Ein sueßes Versprechen
Verwandte mit einem warnenden Blick, aber Esmes eifrige Antwort machte es ihr leichter, den Punkt anzusprechen. Esme und Richard waren lange und glücklich verheiratet gewesen, hatten einander aufrichtig geliebt. Wenn irgendjemand wusste, wie eine Michelmarsh-Frau am besten eine Ehe anging, dann war das Esme.
Nachdem sie ihre Gedanken gesammelt hatte, begann Loretta zu reden:
»Die Angelegenheit hat einen Punkt erreicht, an dem seiner Ansicht nach der nächste Schritt, einmal gemacht, unwiderruflich zur Ehe führt. Allerdings kann ich meiner Meinung nach keine ausreichend begründete Entscheidung treffen, ihn zu heiraten, bevor ich nicht diesen Schritt getan habe … und vermutlich noch weitere danach.«
»Ah ja.« Man musste Esme zugutehalten, dass sie sich eine etwaige Belustigung nicht anmerken ließ. »Der Schritt. Ja, ich kann das Dilemma erkennen.« Sie machte eine Pause, sichtlich nachdenklich. Ihre Miene wurde dabei ernster. »Leider muss ich dir sagen, dass das ein Dilemma ist, für das du eine Lösung finden musst. Du kannst es nicht vermeiden. Es ist entstanden, weil er der Mann ist, der er ist. Und, ehrlich gesagt, du würdest den lieben Jungen gar nicht ohne diesen Anflug ritterlicher Loyalität haben wollen. Es ist ein Teil von ihm, den du ihm weder abgewöhnen kannst noch willst. Daher wirst du einen Weg finden müssen, ihn zu umgehen.«
»Aber wie denn? Ich möchte mich vorwärtsbewegen und lernen, was ich wissen muss, und er klammert sich jetzt auf einmal an Sitte und Anstand.«
»Nicht so sehr Sitte und Anstand, sondern eher an das, was er für ehrenwert hält. Aber sag mir eines – was willst du von seinem nächsten Schritt lernen?«
Die Frage ließ Loretta innehalten. Sie wusste, was sie wollte, aber wusste sie auch warum?
»Ich muss erfahren … ob das, was zwischen uns ist, mächtig genug ist, faszinierend und stark genug, um mich zu halten. Um meine Aufmerksamkeit zu fesseln, nicht nur weil es neu und aufregend ist, etwas, was ich noch nie zuvor empfunden habe, sondern weil es etwas ist, nach dem ich mich sehne und immer sehnen werde … bis dass der Tod uns scheidet.«
Esme betrachte sie scharfsinnig.
»Aus dem Mund einer jeden jungen Frau wäre das eine gute Antwort, aus dem einer Michelmarsh jedoch ist es eine ausgezeichnete Erwiderung. Genau genommen, die einzig richtige Antwort. Und gleichgültig, welche gesellschaftlichen Konventionen und Ermahnungen dagegen sprechen, hast du recht. Du folgst dem richtigen Pfad. Michelmarsh-Frauen sind noch nie gut gefahren mit Ehen, die in der Beziehung, die du gerade beschrieben hast, unbefriedigend waren. Du willst lieber nicht wissen, wie es meiner Tante Gertrude ergangen ist – oder ihrem Ehemann. Sie war die letzte Michelmarsh, die ihr wahres Wesen zu leugnen versucht hat und sich für eine Ehe entschieden hat, in der die besonderen Eigenheiten unserer Familie unberücksichtigt blieben.«
Loretta nickte.
»Also habe ich recht. Das dachte ich mir schon.«
»Allerdings. Aber bevor du weitermachst, wozu ich dich ermutigen möchte – was sonst kannst du schon tun? –, sollte ich dich darauf aufmerksam machen, dass es eine gewaltige und unausweichliche Folge geben kann, die du in Erwägung ziehen musst, bevor du diesen unwiderruflichen Schritt gehst.«
»Welche Folge?«
»Die Hochzeit, von der er gesprochen hat? Wenn du den nächsten Schritt machst und alle Kriterien erfüllt sind, wird es dazu kommen. Es wird sich nicht vermeiden lassen. Sobald du den Schritt gemacht hast und die Wahrheit erfährst, und die Antwort positiv ist, musst du bereit sein, sie anzunehmen und bis ans Ende deiner Tage zu achten. Wie ich es getan habe, wie es dein Vater getan hat und wie deine Schwestern und Brüder – sogar Robert – es tun werden. Es ist nichts, was man erklären kann, aber sobald dein Herz darin verwickelt ist, gibt es kein Zurück mehr.«
Esme verzog das Gesicht.
»Das ist die eine Seite der Münze. Die andere ist, dass, wenn du den nächsten Schritt tust und die Antwort negativ ausfällt, du dich, sobald du das erkannt hast, zurückziehen und ihn gehen lassen musst. Mehr noch, du musst die Verbindung kappen, einen Riss zwischen euch herbeiführen, so grausam das auch scheinen mag.« Sie machte eine kleine Pause, fuhr dann fort. »Die Wahrheit ist doch, dass für eine Michelmarsh dein nächster Schritt der alles entscheidende ist. Wenn du gewinnst, gewinnst du alles. Wenn du verlierst, verlierst du alles. Du wirst noch nicht einmal
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