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Ein Tag wie ein Leben

Ein Tag wie ein Leben

Titel: Ein Tag wie ein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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bis du wieder ganz gesund bist.«
»Ich bin doch gesund. Ich will nur, dass ihr mir versprecht, die
Hochzeit nicht zu verschieben. Ich freue mich schon die ganze Zeit
darauf.«
»Sei doch bitte nicht so eigensinnig«, flehte Jane ihn an.
»Wie oft muss ich es dir noch sagen? Das Fest ist mir wichtig.
Schließlich gibt es nicht jeden Tag eine Hochzeit!« Als er begriff,
dass er seine Töchter nicht überzeugen konnte, wandte er sich an
seine Enkelin. »Aber du verstehst doch wenigstens, was ich meine,
nicht wahr, Anna?«
Anna zögerte kurz. Ihr Blick wanderte zu mir, dann schaute sie
wieder ihren Großvater an. »Ja, natürlich, Grampa.«
»Das heißt, du verschiebst den Termin nicht? Versprochen?«
Sie griff instinktiv nach Keiths Hand.
»Versprochen«, sagte sie schlicht.
Noah lächelte, sichtlich erleichtert. »Danke!«, murmelte er.
Kate zupfte seine Decke zurecht. »Also dann - du musst gut auf
dich aufpassen«, sagte sie abermals. »Und in Zukunft solltest du ein
bisschen vorsichtiger sein.«
»Mach dir keine Gedanken, Dad«, versprach David. »Ich werde dafür sorgen, dass die Wurzel weg ist, wenn du zurückkommst.«
Nun wandte sich das Gespräch wieder der Frage zu, wie und warum
Noah gestürzt war, und mir wurde plötzlich bewusst, dass keiner der
Anwesenden erwähnte, weshalb Noah unten am Teich gewesen war.
Aber das war nur verständlich. Niemand wollte über den Schwan
sprechen.
    Vor knapp fünf Jahren hatte Noah mir erzählt, was es mit dem
Schwan auf sich hatte. Allie war einen Monat zuvor gestorben, und
Noah wirkte um Jahre gealtert. Er verließ so gut wie nie sein Zimmer, nicht einmal, um den anderen Senioren Gedichte vorzulesen.
Stattdessen saß er an seinem Schreibtisch, las die Briefe, die er und
Allie sich im Laufe der Jahre geschrieben hatten, oder blätterte in
Walt Whitmans Gedichtsammlung Grashalme.
    Wir versuchten mit allen Mitteln, ihn zu motivieren, an die frische
Luft zu gehen, und es ist wohl eine Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet ich derjenige war, der ihn zu der Bank am Teich brachte. An
jenem Morgen sahen wir das erste Mal den Schwan.
    Ich könnte nicht behaupten, dass ich gleich wusste, was Noah dachte. Ihm war nicht anzumerken, dass er irgendetwas Ungewöhnliches
in dieser Situation zu sehen glaubte. Ich erinnere mich aber noch
genau daran, dass der Schwan auf uns zuschwamm, als würde er
nach etwas Essbarem suchen.
»Ich hätte ein bisschen Brot mitbringen sollen«, sagte Noah.
»Das nächste Mal«, bemerkte ich.
Als ich zwei Tage später wieder zu Besuch kam, war Noah verblüffenderweise nicht in seinem Zimmer. Die Schwester sagte mir, er
sei am Teich. Tatsächlich saß er auf der Bank, neben sich eine Packung Wonderbread. Als ich näher kam, hatte ich das Gefühl, als
würde der Schwan mich aufmerksam betrachten, ohne jedes Zeichen
von Furcht.
    »Sieht so aus, als hättest du einen Freund gefunden«, sagte ich.
»Ja, sieht so aus«, murmelte Noah.
»Wonderbread?«, fragte ich.
»Das mag sie am liebsten.«
»Woher weißt du, dass es eine ›Sie‹ ist?«
Noah lächelte. »Das weiß ich eben«, sagte er. Und so fing alles an.
Seither füttert er den Schwan regelmäßig und geht bei jedem Wetter
    hinunter an den Teich. Er sitzt dort auf der Bank, gleichgültig, ob es
regnet oder ob die Sonne brennt. Im Laufe der Jahre hat er sich angewöhnt, immer mehr Zeit auf der Bank zu verbringen. Stundenlang
beobachtet er den Schwan und redet mit ihm. Es kann passieren, dass
er den ganzen Tag dort verbringt.
    Ein paar Monate nach seiner ersten Begegnung mit dem Schwan
fragte ich ihn, warum er so gern unten am Teich sitze. Ich dachte, er
würde sagen, weil es dort so friedlich sei oder weil er sich gern mit
jemandem unterhalte, auch wenn er keine Antwort erwarten könne.
    »Ich komme hierher, weil sie es will«, sagte er.
»Du meinst - die Schwänin will es?«
»Nein, Allie.«
Mir wurde beklommen ums Herz, als ich ihn den Namen seiner
    Frau aussprechen hörte, aber ich hatte noch nicht begriffen, was er
mir sagen wollte. »Allie möchte, dass du den Schwan fütterst?«
»Ja.«
»Woher weißt du das?«
Er seufzte. Dann schaute er mir in die Augen und sagte: »Das ist
sie.«
»Wer?«
»Allie. Die Schwänin.«
Ich schüttelte verwirrt den Kopf. »Ich verstehe nicht ganz…«
»Allie«, wiederholte er. »Sie hat eine Möglichkeit gefunden, zu mir
zurückzukommen. Genau wie sie es mir versprochen hat. Ich musste
sie nur finden.«
Und das ist der Grund,

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