Ein süßer Traum (German Edition)
ich eine Wohnung habe.«
»Dann musst du dir eine Wohnung suchen«, befahl ihre Tochter. »Wir haben doch genügend Geld, oder?«
Folgendes war das Problem: Meriel hatte beschlossen, zur Universität zu gehen und einen Abschluss in Psychologie zu machen. Frances war wütend: Sie hatte erwartet, dass Meriel anfangen würde, Geld zu verdienen, aber Rupert hatte nichts anderes erwartet. »Ich habe doch schon immer gesagt, sie hat nicht die Absicht, jemals selbst ihren Lebensunterhalt zu verdienen.« »Ja, das hast du.« »Wenn man sie so sieht, würde man es nicht glauben, aber sie ist eine sehr abhängige Frau.« »Müssen wir sie denn lebenslänglich unterhalten?« »Das würde mich nicht wundern.«
Und Meriel wollte eigentlich nicht bei Phyllida ausziehen: Sie wollte nicht allein sein. Phyllida wollte mittlerweile, dass Meriel ging. Auf eine dunkle und nie wirklich analysierte Weise hatte es sie befriedigt, Ruperts frühere Frau bei sich zu haben wie einen erweiterten Kreis des Lennox’schen Haushalts, aber nun reichte es. Sie hatte eigentlich nichts gegen Meriel, aber ihre scharfe, schneidende Art konnte sie deprimieren. Als Margaret einzog, hatte Phyllida das Gefühl, einen alten Albtraum noch einmal zu erleben. Sie sah sich selbst in Meriel mit dem Mädchen, Mutter und Tochter, die schnappten und knurrten und sich küssten und wieder vertrugen und laut waren, so laut, diese Tränen und Kräche und Schreie und das lange Schweigen der Versöhnung.
Dann hatte Meriel einen Rückfall und kam ins Krankenhaus. Nun waren Phyllida und Margaret zusammen. Phyllida schlug vor, dass Margaret wieder in das Haus der Lennox ziehen könnte, nun, da ihre Mutter nicht da war, aber Margaret sagte, es gefalle ihr bei Phyllida besser. »Frances ist eine alte Kuh«, sagte sie. »Ihr ist eigentlich alles egal, außer Rupert. Ich finde das ekelhaft, so alte Leute, die Händchen halten. Und ich bin wirklich gern bei dir.« Dies Letzte sagte sie schüchtern und zögerlich, sie fürchtete eine Abfuhr und bot sich diesem Mutterersatz gleichsam an: »Ich will bei dir sein.«
Phyllida war tatsächlich gerührt, als sie hörte, dass das Mädchen sie mochte. Ganz anders als die verschlagene und betrügerische Sylvia, die es nicht hatte erwarten können, ihr zu entkommen.
»Na gut, aber wenn es deiner Mutter besser geht, solltet ihr eine eigene Wohnung haben, finde ich.«
Meriel zeigte keinerlei Zeichen der Besserung. Margaret wollte sie nicht besuchen, sie sagte, es rege sie zu sehr auf. William hingegen ging fast jeden Abend hin und setzte sich zu der Frau, die zusammengerollt in ihrem Bett lag, in jener grauen Ferne, die Depression heißt, und er erzählte ihr in der ihm eigenen vorsichtigen, zurückhaltenden, gedankenvollen Art von seinem Tag, von dem, was er gemacht hatte. Aber sie antwortete nicht, rührte sich nicht und sah ihn nicht an.
Als Colin alles über Meriel erzählt hatte, sprach er über Sophie und dann über Frances, die Bücher schrieb, teils Geschichte und teils Soziologie, und Erfolg damit hatte. Und über Rupert, der, wie Colin sagte, das Beste war, was diesem Haus hatte passieren können. »Stell dir bloß vor, ein richtig vernünftiger Mensch, endlich.«
Die beiden unterhielten sich den ganzen Nachmittag, während das reizende kleine Mädchen immer wieder auf dem Arm von Marusha erschien. Nach jeder neuen Ausgabe der Nachrichten triumphierte sie mehr, weil Polens alter Feind so durch und durch erniedrigt wurde. Schließlich kam Frances und hatte die Arme voller Lebensmittel, genau wie früher. Die drei zogen den Tisch zu seiner früheren Länge aus, als würden sie die Bühne herrichten für ein Fest aus der Vergangenheit.
Während Frances kochte, kam William nach Hause, gerade als die beiden schwarzen Jungen die Treppe herunterkamen. Sie wurden einander vorgestellt. »Clever und Zebedee werden eine Weile hierbleiben«, sagte Colin. Frances sagte nichts, während sie anfing, den Tisch für neun Personen zu decken. Sophie würde später dazukommen.
Frances nahm ihren Platz am Kopfende des Tisches ein, Colin sollte am Fußende sitzen und gleich neben ihm Sophie, dann kam Marushas Platz, und neben ihr stand der hohe Kinderstuhl. Zehn, wenn man Celia mitzählte. Rupert und William saßen zu beiden Seiten von Frances, und Sylvia und die beiden Jungen saßen in der Mitte. Sylvia erzählte von dem großen Essen im Butler’s Hotel und von den vielen mondänen Leuten, von denen einige früher an diesem Tisch gesessen
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