Ein sueßes Stueck vom Glueck
und löschte die Tatsache, dass sie ihn in seiner Welt behelligt hatte, aus seiner Erinnerung.
Sie sorgte dafür, dass er auf seinem Gesicht einen imaginären Schokoladenstreifen hinterließ, als er die Strähne hinters Ohr steckte.
Aber irgendetwas fehlte; so war das nun mal bei einem imaginären Racheakt. Sie hätte all das am liebsten fortgewischt. Und sich dann die Finger abgeleckt.
Sie ertappte sich dabei, dass sie tatsächlich an ihrem Finger lutschte. Sie blinzelte, zog ihn aus dem Mund, wischte ihn an ihrer Jeans ab und schaute sich um.
Die Jacke des Chefkonditors, die sie leihweise getragen hatte, hing an einem Haken; sie ließ den Originalschlüssel wieder in die Jackentasche gleiten und verließ den Eingangsbereich. Der nachgemachte Schlüssel steckte in der hinteren Tasche ihrer Hose.
Im Herzen des Laboratoire gelang es ihr endlich, Sylvain Marquis zu vergessen. Nein, das stimmte nicht. Es war unmöglich, ihn zu vergessen, während sie in seinem Herzen dahinschmolz. Richtiger wäre, zu sagen, dass er sich wie ein Magier in die dunklen Tiefen ihres Geistes zurückzog und ab und an seine Augen aufblitzen ließ, um ihr zu zeigen, dass er, der all das, was vor ihr lag, geschaffen hatte, noch da war. All das geschaffen hatte, was sie umgab. Wie durch einen Zauber aus einem alten Märchen hatte er hier sein Herz erschaffen, und sie war hineinmarschiert.
Schokolade war ihr Leben, von klein auf, doch bevor sie in Sylvain Marquis’ Werkstatt aufgetaucht war, hatte sie etwas Vergleichbares noch nie gesehen.
Dieser Ort war genau so, wie die Welt sein sollte; die Tatsache, dass er real war, überwältigte sie. Ihr Herz begann so stark zu klopfen, dass es bis in ihre Kehle hämmerte, und Teile davon wollten sogar als Tränen aus ihren Augen herausfließen. Sie kam sich vor wie ein Kind, das von Wundern geträumt, aber niemals welche gesehen hatte, und nun in einem verzauberten Wald stand.
In den Untiefen brauner Arbeitsflächen, dunkler Schatten und glänzenden Marmors standen Stapel von großen Kesseln – Temperiergefäße für die Schokolade, sorgfältig gesäubert für den nächsten Tag. Die heutigen Erzeugnisse der Zauberwerkstatt standen in zahllosen Schokoladenschachteln gestapelt auf einem Tisch. Morgen würden sie in Schauvitrinen verlegt oder in Kühltransportern ihren Weg in das luxuriöses Leben eines Menschen finden, um es ein oder zwei Bissen lang zu verändern.
Sie ging zu dem Regal mit den Aromen. Was die Flaschen genau enthielten, ließ sich heute Nacht kaum besser entziffern als aus der Entfernung, in der sie sich während des Workshops gezwungenermaßen befunden hatte. Sie strich mit dem Daumen über eine Aufschrift und kniff die Augen zusammen, um im schwachen Licht der Stadt das Wort citron zu entziffern. Als sie das Gefäß öffnete, entwich der Flasche der Geist der Zitrone und flutete mit seinem Duft den Raum, wobei er für einen winzigen Augenblick sogar das Aroma der Schokolade übertönte. Sie verschloss das Gefäß wieder, doch dabei blieb etwas an ihrem Daumen zurück, das sie mit sich trug, während sie das Regal entlangwanderte.
Sie orientierte sich am Aroma, das erwies sich als einfacher, als die jeweiligen Worte zu entziffern. Ein Behältnis klapperte ein wenig und entließ einen pikanten Duft. Mit dem Finger ertastete sie die vertrauten Rundungen von Pfefferkörnern. Ein anderes Gefäß verwirrte sie für einen Moment mit seinem Lakritz-Aroma. Sie ertastete raue Sterne … Sternanis. Vanille war einfach. Sie konnte nicht widerstehen, eine Schote herauszunehmen, mit dem Finger ihre glänzende und runzlige Oberfläche entlangzufahren und so das Aroma aufzunehmen. TAHITI prangte auf der Kiste mit den Gewürzsäckchen; das Wort war groß genug geschrieben, dass sie es sogar im Dunkeln erkennen konnte.
Eine Spur von Vanille und Zitrone hinter sich her ziehend tauchte sie ihre Hand in einen großen Jutesack mit dem Aufdruck IRAN. Etwas Rundes glitt über ihre Hand, ein eigenartig intensives und angenehmes Oberflächengefühl. Pistazien. Als sie ihre Hand wieder herauszog, umschloss sie ein paar Nüsse mit der Faust und aß sie; dabei nahm sie das ungeröstete Aroma in sich auf, wie sie zuvor Zitrone und Vanille auf ihre Haut hatte übergehen lassen.
PERIGORD besagte die Aufschrift einer Kiste voller Mandeln. Auch davon aß sie eine, nahm eine Handvoll heraus und ließ sie aus der Hand zurück in die Kiste gleiten.
Ständig belauerte sie der Magier, in jedem der besonders
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