Ein süßes Abenteuer
Rothwell, das habe ich bis vor Kurzem immer getan”, lautete seine überraschende Antwort. “Und ehrlich gesagt habe ich ein verdammt langweiliges Leben geführt und wenig Bemerkenswertes oder Nützliches geleistet. Nun kann ich mit etwas Glück einem schändlichen Verbrechen den Riegel vorschieben, und wenn ich mich dabei in Gefahr begeben muss, dann nehme ich das gerne in Kauf.”
“Das haben Sie schon einmal getan”, rief sie ihm mit wenig Taktgefühl in Erinnerung.
Gereizt wandte Neville sich Jackson zu, der keine Miene verzog, obwohl ihm das sichtlich schwerfiel. “Verstehen Sie jetzt, weshalb ich sagte, dass sie mir das Leben schwer macht?”
“Wie bitte? Und was tun Sie?”, rief sie entrüstet. “Mit welchem Recht machen Sie mir Vorschriften, wo wir doch nicht einmal verheiratet sind?”
Kaum hatte sie ausgesprochen, hielt sie sich entsetzt die Hand vor den Mund. Lieber Himmel, was hatte sie da gesagt!
“Soll das etwa heißen, dass Sie mir widerspruchslos gehorchen würden, wenn ich Ihr Gatte wäre?”
“Ja … nein!”, stammelte Diana errötend. “Lassen wir es dabei bewenden, Sir Neville, Mr. Jackson wundert sich schon über unser Wortgefecht.”
“Wahrscheinlich hält er uns für völlig verrückt, Mrs. Rothwell.”
“Bitte hören Sie auf, mich Mrs. Rothwell zu nennen.”
“Darf ich Sie daran erinnern, dass Sie sich selbst unter diesem Namen vorgestellt haben?”
“Und unter welchem Namen wollen Sie sich mit Mr. Jacksons Informanten treffen? Sicherlich werden Sie sich nicht als Sir Neville Fortescue zu erkennen geben.”
Neville setzte zu einer scharfen Erwiderung an, doch als er das Funkeln in ihren Augen bemerkte, ging ihm auf, dass sie ihn bloß neckte und ein wenig mit ihm kokettierte. Natürlich hatte er, humorlos wie eh und je, ihre Worte ernst genommen. So viel zu seinem Vorsatz, sich zu ändern.
Plötzlich sehnte er sich danach, sie in seine Arme zu schließen und sie bis zur Besinnungslosigkeit zu küssen. Stattdessen hob er gespielt hilflos die Hände. “Schon gut! Wie auch immer Sie sich zu nennen belieben, Sie haben gewonnen. Erlösen wir nun Mr. Jackson aus dieser peinlichen Situation.”
“Nicht doch, ich fand sie durchaus amüsant”, warf Jackson ein, was für einen allgemeinen Heiterkeitsausbruch sorgte. Bald danach brachen Diana und Neville in aufgeräumter Stimmung auf.
Bis zur Unkenntlichkeit verkleidet betrat Neville am Abend das Kaffeehaus. Nach seiner Rückkehr von Jackson hatte er Lem gebeten, unter irgendeinem Vorwand ein paar Kleider von einem Stallburschen zu borgen, der ungefähr dieselbe Statur wie sein Herr hatte. Sauber, doch mehrmals geflickt, gehörten die Sachen ganz offensichtlich einem Diener. Da sie immer noch zu ordentlich und anständig wirkten, beschmutzte er sie mit etwas Asche aus dem Kamin in seinem Schlafzimmer, und ebenso sein Gesicht und seine Hände.
Zur Sicherheit steckte er eine kleine französische Pistole in eine der geräumigen Hosentaschen. Damit konnte er zwar nur einen einzigen Schuss abfeuern, aber falls etwas schiefging, würde er sich wenigstens verteidigen können.
Da klopfte es an der Tür. “Sir?”, rief Lem, um sich zu erkennen zu geben, ehe er eintrat. Die übrigen Dienstboten, die nicht über Nevilles Pläne Bescheid wussten, durften das Schlafzimmer im Moment nämlich nicht betreten. “Donnerwetter, Sie sehen ja wie ein richtiger Gauner aus, Sir!”
“Genau das bezwecke ich mit meiner Verkleidung.”
“Verzeihung, Sir, aber Ihre Aussprache wird Sie sofort verraten. Sie sprechen wie ein gebildeter Gentleman.”
Neville stöhnte. “Ich werde mich bemühen, möglichst zu schweigen. Und wenn ich etwas sagen muss, werde ich stottern, als hätte ich einen Sprachfehler.”
“Nun ja, vielleicht kommen Sie damit durch”, meinte Lem unsicher.
“Mir bleibt nichts anderes übrig.”
Nachdem Lem ihm viel Glück gewünscht hatte, begab sich Neville durch die belebten Straßen Londons zu seinem Treffen. Ganz gleich, was nun geschah, nichts konnte ihn mehr von seinem Kampf gegen die Verbrecherbande abhalten. Im Kaffeehaus angekommen, entdeckte er Jackson an einem der Tische, die am weitesten von der Eingangstür entfernt lagen.
Während er sich dem Ermittler näherte, betrachtete dieser seine Verkleidung mit prüfendem Blick. “Sehr gut. Ich wusste, dass ich mich auf Sie verlassen kann.”
“So? Dabei komme ich mir in diesen Sachen richtig albern vor. Ist Ihr Mann auch schon da?”
Jackson lachte. “Nein,
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