die nicht gleich nach dem dritten Gebrauch kaputtgehen soll, muss schon aus …«
»Okay, okay«, unterbrach Mathilda ihn unwillig. »Oder was sonst?«
»Äh … oder du schaust im Internet nach.«
»Vielen Dank«, brummte Mathilda.
»Nichts für ungut«, erwiderte der Mann und deutete einen Diener an.
Mathilda wirbelte herum, hakte sich bei Oskar, der stumm wie ein Fisch hinter ihr gestanden hatte, ein und zog ihn auf den Ausgang zu.
»Das war wirklich ein gaaanz toller Tipp!«, schnaubte sie, stieß die Tür auf und stob nach draußen.
»Wieso? Der Mann war doch sehr nett«, meinte Oskar.
»Findest du?«
»Ja«, sagte Oskar trotzig. »Immerhin weißt du jetzt, wie du den Motor zum Laufen bringen kannst.«
»Toll!«, sagte Mathilda. »Ganz toll! Besonders die Idee, nach Berlin zu fahren oder im Internet nachzuforschen, war absolute Weltklasse!«
»Wieso?«, fragte Oskar.
Er versuchte, sich loszumachen, doch Mathilda hatte seinen Arm so fest eingeklemmt, dass ihm nichts anderes übrig blieb, als ihr hinterherzustolpern.
»Weil wir keinen Chauffeur haben«, antwortete Mathilda. »Paps lässt nämlich niemand anderen mit unseren Autos fahren. Nicht mal meine Mutter. Sie hat zwar einen eigenen Wagen, ein richtig schnittiges Cabrio, aber das steht immernur in der Garage, weil mein Vater keine Zeit hat, sie darin herumzufahren. Wenn sie irgendwohin will, bestellt sie sich ein Taxi. Na ja, und ins Internet komme ich im Moment nicht. Hab ich dir ja schon erklärt.«
Logisch, wegen dieses fehlenden WLAN-Sticks.
»Aber den wolltest du dir doch besorgen«, erwiderte Oskar. »Gleich morgen wolltest du in die Zeitung gucken und …«
Mathilda blieb mit einem Ruck stehen und presste seinen Arm noch fester an sich. »Du brauchst mir nun wirklich nicht zu sagen, was ich wollte«, fauchte sie ihn an. »Das weiß ich selbst nämlich immer noch am besten.«
»Klar«, sagte Oskar. Er fing an, sich unbehaglich zu fühlen. »Könntest du mich bitte loslassen?«, fragte er.
»Nein, das kann ich nicht!« Mathilda legte ihren Kopf in den Nacken und schickte einen grollenden Fluch in den blauen Sommerhimmel. Dann gab sie Oskars Arm frei. »Tut mir leid«, sagte sie. »Ehrlich.«
»Schon gut«, sagte Oskar.
»Wir wussten ja, dass es einen Haken gibt«, meinte Mathilda und setzte sich wieder in Bewegung.
Das ist er aber nicht, dachte Oskar. Auch wenn Mathilda es nicht einsehen wollte, aber die Antwort auf ihre Frage hatte sie bekommen. Der Haken lag woanders. Das hatte Oskar ganz eindeutig im Gefühl.
»Na, Oskarchen«, begrüßte Henriette Habermick ihren Sohn, als er mit Mathilda über die Wiese spaziert kam. Sie hatte sich einen Liegestuhl aus dem Schuppen geholt und es sich darauf mit einem Buch gemütlich gemacht. »Hattet ihr Spaß?«
»Geht so«, antwortete Mathilda an Oskars Stelle. »Es gibt hier jede Menge tolle Villen. Die haben wir uns angeschaut, während wir daran vorbeigeschlendert sind, und dabei musste ich ständig an meinen Freund Julius aus der Sozialbausiedlung denken.«
»Man darf nicht undankbar sein«, sagte Oskars Mutter. »Ich zumindest bin sehr froh, dass ich in Herrn Heinrichens Gartenhaus eine neue Bleibe gefunden habe.«
Oskar nickte. Er fand es nicht weiter tragisch, dass sie nicht so reich waren wie die von Dommels und die anderen Leute ringsherum. Es gab wirklich Schlimmeres. Zum Beispiel die Sache mit seinem Vater. Aber darüber wollte er jetzt nicht nachdenken.
»Haben wir Mehl?«, fragte er seine Mutter. »Und Zucker? Kaffee? Butter?«
»Ja, aber …«, sagte Henriette Habermick zögernd.
»Ich backe eine Torte«, fuhr Oskar hastig dazwischen. »Und dann laden wir Opa Heinrichen zum Kaffee ein.«
»Herrn Heinrichen«, verbesserte seine Mutter ihn.
»Opa Heinrichen hat bestimmt nichts dagegen«, meinte Mathilda. »Hier nennen ihn alle so. Übrigens …«, fuhr sie fort, »hätten Sie nicht Lust, seinen Haushalt ein wenig in Ordnung zu halten?«
Henriette Habermick öffnete den Mund
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