Ein süßer Traum (German Edition)
gesagt.«
Und sie ging in das Schlafzimmer, das sie mit Rupert teilte, langsam, denn ihre Beine waren steif, nicht, weil sie unentschlossen war, sondern weil sie mit ihnen Rupert verlassen wollte. Dort nahm sie Kleider aus den Schränken und stapelte sie auf dem Bett, suchte die Koffer und fing methodisch an zu packen. Ihr Geisteszustand war allem entgegengesetzt, was sie seit Wochen empfunden hatte. Eine Braut oder ein Bräutigam wird von der Flut der Ereignisse getragen und hat nur gelegentlich einen Moment lang Bedenken, und am Vorabend der Hochzeit fragt sie oder er sich dann plötzlich, wie man so verrückt sein kann: Jetzt kam ihr eine zwar schwierige, aber anscheinend bisher ganz vernünftige Situation so vor, als würde sie, an Handgelenken und Knöcheln gefesselt, ins Gefängnis gebracht. Warum um Himmels willen hatte sie gesagt, sie werde sich seine Kinder aufladen, wenn auch nur vorübergehend? Und wie konnte sie wissen, dass es vorübergehend war? Sie musste weglaufen, bevor es zu spät war. Das Einzige, was in ihrem Kopf auch nur noch annähernd so war wie zuvor, war der Gedanke an Rupert. Sie konnte ihn nicht aufgeben. Aber nein, das war ganz leicht. Sie würde sich endlich ihre eigene Wohnung kaufen,
ihre
Wohnung, und … die Tür ging auf, nur ein bisschen, und dann ein bisschen mehr, und der Junge stand da. »Margaret fragt, was du da machst?«
»Ich gehe«, sagte Frances. »Mach die Tür zu.«
Er zog die Tür vorsichtig Stückchen für Stückchen zu, als würde er nach jedem kleinen Grad des Schließens innehalten und überlegen: Soll ich wieder hineingehen?
Die Koffer waren gepackt und standen in einer Reihe, als Margaret mit gesenktem Blick hereingeschlichen kam; ihr Mund stand halb offen, dieser sittsame, kleine, rosafarbene Mund, aber jetzt war er vom Weinen geschwollen.
»Gehst du wirklich weg?«
»Ja.« Und Frances, die überzeugt war, dass sie weggehen würde, sagte: »Mach die Tür zu – aber leise.«
Später, als sie hinausging, saß Rupert immer noch am Esstisch. Sie sagte: »Das ist schlimm gelaufen, tut mir leid.«
Er schüttelte den Kopf, ohne sie anzusehen. Er war eine einsame und tapfere Gestalt, und sein Schmerz schirmte ihn ab vor ihr. Das konnte sie nicht ertragen. Sie wusste, dass sie nicht gehen würde, jedenfalls nicht so. Sie dachte in einem wilden letzten Augenblick der Rebellion: Ich suche mir eine eigene Wohnung, dann kann er sich um das ganze Theater mit Meriel und den Kindern kümmern, und wenn er will, kommt er mich besuchen, und … »Natürlich gehe ich nicht«, sagte sie. »Wie könnte ich denn?«
Er rührte sich nicht, aber dann streckte er den Arm nach ihr aus. Sie schob einen Stuhl heran und setzte sich, sodass der Arm sie umfassen konnte, und er neigte den Kopf, damit ihre Köpfe aneinander ruhten.
»Jedenfalls werden sie es dir nicht noch einmal schwer machen«, sagte er. »Das heißt, wenn du beschließt, hierzubleiben.«
Die Situation verlangte, dass sie ihrer Schwäche Halt gaben, indem sie sich liebten. Er war schon im Schlafzimmer und machte das Licht aus, und sie war im Begriff, ihm zu folgen. Sie blieb an der Tür des Mädchens stehen und wollte hineingehen und gute Nacht sagen: »Vergiss es, ich habe es nicht so gemeint.« Da hörte sie ein Schluchzen, ein schreckliches, leises, hilfloses Schluchzen, das schon eine Weile andauerte. Frances lehnte den Kopf gegen die Tür, und in ihr flammte auf:
Oh nein, ich kann nicht, ich kann nicht
…, aber die Elendslaute des Kindes rührten sie. Sie holte tief Luft und ging in das Zimmer und sah, wie das Mädchen von seinem Kissen auffuhr, und dann lag es in ihren Armen: »Oh Frances, Frances, es tut mir leid, es war nicht so gemeint.«
»Ist schon gut. Ich gehe nicht weg. Ich hatte es eben wirklich vor, aber jetzt habe ich es mir anders überlegt.«
Küsse, Umarmungen und ein neuer Anfang.
Mit dem Jungen würde es schwieriger werden. Als verletztes Kind, das sich in einer Rüstung aus Stolz aufrecht hielt, wollte er nicht weinen und wies die tröstenden Arme zurück, auch die seines Vaters: Er vertraute ihnen nicht. Er hatte zugesehen, wie seine Mutter, als sie so krank und still war, so tief in sich selbst versank, dass sie nicht einmal hörte, wie er mit ihr sprach, und dieser Anblick verfolgte ihn: wenn er gehorsam tat, was man ihm sagte, zur Schule ging, bei den Hausaufgaben, beim Tischabräumen half, sein Bett machte. Wenn Frances und Rupert gewusst hätten, was in William vorging, wenn sie
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