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Ein süßer Traum (German Edition)

Ein süßer Traum (German Edition)

Titel: Ein süßer Traum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Lessing
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und präsentierte Frances die helle, jungfräuliche, leicht sommersprossige Stirn wie ein kleiner Stier, der gleich angreifen will. »Warum denn? Du kannst uns nicht herumkommandieren. Du bist nicht unsere Mutter.« Und dann sagte William das Gleiche. Die beiden hatten eindeutig über die Situation gesprochen und beschlossen, Widerstand zu leisten. Zwei widerspenstige Gesichter, zwei feindselige Körper, und Rupert, der zusah, war blass wie sie.
    »Nein, ich bin nicht eure Mutter, aber solange ich mich um euch kümmere, müsst ihr wohl das machen, was ich sage.«
    »Ich nicht«, sagte Margaret.
    »Ich nicht«, sagte William.
    Margaret hatte ein rundes Kleinmädchengesicht, das darauf wartete, Form anzunehmen. Noch schienen ihre Züge aus ein paar Metern Entfernung zu einem blassen Umriss zu verschwimmen, in dem sich nur ein kleiner, rosafarbener Mund behaupten konnte. Jetzt war der Mund sittsam und tugendhaft vor Missbilligung.
    »Wir hassen dich«, sagte William vorsichtig, denn er hatte den Text mit Margaret probiert.
    Frances war ungeheuer und unvernünftig wütend.
    »Setzt euch hin«, sagte sie scharf, und überrascht glitten die Kinder auf ihre Stühle zurück.
    »Jetzt hört zu. Ich hatte nicht erwartet, dass ich mich um euch kümmern muss. Und habe es nicht gewollt.« Aber jetzt sah sie kurz zu Rupert hinüber, der so verletzt war von dieser ganzen schrecklichen Situation, und fuhr fort: »Es macht mir nichts aus, etwas für euch zu tun. Es macht mir nichts aus, zu kochen und mich um eure Kleider und all das zu kümmern – aber Unsinn lasse ich mir nicht gefallen. Schmollen und Szenenmachen könnt ihr vergessen, weil ich mir das nicht gefallen lasse.« Sie kam wirklich in Fahrt, und die beiden blassen, entsetzten Gesichter reichten nicht aus, um sie zu bremsen. »Ihr wisst das nicht – woher auch –, aber ich hatte schon mehr als genug von zugeschlagenen Türen und Pubertätsrebellionen und diesem ganzen
kindischen
Mist.« Sie schrie sie an. Noch nie, niemals zuvor hatte sie ein Kind angeschrien. »Habt ihr gehört? Und wenn ihr damit anfangt, gehe ich weg. Also: Ich warne euch. Ich gehe einfach weg.« Aus Atemnot musste sie innehalten. Ruperts Augenbrauen, die normalerweise leicht ironisch aussahen, zeigten ihr, dass sie zu weit ging.
    »Tut mir leid«, sagte sie – eher zu ihm als zu ihnen. Und dann: »Nein, es tut mir überhaupt nicht leid. Ich habe das gesagt, weil ich es so meine. Also denkt darüber nach.«
    Ohne ein Wort standen die Kinder auf und gingen schweigend in ihre Zimmer. Bestimmt würden sie in ihrem oder seinem zusammenkommen und über Frances sprechen.
    »Gut gemacht«, sagte Rupert.
    »Ach, wirklich?« Frances saß schlaff und zitternd und entsetzt über sich selbst da. Sie ließ den Kopf auf die Arme sinken.
    »Ja, natürlich. An irgendeinem Punkt musste es zur Konfrontation kommen. Und übrigens, glaub nicht, ich finde es selbstverständlich, dass du da bist. Ich würde dir keinen Vorwurf machen, wenn du einfach weggehst.«
    »Ich gehe nicht weg« – und sie griff nach seiner Hand. Sie zitterte. »Oh Gott«, sagte sie. »Das ist alles so …« Er streckte die Hand nach ihr aus, und sie schob ihren Stuhl zu seinem hin, und sie saßen dicht beieinander, hielten sich umschlungen und waren gleichermaßen erschüttert.
    Eine Woche später kam die Wiederholung: »Du bist nicht unsere Mutter, also warum sollten wir …«, und so weiter.
    Frances hatte den ganzen Tag versucht, mit dem gewichtigen soziologischen Buch voranzukommen, das sie schrieb, unterbrochen durch Anrufe von der Schule, von Meriels Krankenhaus und von Rupert aus der Redaktion, der fragte, was er zum Abendessen mitbringen solle. Ihre strapazierten Nerven grollten und fluchten. Ihre Reaktion bezog sich auf die gesamte Situation. Was machte sie hier? In welcher Falle saß sie … mochte sie die Kinder überhaupt? Dieses Mädchen mit dem tugendhaft sittsamen Mund, den Jungen (diesen armen Jungen), der vor dem, was geschah, eine solche Angst hatte, dass er sie und seinen Vater kaum ansehen konnte, und der herumlief wie ein Schlafwandler, mit einem verschreckten Lächeln, das sarkastisch aussehen sollte.
    »Gut«, sagte sie, »das war’s«, stand auf und schob ihren Teller weg. Sie sah Rupert nicht an, sie tat das Unverzeihliche – trat nach ihm, während er schon am Boden lag.
    »Wie meinst du das?«, fragte das kleine Mädchen – denn das war sie schließlich.
    »Was glaubst du? Ich gehe. Ich habe es euch

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