Ein sueßes Versprechen
und schlief sofort ein, und träumte von einer schwer zu fassenden, faszinierenden jungen Dame, die liebend gern Walzer tanzte.
Er wachte rechtzeitig zum Lunch auf und begab sich mit der angesichts seines Traumes gebotenen Vorsicht in den Speisesalon, wo sie nun zu dritt um einen großen Tisch saßen.
»Da sind Sie ja, mein lieber Junge!« Esme lächelte strahlend. »Danke für Ihre Begleitung zu dem Ball gestern – der Abend hat all meine Erwartungen erfüllt.«
Er war nicht ganz sicher, ob er wissen wollte, was alles zu ihren Erwartungen gehört hatte. Er neigte den Kopf in einer unbestimmten Antwort, griff nach dem Stuhl neben ihrem und gegenüber von Lorettas, und zog ihn heraus.
Loretta hob den Blick, sah ihm in die Augen und nickte ihm zu.
»Guten Tag, mein Herr. Ich nehme an, Sie haben gut geschlafen?« Ihr Lächeln wirkte leicht geheimnisvoll, als dächte sie über andere Sachen nach. Angenehme Sachen.
Er stieß den Atem aus, den er unwillkürlich angehalten hatte, und setzte sich.
»Das habe ich, danke.« Am Ende wenigstens . Er verkniff sich die Frage, ob sie das auch getan hatte. Wenigstens versuchte sie heute nach dem Kuss am Vorabend nicht, ihn zu Eis zu frieren.
Das wertete er als Fortschritt.
Fortschritt in Richtung auf etwas, von dem er sich nicht sicher war, was es war und was er, wenigstens zu diesem besonderen Zeitpunkt, eigentlich auch gar nicht näher erkunden wollte.
Es gab eine Zeit und einen Ort für gründliches Überlegen, aber mitten in einer Mission war das nicht angebracht. Was auch immer das war, was zwischen ihnen aufgeflammt war, was auch immer es war, was den Kuss letzte Nacht zu etwas Besonderem gemacht hatte, was immer daraus erwachsen konnte, das alles musste warten. Jetzt hingegen …
Jetzt musste er die Augen aufhalten und nach Sektenanhängern Ausschau halten.
Das Mittagessen verlief entspannt und unaufgeregt. Nachdem sie sich alle vom Tisch erhoben hatten, sprach er mit dem Kapitän, dann ging er zurück aufs Aussichtsdeck und traf Loretta dort wieder beim Sticken. Er ließ sich auf dem Liegestuhl neben ihr nieder und erwiderte ihr Lächeln, als sie kurz von ihrer Handarbeit aufschaute. Dann streckte er die Beine aus,verschränkte die Hände über seinem Bauch und starrte auf den Fluss, der sich langsam wie ein stahlgraues Band vor ihnen erstreckte.
Nach und nach wurden ihm die Lider schwer, dann fielen sie ihm ganz zu.
Loretta bemerkte seinen ruhigeren Atem, dann ein leises Schnarchen.
Sie blickte ihn an. Dann wandte sie sich leise lächelnd wieder ihrer Stickerei zu.
Am nächsten Nachmittag war Rafe wesentlich wachsamer, wiederum angespannt und auf der Hut, als er und Hassan Loretta und Esme mit ihren Zofen auf einem kurzen Rundgang durch Linz begleiteten.
Die Uray Princep hatte vor einer knappen Stunde angelegt und war am Kai vertäut; der Kapitän hatte verkündet, dass sie wieder früh am nächsten Morgen weiterfahren wollten. Daher gab es nur ein paar Stunden, die ihnen zur Verfügung standen – und Esme war entschlossen, sich die Beine zu vertreten und etwas von der kleinen Stadt zu sehen. Nach zwei Tagen ohne Unterbrechung an Bord konnte Loretta nicht anders, als ihr beizupflichten. Zudem hatte Loretta ihm mitgeteilt, er habe es mit vernünftigen und besonnenen Frauen zu tun, wofür er dankbar sein solle.
Diese Bemerkung entlockte Rafe ein verwundertes Blinzeln, bevor er sich widerstrebend mit dem geplanten Landgang einverstanden erklärte.
Während sie Esme über den Mittelgang in der Martinskirche folgte, konnte sich Loretta einfach nicht entscheiden, was sie wegen Rafe unternehmen sollte, ob sie ihn weiter auf Abstand halten sollte – was auf dem Ball spektakulär gescheitert war – oder ob sie sich lieber auf eine neue Strategie verlegen sollte, sich von der Strömung treiben zu lassen, und sehen, wohin sie das brachte. Wohin es sie beide brachte.
Letzteres hatte sie veranlasst, ihn unter dem Vorwand, ihm für die Rettung danken zu wollen, erneut zu küssen. Einfach, um zu sehen, was sie dabei lernen konnte. Wie zuvor schon hatte die Erfahrung nur mehr Fragen aufgeworfen, statt welche zu beantworten.
Dicht hinter Esme gehend, bewunderte sie pflichtschuldig die Schnitzereien, den reich verzierten Altar, die Kapelle und das Kirchenschiff, aber obwohl Teile der Kirche aus dem Jahr 799 stammten, fand sie wenig, was ihre Fantasie anregte. Sie überließ Esme der Betrachtung des Chorgestühls und schlenderte zu Rafe zurück, der am Ende des
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