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Ein Strandkorb für Oma

Ein Strandkorb für Oma

Titel: Ein Strandkorb für Oma
Autoren: Janne Mommsen
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nicht, was das Geheimnis daran sein soll.»
    Sie wird richtig sauer.
    «Ich möchte nicht darüber reden, o.k.?»
    «Warum nicht?»
    «Es ist meine Sache – und Omas.»
    Viel weiter bringt mich Jade nicht.
    Vielleicht ist es auch besser, wenn ich gar nicht weiß, ob Oma schuldig ist. Eines bleibt Fakt: Wenn Friederikes DVD in die Hände der Polizei geriete, würde Oma mächtig Ärger bekommen. Und das könnte sie momentan gar nicht gebrauchen.
    Ich hole tief Luft.
    «Egal, warum ihr aus dem Fenster ausgestiegen seid», sage ich. «Maria darf davon nichts erfahren!»
    Jade blickt mich mit großen Augen an. Mit dieser Wendung hat sie nicht gerechnet.
    Ich auch nicht, es ist mir einfach so herausgerutscht.

[zur Inhaltsübersicht]
8. Talkshow
    Der Himmel sieht schon etwas freundlicher aus, an einigen Stellen meine ich bereits ein Graublau zu erahnen. Jade und ich rollen mit unseren Rädern auf den Hofplatz von Hauke Hansen in Toftum. Er passte hervorragend aufs Autodeck und wäre mein erster zahlender Kunde. Sein Hof liegt am Rande von Toftum, das genau genommen ein Ortsteil von Oldsum ist. Vor der Scheune rechts steht sein altes Friesenhaus, das ein bisschen anders aussieht als die perfekt renovierten Wochenenddomizile der Hamburger Ärzte und Unternehmensberater: Das rote Mauerwerk sieht schmutzig und mürbe aus, die Kanten bröckeln, das Reetdach ist vermoost und wurde an einigen Stellen durch Blechplatten ersetzt. Die Scheune ist aus neuem Waschbeton, der im oberen Teil mit grünem Blech verblendet wurde, die gesamte Dachfläche ist mit Solarzellen bestückt. Neben der Scheune gammelt ein schmutzig weißer Toyota Land-Cruiser mit abmontierten Kennzeichenschildern und fehlender Beifahrertür vor sich hin.
    «Du kannst draußen warten», biete ich Jade an.
    «Bin wohl nicht vorzeigbar.»
    Ich atme tief durch.
    «Dann komm mit.»
    Jade verschränkt ihre Arme. «Nee, keinen Bock.»
    Tolles Spiel.
    «Es stinkt hier», beschwert sie sich.
    «Denk immer an das iPhone.»
    Ich gehe auf die offene Scheunentür zu. Hauke kniet vor einer rostigen Achse, die auf dem Betonboden liegt, seine Bewegungen wirken langsam und bedächtig. Mit einer Flex fährt er vorsichtig in das verrostete Eisen, was einen fürchterlichen Lärm produziert, Funken sprühen nach allen Seiten. Er muss wahrgenommen haben, dass ich hereingekommen bin, lässt sich durch mich aber nicht ablenken.
    Also warte ich.
    Hauke ist groß, er wirkt breit und massig, sein Haar ist grau, kräftig und voll, er trägt schwarze Gummistiefel, eine braune Latzhose und eine blaue Arbeitsjacke. Ich weiß von Brar aus dem Chor, dass der Endfünfziger seit seiner Scheidung alleine auf dem Toftumer Hof lebt. Sein Vieh hat er abgeschafft und eine GbR gegründet, die eine Biogasanlage mit Mais versorgt, ungefähr achtzig Häuser bekommen von seinen Feldern Energie geliefert.
    Natürlich muss ich keinen Maisbauern auf meine Arche bekommen.
    Aber Hauke hat ein Hobby, das ihn hochattraktiv für jede Inselpräsentation macht: er sammelt und restauriert Kutschen, die er mit seinen vier Pferden gerne über die Insel bewegt. Von Einspännern bis zum Vierspänner, mit Verdeck oder mit festem Chassis, steht alles hier in der Scheune, teilweise mit großen Planen verdeckt, sodass man nur die großen Holzspeichenräder sieht.
     
    Nach einer Weile setzt er die Flex ab und richtet sich auf.
    «Moin», sage ich.
    «Moin.»
    Er klingt nicht so, als ob er mit mir schunkeln wollte, aber auch nicht unfreundlich. Automatisch passe ich mich ihm an und versuche, so wenig Worte wie nötig zu benutzen.
    «Ich komm wegen der Kutschen.»
    «Hmmh.»
    «Machstu noch Ausfahrten?»
    «Jo.»
    «Brauchste Werbung?»
    «Immer.»
    «Auch in Hamburg?»
    Er schaut mich prüfend an: «Du willst mit der Fähre nach’e Landungsbrücken?»
    Es ist also schon rum.
    «Jo.»
    «Wer ist dabei?»
    «Friederike mit Kacheln und Arne mit Strandkörben.»
    Natürlich darf Friederike ihre Kacheln umsonst ausstellen, für die DVD bin ich ihr das schuldig. Und Arne, Marias Vater, muss als Mitglied der Riewerts-Sippe natürlich nichts für seine Strandkörbe zahlen.
    «Denn hast ja noch Platz.»
    Bei einer momentanen Auslastung von drei Prozent kann man das so ausdrücken.
    Er kratzt sich wieder am Bart.
    «Ich überleg’s mir.»
    «Jo.»
    «Neue Freundin?»
    Er deutet mit dem Kopf hinter mich.
    Ich drehe mich um.
    Jade kniet in ihrem Ledermantel neben einer kleinen schwarz-weiß gescheckten Katze auf dem Hofplatz und
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