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Ein Tag im Maerz

Ein Tag im Maerz

Titel: Ein Tag im Maerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Thompson
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Ihre Schuhe waren einfache schwarze Ballerinas. Schwarz   – die Farbe der Trauer um das Ende der Beziehung und über das Doppelleben ihres untreuen Mannes. Die einzigen Farbkleckse in rabenschwarzer Finsternis bildeten der Hauch eines grünen Lidschattens und eine silberne Halskette, die hell vor dem tintigen Hintergrund glänzte.
    Tanya war mitgekommen, um Sara moralisch zu unterstützen, aber sie hatte versprochen, ruhig und still zu bleiben. Tanya machte es stinksauer, wie sich die Presse über Saras Angelegenheiten ausließ, aber besonders wütend war sie auf Tom, weil er das Ende seiner Ehe benutzte, um die Massen in seine neue Ausstellung zu locken. Sie ging hinter Sara, ein paar Schritte entfernt, damit Sara wusste, dass sie da war.
    Die Betreiber des Cafés waren überhaupt nicht auf das Interesse vorbereitet gewesen, das die Ausstellung auf sich zog. Die Stille des Cafés   – meist nur von gedämpften Unterhaltungen durchbrochen, dem Geräusch einer Gabel auf einem Teller und von Tassen, die vorsichtig abgestellt wurden   – hatte ein lautstarker Ausbruch beispielloser Aufmerksamkeit zerrissen. Ein gebräunter Mann mit zurückgegeltem Haar   – einer der Besitzer, vermutete Sara   – schoss hin und her, murmelte mit finsterem Gesichtsausdruck vor sich hin und trug rasch Geschirr ab.
    Sara entdeckte Tom mitten in einer bescheidenen Schar von Medienleuten, wie sie typisch war für eine Vernissage. Er hielt ein Glas mit perlendem Champagner und zuckte nervös. Sein Blick fiel auf sie, und plötzlich schien er nicht mehr zu hören, was die Menschen ringsum sprachen, doch Sara bedeutete ihm mit einem Nicken, weiterzumachen und sie vorerst in Ruhe zu lassen. So gut, wie sie einander kannten, wog ein simples Nicken mehr als tausend Worte auf.
    In dem Teil des Cafés, in dem sich die Ausstellung befand, war das Licht ein wenig gedimmt worden. Das Erste, was Sara vor sich sah, war eine kleine Badewanne auf dem Fußboden, in der ein Handy unter Wasser lag. Es war so simpel, so offensichtlich, aber es brachte ihren ganzen Zorn zurück, den sie empfunden hatte, als sie Toms Geheimnisse entdeckte. Sie hatte alles zerstören wollen. Sie hatte die Bilder von den Wänden reißen wollen, die Bettlaken zerschneiden und alle seine Kleidungsstücke mit Farbe übergießen. Sara hatte ihn genauso zerstören wollen, wie er sie durch seine Taten zerstört hatte.
    An der linken Wand hingen Gemälde und Collagen, die alle Sara als Motiv hatten. Ein merkwürdiger Anblick, stellte sie fest, sich mit einer Hand durchs Haar zu fahren und dabei die Finger am unteren Ende des Halses abzustützen. Die Bilder zeigten keine großen Ausschnitte von ihr, nur die Wölbung einer Augenbraue oder ihren Rücken. Wie er sie darstellte, ließ er sie weitaus schöner erscheinen als in dem Bild, das sie selbst von sich im Kopf hatte.
    Ein weiterer Teil der Ausstellung bestand aus einem Laptop, der demontiert worden war. Tom hatte Tasten herausgenommen und zu einem »Es tut mir leid« angeordnet, die an unsichtbaren Drähten über der Tastatur schwebten und aussahen, als flögen sie aus dem Computer heraus. Ein wenig künstlerische Freiheit war wohl vonnöten, denn immerhin hatte eine Tastatur nur ein E, ein I und ein T, aber irgendwie funktionierte es.
    In einem großen Bilderrahmen sah sie ein Foto von Tom mit weißen Schildchen an verschiedenen Stellen in seinem Gesicht, die mit einer klassischen Schreibmaschinenschrift bedruckt waren. Sie lauteten: »Ich war ein Narr«, »Ich habe einen Fehler begangen« und »Ich bin nur ein Mensch«. Sara fand es atemberaubend und empfand eine Flut der Liebe, die über sie hinwegspülte, ganz wie bei ihrem ersten Rendezvous. Sie wusste jetzt, dass ihr etwas Besonderes bevorstand.
    An der hinteren Wand befand sich ein Projektionsschirm, auf dem ein offenbar männliches Model zu sehen war, das sich in glänzendes schwarzes Klebeband hüllte und sang. Sara sah, dass an der Installation Kopfhörer bereitlagen.
    Etliche Menschen schlenderten herum, standen zwischenden Ruinen von Saras Vergangenheit und Toms Gegenwart und bekundeten, wie schmerzlich schön es alles war. Einige von ihnen erkannten Sara, stießen ihre jeweiligen Begleiter an und flüsterten ihnen ins Ohr.
    Doch Sara war es nicht peinlich.
    Sie hatte gerade begriffen, wie sehr Tom sie liebte, und es traf sie wie ein Blitzschlag und sandte ihr Schauder über den Rücken. Sie war bis zu dem Punkt gerührt, an dem sie sich weinend auf den Boden

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