Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Tag im Maerz

Ein Tag im Maerz

Titel: Ein Tag im Maerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Thompson
Vom Netzwerk:
flüsterte sie wieder.
    SCHNIEF.
    Verfluchte Scheiße, dachte sie. Wie kann ein einzelner Mensch so oft schniefen müssen. Jetzt konzentrier dich   …
    Sie rief sich in Erinnerung, dass sie Mr. Webb die Posterentwürfe mailen musste, weil ihm beim letzten Mal die Schriftart nicht gefallen hatte.
    SCHNIIIIEEEEF.
    Sie. Verlor. Hier. Langsam. Den. Verstand.
    Nicht. Mal. Mit. Der. Wimper. Zucken, wiederholte sie in ihrem Kopf.
    SCHNIIIIIIIIEEEEEEEEE!
    So, jetzt reicht’s. Bryony knallte beide Hände auf den Tisch. »Nora, soll ich dir ein Taschentuch geben?«, fragte sie. Sie wusste, dass sie so subtil und elegant war wie ein einbeiniges Rhinozeros und ihre Stimme wirklich aggressiv klang.
    Durch die Gewalt, mit der sie auf ihren Schreibtisch schlug, fiel die Origami-Ente, die mit Klebeband befestigt auf ihrem Computerbildschirm gestanden hatte, herunter und landete in ihrer halbleeren Kaffeetasse.
    Nora, deren Näschen ganz rot war, zuckte leicht zusammen. Sie war die Sorte junger Frau, die Kuchen backte und sie freitags mit ins Büro brachte und viel »Ach du jemine« und »Papperlapapp« sagte. Sie kniff die Augen zusammen, und ihre Wangen nahmen ein tiefes Rosarot an. Nora war blond, sehr blond, mit blasser, sommersprossiger Haut, und wenn sie sich ärgerte oder schämte, zeigte es sich sofort in ihrem Gesicht. Einmal hatte sie Bryony erzählt, ihre Haut sei so empfindlich, dass sie im Urlaub nach nur ein paar Minuten Sonnenbad ausgesehen hätte wie ein Brathähnchen am Imbissstand im Supermarkt. Damals hatte Bryony darüber gelacht, doch im Augenblick erschien ihr nichts als besonders komisch.
    Sie hatte ein unbehagliches Gefühl, weil sie begriff, dass sie Nora fies behandelte, aber sie konnte nicht an sich halten.
    »Ich habe selber welche, danke«, erwiderte Nora tapfer. Sie versuchte, die Situation herunterzuspielen, doch Bryony sah, dass ihr bereits die Tränen in die Augen stiegen.
    Sie war ziemlich sensibel.
    Doch das hielt Bryony nicht auf, konnte sie nicht aufhalten. »Wirklich? Wo? Weil du sie heute Morgen offenbar nicht benutzen willst«, sagte sie. Die Wut brauste ihr noch immer durch die Adern. Die fast greifbare Verzweiflung, ihren Freund verloren zu haben, hatte sich zu etwas weiterentwickelt, das stärker aggressiv und vulgär war, zerstörerisch sogar: eine toxische Wut, und Bryony wusste nicht, wohin damit.
    Nora verstummte und fuhr mit dem Tippen fort, während der Rest des Büros so zu tun versuchte, als hätte niemand den Wutausbruch gehört. Ein kleines Radio, das einen Song von Wham! spielte, war drastisch leiser gestellt worden; wer immer es getan hatte, musste um die psychologisch gefährliche Wirkung gewusst haben, die Club Tropicana auf jeden ausübte, der bereits wütend war.
    Dann geschah ein Wunder: Nora hätte fast wieder den Rotz hochgezogen, doch sie unterbrach sich mittendrin.
    Ha! Die Lage ist gerettet, dachte Bryony und begann, eine neue E-Mail zu verfassen.
    Doch da meldete sich David. David, der niemals, noch kein einziges Mal, den verdammten Tee aufgesetzt hatte und ständig erwartete, dass jemand anderer es erledigte. Immer. Diese Kleinigkeit ärgerte Bryony seit Monaten, hatte sie rasend gemacht, schon bevor sie zu einem reizbaren Monster geworden war. Sie hatte sich immer in die Teeküche begeben, wenn sie dazu aufgefordert wurde, die Tassen auf die Theke geknallt und leise über seine verdammte Bequemlichkeit geflucht. Sie hatte alles versucht: Sie hatte ihm Dutzende Süßstofftabletten hineingegeben, damit er ihren Tee so abstoßend fand, dass er sie nicht mehr fragte, sie hatte ihm seinen Tee aus bereits benutzten Beuteln aufgebrüht, sie hatte sogar die Beutel zu stark ausgequetscht, bis sie platzten und ihm die Blättchen im Tee herumschwammen. Doch nichts wirkte. Er war einer von diesen Hippietypen, der sich für »anders« und »cool« hielt, doch Bryony fand ihn nur schrecklich prätentiös. Er ließ seinen Bart derart wuchern, dass er aussah wie ein Penner.
    Bryonys Zorn flammte wieder auf, als David sich nach links beugte, damit er um ihren Computerbildschirm herumblicken konnte. »Bryony, Liebes, hast du Lust, Tee zu machen?«, fragte er in seiner tiefen Stimme, zog den Kopf zurück und tippte beiläufig weiter, als hätte sie bereits bejaht.
    Aber das hab ich nicht, verflucht, dachte Bryony. Heute war kein guter Tag, um ihr querzukommen.
    »Nein, David, habe ich nicht. Warum machst du dir deinen Scheißtee nicht mal selber?«, schrie sie, tippte kräftig auf

Weitere Kostenlose Bücher