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Ein Tag im Maerz

Ein Tag im Maerz

Titel: Ein Tag im Maerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Thompson
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finster   – die Werke an, die ihre beste Freundin zeigten und die Wände des Cafés schmückten.
    Sara ging zu der Videoprojektion und setzte sich die Kopfhörer auf. Sie bekam eine Gänsehaut, als sie die Musik hörte: Sweetest Thing von U2. Sie sang lautlos mit, während der dünne, blasse Mann an der Wand sich weiter in Klebeband einwickelteund verzweifelt in die Kamera starrte, während er den Text ebenfalls sang   … Dieser Ausdruck   – die Verzweiflung, die sie an jenem Abend in Toms Augen entdeckt hatte. Ihm war es gelungen, ihn perfekt einzufangen.
    Während sie sang, stellten sich die Härchen auf ihren Armen auf.
    Das Band bedeckte die Beine und den Bauch des Models jetzt komplett; der Clip lief im Zeitraffer, sodass das Einwickeln schnell erfolgte, aber seine Mundbewegungen waren synchron zu der Musik und erzeugten eine merkwürdige Wirkung, die tief in Sara eindrang und ihr die Tränen in die Augen trieb.
    Als im Songtext vom Zusammennähen von Tränen die Rede war, konnte sie sich des Gedankens nicht erwehren, dass es genau darum ging. Man konnte sie immer wieder vernähen, sie mit etwas abdecken und so tun, als wäre alles okay   … Aber man würde die Narbe immer noch sehen, die Naht, an der alles zerrissen war.
    Eine Träne rann ihr aus dem Auge, und von der Seite sah sie einen Blitz, als ein Fotograf sich die Freiheit nahm, diesen Moment emotionaler Nacktheit einzufangen.
    Das Model war jetzt bis zum Hals in dem Band eingewickelt, und während Sara das Bild anstarrte, schlug etwas an dieser verrückten Handlung eine Saite in ihr an. Ihr stieg ein Kloß in den Hals, so hart wie Stein.
    Plötzlich fühlte sie, dass jemand sie sanft am Arm berührte. Sie wusste sofort, dass es Tom war.
    Sara drehte sich langsam um und sah ihn an. Ihr Gesicht war völlig reglos, die Muskeln bewegten und spannten sich nicht wie sonst, wenn sie versuchte, ihre Tränen zurückzuhalten. Sie flossen ihr einfach aus den Augen.
    Tom streckte die Hand vor und fasste ihr unters Kinn, hob leicht ihr Gesicht. »Du bist so schön«, flüsterte er und wischteihr die Tränen ab. »Ich bin so froh, dass du gekommen bist, damit ich endlich sagen kann, was ich getan habe, und was nicht.« Er zog sie ein Stück weit in die Ecke, außer Sicht neugieriger Blicke, und drehte sie zu sich, damit sie ihn ansah. »Ach, Sara, wie konntest du an mir zweifeln?«, fragte er beschwörend.
    Sara rührte keine Miene und hielt den Mund fest geschlossen, als er begann, in ihren Augen nach der Antwort zu suchen.
    »Hör mir zu, Sara. Zuerst lass mich sagen, dass es mir leidtut, zu was für einer großen Sache sich das hier ausgewachsen hat. Ich hatte keine Ahnung, dass die Geschichte von den ganzen überregionalen Medien aufgegriffen würde, nachdem die Lokalzeitung davon Wind bekam, aber offenbar lässt sich nichts mehr im Zaum halten, sobald man einmal etwas gesagt hat. Das ist ein verdammter Albtraum. Aber du musst wissen, dass ich dich nicht betrogen habe   … Du hast mich völlig abgeblockt, und ich hatte keine Chance, dir zu erklären, was eigentlich los war. Das ist wirklich entsetzlich gewesen   …«
    Sara sah ihn wütend an, während das Model neben ihnen auf dem Bildschirm flackernd vor sich hin sang, jetzt fast völlig in das schwarze Klebeband eingewickelt. »Ich habe eben nicht mehr das Gefühl, ich könnte dir vertrauen, Tom   – was willst du dagegen denn anführen? Du hast ein Profil auf einer Dating-Site, und es wurde benutzt«, sagte sie mit zusammengebissenen Zähnen. Sie zog sich von Toms Händen zurück und wischte ihr Gesicht trocken, dann verschränkte sie die Arme und sah sie wieder an.
    Tom seufzte. »Hör mir zu. Ich weiß, dass es nicht gut für mich aussieht. Das ist mir klar. Ich habe das Profil vor Jahren eingerichtet, bevor wir uns kennengelernt haben. Damals habe ich mich darüber auch verabredet. Als wir zusammen waren, haben mich aus irgendeinem dämlichen Grund die Botschaften, die ich bekam, immer noch fasziniert.« Tom senkte den Blick,Schmerz im Gesicht. »Einige waren sehr komisch, andere befremdend   … ich habe mir eigentlich nur einen Spaß damit gemacht   … Ich gebe ja zu, dass es unglaublich dumm von mir war, und unehrlich auch, in vielerlei Hinsicht, und gemein gegenüber den Frauen, die Kontakt zu mir herstellen wollten   …« Tom sah sie an, sah ihre Miene und redete rasch weiter, ehe sie etwas sagen konnte. »Aber ich kann dir mit reinem Herzen schwören, dass ich mich niemals

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