Ein Stueck meines Herzens
findet. Aber weil die Insel nicht auf der Karte des Ingenieurscorps auftaucht, hat er die Vorstellung entwickelt, daß sie für den Rest der Welt nicht mehr existiert.«
T. V. A. erschien mit einem zweiten Teller Rührei und Brötchen, stellte ihn auf den Tisch und stand da, während Mrs. Lamb den Tisch nach irgendeiner Spur von Unordnung absuchte, nickte und ihn wieder entließ.
Im Haus war es still, und er konnte hören, wie Mrs. Lambs Gabel auf ihrem Teller klirrte.
»Gefällt es Ihnen hier unten, Mr. Newel?« fragte sie.
»Ja, Ma’am«, sagte er.
Sie nahm sich ein Brötchen und untersuchte das weiche Innere, als ob sie erwartete, auf etwas zu stoßen, das jemand darin versteckt hatte. Nachdenklich schaute sie auf. »Was haben Sie für Pläne, Mr. Newel?« fragte sie.
»Welche Pläne meinen Sie?«
»Dann sind Sie also jemand, der eine Reihe von Plänen hat«, sagte sie und neigte ihm freundlich den Kopf zu.
Er lächelte und versuchte zu erraten, ob sie wohl Verständnis für ihn haben würde.
»Sie laufen alle auseinander«, sagte er.
Sie seufzte. »Heutzutage laufen bei allen die Pläne auseinander. Warum sollten Ihre Pläne da anders sein? Beebe Henleys laufen schon auseinander, wenn man sie bloß erwähnt.« Sie legte ihr Brötchen wieder auf den Teller. »Und Sie sind Rechtsanwalt?«
»Nächsten Monat, hoffe ich doch.«
Sie nickte, riß einen Fettstreifen von der Speckschwarte ab und steckte ihn in den Mund. »Und was für Pläne haben Sie für Beebe Henley?« fragte sie in demselben unaufdringlichen Tonfall.
»Ich weiß es nicht«, sagte er und fragte sich, was er eigentlich für Pläne für sie hatte. »Kann sein, daß ich gar keine habe.« Er sah verlegen auf.
Mrs. Lamb begann, ihr sauberes Besteck sorgfältig zurechtzurücken, so daß es genau an der Tischkante lag, sie schluckte den letzten Bissen Speck und ließ den Blick auf ihm ruhen. »Was machen Sie hier auf meiner Insel?« fragte sie kühl.
Er erinnerte sich an den harten, verurteilenden Blick, den die alte Dame ihnen zugeworfen hatte und der jedes Molekül zwischen ihm und Robard hatte gerinnen lassen, als wären sie zwei Verrückte, die Mr. Lamb gerade Anteile an der Helena-Bridge verkaufen wollten. Mrs. Lambs gesundes hellbraunes Auge wurde erheblich kleiner und dunkler, und sie stützte das Kinn auf ihre Daumenspitze und starrte ihn an, bis er krampfhaft nach etwas anderem zu suchen begann, worauf er seinen Blick heften konnte. Er schaute nach oben und dann flüchtig auf die zwei Landkarten, die eine mit der Luftaufnahme der Insel und die, auf der die Insel gar nicht abgebildet war.
»Gewöhnlich kommen die Leute hierher«, sagte sie gelassen, »um zu jagen oder zu fischen oder einfach, um ein bißchen Landleben zu genießen. Einige kommen auch nur, um die Lambs zu besuchen.« Sie machte eine Pause. »Unter welche Kategorie darf ich Sie einordnen?« Sie behielt ihr Kinn auf der Daumenspitze und bewegte sich keinen Deut.
»Das ist schwer zu sagen«, meinte er, versuchte, seinen Blick von den Landkarten nach unten zu lenken und sich wieder der unmittelbaren Gegenwart der alten Dame zu stellen. »Es würde eine Menge Geduld erfordern«, sagte er.
Er konnte hören, wie der kleine Jeep mit rasender Geschwindigkeit in den Hof hereindonnerte.
»Ich habe eine Menge Reserven«, sagte sie und sah verärgert aus. »Als ich fünfundvierzig Jahre alt war, lebten Mark und ich auch schon auf dieser Insel, und ich bekam eine Tuberkulose wegen der Feuchtigkeit und mußte dann ganz schnell nach Memphis gebracht werden. Und damals wurde Tuberkulose so behandelt, daß die befallene Lunge mit Murmeln gefüllt wurde, und dann mußte man einige Monate so dableiben, bis die Lunge sich einfach durch geduldiges Ausharren wieder regenerierte.«
»Ja, Ma’am«, sagte er.
»Es war unangenehm«, sagte sie kühl. »Aber ich habe sehr viel Geduld entwickelt. Und ich glaube, ich besitze Geduld genug, um mir alles anzuhören, was Sie mir je in Ihrem Leben erzählen könnten.« Sie betrachtete ihn unfreundlich.
Jemand kam die Außentreppe heraufgestapft und trat gegen jede Tür, die ihm im Weg war. Mrs. Lambs Augenbrauen zogen sich aristokratisch in die Höhe, und sie hob leicht ihr Kinn und senkte den Kopf in der Erwartung, daß plötzlich jemand eintreten würde. Er richtete die Augen fest auf seinen Teller und begann, so hingebungsvoll, wie er nur konnte, sein Rührei zu essen.
Auf einmal platzte Mr. Lamb, rot wie eine Tomate, durch die Tür des
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