Ein süßes Abenteuer
unwiderruflich aus der Gesellschaft ausgeschlossen zu werden.
Zu ihrer Belustigung verlor Isabella kein Wort über ihren jüngsten Verstoß gegen die guten Sitten, sondern begnügte sich mit ein paar theatralischen Seufzern. Als der Butler die Ankunft Sir Neville Fortescues meldete und sich erkundigte, ob Ihre Gnaden den Herrn empfangen wolle, schmollte sie noch ein wenig auffälliger.
“Selbstverständlich”, sagte Diana entschieden. “Führen Sie ihn herein. Und solange er bleibt, möchte ich niemanden sonst sprechen.” Da rauschte Isabella empört aus dem Zimmer.
Allem Anschein nach bekam Neville seine neue, fragwürdige Berühmtheit gut, denn er sah besser denn je aus. Ein ironisches Lächeln umspielte seine Lippen, was seinem Gesicht mehr Charakter verlieh. Darüber hinaus kleidete er sich etwas weniger konservativ als früher, nicht mehr wie ein nüchterner, aufstrebender Politiker, sondern regelrecht elegant.
Diana ging ihm mit ausgestreckten Händen entgegen. “Sie sehen großartig aus, wenn man bedenkt, dass Sie sozusagen im Auge eines Wirbelsturms stehen.”
“Warum auch nicht”, entgegnete er lachend. “Schließlich habe ich keinen Mord begangen. Bei all der Aufregung könnte man meinen, dass vor mir noch nie ein Mann wegen Trunkenheit verhaftet wurde. Und während ich still und friedlich in der Gosse lag, habe ich wenigstens keinem Menschen geschadet – im Gegensatz zu so manchem Heuchler im Parlament, der sich mir nun moralisch überlegen fühlt.”
Sie stimmte herzlich in sein Lachen ein. “Dafür können Sie mich für meinen Fauxpas tadeln. Sicherlich wissen Sie es schon.”
“Ja, in der Tat. Herzlichen Glückwunsch, da haben Sie den Richtigen getroffen! Ehrlich gesagt kann ich Henry Latimer nicht leiden. Ich gehe davon aus, dass Sie einen guten Grund hatten, ihn so hart zu züchtigen.”
“Nehmen wir zuerst Platz. Jawohl, es gab einen Grund, der übrigens auch Sie betrifft. Latimer stellt mir schon seit geraumer Zeit nach. Gestern Abend raunte er mir ständig zärtliche Worte ins Ohr, während wir tanzten. Da ich jedoch nicht darauf einging, ließ er schließlich eine äußerst unangenehme Anspielung über Sie und mich fallen.”
Wütend sprang Neville auf. “Bei Gott, ich werde ihn zum Duell fordern, das schwöre ich!”
“Nein, nicht doch! Deswegen erzähle ich Ihnen das alles nicht. Bedenken Sie, was für einen Skandal das hervorrufen würde. Ganz abgesehen davon möchte ich nicht, dass Sie sich um meinetwillen in Gefahr begeben.”
Mit einiger Mühe zügelte Neville seinen Zorn und ließ sich wieder auf dem Sofa nieder. Was war bloß in ihn gefahren? Allein die Nachricht, auf welche Weise Latimer Diana beleidigt hatte, brachte ihn plötzlich zur Weißglut. Am liebsten würde er sie in seine Arme schließen und trösten, nur dass sie ganz offensichtlich keinen Trost brauchte.
Keine andere Frau, die er kannte, besaß so viel innere Stärke. Je näher er sie kennenlernte, desto mehr bewunderte er sie.
“Was genau hat er denn über uns beide gesagt?”, erkundigte er sich.
“Meine Abfuhr muss ihn sehr verärgert haben. Jedenfalls deutete er an, ich würde meine Gunst wohl lieber einem selbstgefälligen Dummkopf schenken, der seine Nase in fremde Angelegenheiten steckt.”
“Dann weiß Latimer also, dass ich nach den vermissten Mädchen suche?”, rief er. “Er kann sich nur darauf bezogen haben, im Moment befasse ich mich ja mit keiner anderen Angelegenheit. Das beweist, dass er über dieses schmutzige Geschäft Bescheid weiß. Da hat er in seinem Zorn einen groben Fehler begangen.”
“Allerdings. Er fühlte sich von mir gedemütigt, also verlor er die Beherrschung. Und ich ebenfalls, was ich nicht bereue.”
“Haben Sie ihm geantwortet?”
“Nur mit einem kräftigen Tritt auf den Fuß. Ich hielt es für das Klügste, zu schweigen.”
“Wenn es nach mir ginge, würde ich ihm noch weit Schlimmeres verpassen als einen Tritt. Aber dadurch würde ich mich ebenso verraten wie er. Ein Duell kommt nicht infrage, da gebe ich Ihnen recht. Neulich bemerkte einmal ein Bekannter von mir, er begreife nicht, wie Latimer sich seinen aufwendigen Lebensstil leisten kann, da sein Vater ihm nur Schulden hinterlassen habe. Ich erwiderte naiv, vielleicht habe er irgendeinen reichen Verwandten beerbt. Inzwischen sehe ich die Sache natürlich in einem anderen Licht. Wohlgemerkt, ich weiß von keiner Verbindung zwischen Latimer und Sir Stanford Markham.”
“Henry steht mit
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