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Ein Strandkorb für Oma

Ein Strandkorb für Oma

Titel: Ein Strandkorb für Oma
Autoren: Janne Mommsen
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ohne Maria nur halb so schön ist. Ich hoffe sehr, dass sie es noch schafft. Unser Zusammentreffen bei der Polizeiaktion war ein wirklich blöder Zufall, aber Föhr ist eben überschaubar.
    Schwerer Zigarrenrauch erreicht meine Nase. Ich finde es aber gar nicht unangenehm, es muss eine gute Marke sein. Ich richte mich auf.
    Ein paar Meter weiter steht ein graumelierter älterer Herr und schaut ergriffen ins Watt: Kapitän Petersen von der W. D. R.-Reederei, der Oma morgens vorgewarnt hat, dass wir kommen.
    «Moin, Petersen, du hast das Meer doch häufiger gesehen als wir alle», wundere ich mich.
    «Das Staunen darüber hört nie auf», seufzt er. Beruhigend irgendwie.
    Langsam wird es dunkel und Arnes Musik schneller, die Beats hämmern mit über 120 Schlägen pro Minute in den Raum.
    «Und was sagt der Shantysänger zur Musik?», erkundige ich mich vorsichtig beim Kapitän.
    «Die Bässe erinnern mich an die Seefahrtsschule, als wir beim alten Schmidt Morsezeichen gelernt haben. Schmidt war damals schon uralt; er ist noch auf Viermastern um Kap Hoorn gefahren.»
    Als Morsezeichen habe ich die Bässe noch nie gehört.
    «Irgendwo im All werden diese Zeichen ankommen», ist Petersen sich sicher. «Und irgendwann bekommen wir auch Antwort.»
    Ich weiß nicht recht, wie ernst er das meint, aber an diesem Abend, bei diesem Sonnenuntergang, bin ich in der Stimmung, alles zu glauben.
    «Übrigens ein Tipp wegen deiner Arche …»
    Petersen und ich haben nie darüber gesprochen. Ich bin trotzdem nicht erstaunt, dass er es weiß. Föhr ist klein, und Hauke Hansen hatte ja auch schon davon gehört.
    «… gute Idee!»
    Mir wird richtig warm vor Freude. «Danke.»
    Er sucht meinen Blick. «Läuft bloß nicht an, oder?»
    «Wer sagt das?» Solche Gerüchte können das Projekt abwürgen, bevor es gestartet ist.
    «Ich.»
    Ich gebe mich locker: «Das braucht seine Zeit.»
    «Es gibt auch einen handfesten Grund dafür», sagt er.
    «So?» Mir wird fast schlecht vor Neugier, denn Petersen kennt sich auf Föhr aus wie kaum ein Zweiter.
    «Du bist im falschen Chor.»
    Das ärgert mich richtig: «Was hast du gegen die Seevögel?»
    «Gar nichts.»
    «Aber?»
    «Da machen zu wenig echte Insulaner mit.»
    «Die wohnen alle auf Föhr.»
    «Nicht gebürtig.»
    Ich werde ein bisschen spitz: «Das hört man beim Singen aber nicht.»
    «Das ist gar nicht der Punkt. Bei unseren Knurrhähnen singen die Chefs von wichtigen Inselbetrieben mit.»
    Was gibt es Schöneres, als bei einem sanften Beatmix über sanft hin- und herwiegende ältere Herren im Shantychor zu reden?
    «Jens Jensen vom Café Friesentraum, der Verwaltungsleiter der Inselklinik, Lükki von der Feuerwehr: Wenn der sich für dich einsetzt, hast du sie alle im Sack.» Und er fügt etwas hinzu, was wie eine Einladung klingt: «Wir üben jeden Dienstagabend in der
Eilun feer skol

    Petersen hat natürlich recht. Aber Shantys?
    «Ich überleg’s mir.»
    Sie gehören immerhin seit meiner Kindheit zu den Hafenfesten wie Fischbrötchen und Bier.
    In diesem Moment taucht Maria zwischen den Strandkörben auf und läuft mit hochgerecktem Hals und strahlenden braunen Augen auf uns zu. Endlich! Wenn ich sie nicht schon lieben würde, hätte ich mich spätestens jetzt in sie verliebt.
    Sie hat sich umgezogen und trägt eine andere Marlene-Dietrich-Hose, diesmal in hellbeige, dazu eine weiße Bluse, über ihre Schultern hat sie sich einen hellblauen Pullover gehängt. Wir pressen uns so dicht aneinander, als wären wir seit Monaten getrennt gewesen. Maria fühlt sich weich an und riecht gut wie immer. Sie zieht mich weiter weg auf die Nachbardüne.
    Eigentlich darf man dieses Gebiet wegen des Küstenschutzes nicht betreten, aber wir machen heute eine Ausnahme und lassen uns in den warmen Sand sinken, wo wir wild herumknutschen. Für mehr ist es leider zu öffentlich.
    Schließlich liegen wir uns gegenüber und reiben unsere Nasen aneinander.
    «Eskimokuss», flüstert Maria.
    «Meinst du, die küssen immer noch so? Inzwischen machen die das bestimmt wie wir, oder?»
    Maria dreht sich auf den Rücken, schaut in den Himmel und räuspert sich.
    «Das war vielleicht ein Mist vorhin bei Hansen», sagt sie.
    «Hat es was gebracht? Oder war es nur ein Schuss ins Blaue?»
    «Na ja, der Computer hat Hauke halt als verdächtig ausgespuckt, da muss man mal nachfragen.»
    «Nachfragen nennst du das? Tobias hätte Hauke fast erwürgt.»
    «Er ist übertrieben ehrgeizig. Das war schon auf der
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