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Ein Stueck vom Himmel

Ein Stueck vom Himmel

Titel: Ein Stueck vom Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Lukan
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Wiener »Peilsteinliedes« (Text und Melodie von Pauli Wertheimer) und – nachdem wir den Text ins Deutsche übersetzt hatten – mussten wir es noch einmal singen und alle waren begeistert.
    Drinn im Schlafraum, so a G’schicht,
    san s’ schon wie die Haring g’schlicht,
    ’s ist ka freies Platzerl mehr.
    Aber schauts, i bin ja mager,
    liegen drei schon auf an Lager,
    geht a Vierter a no her.
    Alles kugelt durcheinand,
    Rucksack, Decken, Kas und G’wand,
    Hakeln, Kletterseil und Schuah.
    Zwischen Haxen, Köpf und Bäuch
    schlaft dann jeder wia a Leich
    bis am Sonntag in der Fruah.
    Um halb vier Uhr früh standen die Bergführer auf und begannen Holz zu hacken und Feuer zu machen. Da der Raum in der Hütte beschränkt ist, konnte nur im Schichtbetrieb gefrühstückt und für die Tour gepackt werden. Draußen war es noch bitterkalt, aber am Himmel war keine Wolke zu sehen ...
    Die Führer hatten für alle heißes Wasser gekocht; wir Wiener wollten dafür die Hütte wieder in Ordnung bringen. Die ersten Seilschaften zogen los, nachdem sie sich bereits in der Hütte angeseilt hatten. »Alles Gute und Gruetzi miteinander!«
    Endlich hatten wir den Tisch für uns. Tee und Butterbrot. Unsere Gedanken waren aber schon auf dem Grat. Das Geburtstagskind sollte mit Hans als erste Seilschaft gehen, dann Fritzerl und ich als zweite Seilschaft und Scarpietti, Ernst und Toni als dritte.
    »Trinkt noch jemand Tee?«
    Niemand wollte noch Tee. Fritzerl begann das Geschirr abzuwaschen, Toni half ihr beim Abtrocknen, wir anderen taten auch irgendetwas, Schwanda fuhrwerkte mit dem Besen herum.
    Zehn Minuten später hatte Schwanda bereits den Besen mit dem Eispickel vertauscht. Über einen schmalen Firngrat zogen wir zum ersten Gratturm und bald standen wir auch unter dem ersten Fixseil.
    »Weißt ... in der Schule beim Turnen ... da bin i nie die Taue hinaufgekommen!«, sagte Schwanda, als er an dem Seil hing. Jetzt, als 75-Jähriger, kam er hinauf.
    Schwanda ging ruhig, zügig, aber ohne zu hasten. Als alter Hase wusste er, dass auf dem Eigergipfel die Bergfahrt noch nicht zu Ende ist. Er wollte seine Kräfte auf den ganzen Tag verteilen. So kamen wir zum großen Gratturm (oder zur »Eigerwand«, wie man früher sagte). »Du tolzer Sturm!«, rief ich laut ...
    Schwanda lächelte etwas gequält. An diese Geschichte wollte er nicht gerne erinnert werden.
    »Dolomitentürme« hieß der Vortrag. Als erstes Bild zeigte Schwanda den Torre del Diabolo. »Du stolzer Turm!« – mit diesen Worten wollte er seinen Vortrag beginnen.
    Jedoch Schwanda schmetterte laut in den Saal: »Du tolzer Sturm!«
    Uije! Schwanda korrigierte: »Du stolzer Surm!«
    Wieder falsch! »Du solzer Sturm!«
    Da wurde es Schwanda zu dumm. »Du ... du ... Turm«, rief er dann grimmig.
    Wir begannen also am Eiger den »tolzen Sturm« zu erklettern. Die Hanfseile sind etwa fünf Zentimeter dick und gut griffig, aber sie sind sozusagen nur ein Rabatt, geschenkt wird dem Kletterer an diesem Steilaufschwung nichts. Manchmal musste ich den Kopf schon recht weit zurücklegen, um den über mir kletternden Schwanda zu sehen.
    Auf dem Gipfelfirst gingen Fritzerl und ich voraus. Die Firnschneide war stellenweise so schmal, dass die Spur für den linken Fuß in der Südwand, die für den rechten in der Nordwand dahinführte.
    Eine Seillänge unterhalb des Gipfels warteten wir auf Schwanda und Hans. Das Geburtstagskind sollte von uns der Erste sein, der den Gipfel betrat. Und das war dann so wie auf einer Geburtstagsparty, wenn das Geburtstagskind das Geburtstagsgeschenk auspackt.
    Vom Abstieg über die Südwestflanke hatten wir nur Schlechtes gehört – er soll nicht leicht zu finden und stein- und eisschlaggefährdet sein. Doch wir hatten keine Mühe beim Wegsuchen gehabt und weder ein Steinchen noch ein Eisbrocken kam durch die Luft geflogen. Nachdem wir eine Rinne verlassen hatten, standen wir auf dem Hang oberhalb der Jungfrau-Bahnstation Eigergletscher.
    Und da hörten wir einen lauten Knall, sahen, wie ein Stück Eiswand vom Gletscher abbrach und als Eislawine durch die Rinne rauschte, die wir vor drei, vier Minuten verlassen hatten. Glück! Wieder einmal hatten wir jenes Glück gehabt, das man fürs Bergsteigen ebenfalls braucht. Fritzerl hatte spontan reagiert, hatte blitzschnell die Ausläufer der Eislawine mit noch einigen durch die Luft wirbelnden Eisbrocken fotografiert.
    Ich stand mit grimmigem Gesicht da und sagte: »I hab ja gewusst, warum ich den Eiger net

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