Ein Tag wie ein Leben
Holz und Geräte gelagert hatte. Die Wände waren löcherig, das Dach
mit Rost bedeckt. Noahs Werkstatt, in der er früher den größten Teil
des Tages verbracht hatte, befand sich direkt hinter dem Haus. Die
Türflügel hingen windschief in den Angeln, und die Fenster waren
mit einer klebrigen Schmutzschicht bedeckt. Gleich dahinter lag der
Rosengarten, der so überwuchert war wie das Flussufer.
Ich parkte neben dem Haus. Vor der Eingangstür blieb ich zögernd
stehen. Sollte ich wirklich eintreten? Aber dann holte ich den Schlüssel aus der Tasche und steckte ihn ins Schloss. Als ich die Tür aufstieß, strömte gleißendes Sonnenlicht ins Innere.
Da die Fenster verbarrikadiert waren, lag das Hausinnere ansonsten
im Dunkel. Ich nahm mir vor, den Generator anzustellen, ehe ich
ging. Sobald sich meine Augen an die gedämpfte Beleuchtung gewöhnt hatten, konnte ich alles erkennen: direkt vor mir die Treppe,
die zu den Schlafzimmern führte, links das große Wohnzimmer, das
sich vom vorderen Teil des Hauses bis zur hinteren Veranda erstreckte. Hier würden wir die Tische aufstellen, befand ich, denn in
diesem Raum konnten alle Gäste mühelos Platz finden.
Es roch nach Staub. Selbst die Laken, die alle Möbelstücke bedeckten, waren verstaubt. Ich durfte auf keinen Fall vergessen, die Leute,
die diese Möbel wegtragen würden, darauf hinzuweisen, dass es sich
bei jedem Stück um eine wertvolle Antiquität handelte. Sie stammten
alle aus der Zeit, als das Haus gebaut wurde. Der Kamin war mit
handbemalten Kacheln gefliest. Ich erinnerte mich daran, dass Noah
mir vor vielen Jahren erzählt hatte, dass er einmal ein paar zerbrochene Kacheln ersetzen musste und zu seiner großen Erleichterung
herausfand, dass es das Geschäft, das die Originale gefertigt hatte,
immer noch gab. In der Ecke stand, ebenfalls mit einem weißen Laken verhängt, das Klavier, auf dem nicht nur Noahs Kinder, sondern
auch seine Enkel gespielt hatten.
Rechts vom Kamin befanden sich drei große Fenster. Ich versuchte
mir auszumalen, wie der Raum am Wochenende aussehen würde,
aber es wollte mir nicht gelingen - das Haus war einfach zu dunkel.
Ich hatte mir zwar schon genau überlegt, wie alles sein sollte, und ich
hatte meine Ideen sogar mit Jane besprochen, aber jetzt, vor Ort sozusagen, wurden plötzlich Erinnerungen wach, die eine solche Umgestaltung fast unmöglich erscheinen ließen.
Wie viele Abende hatten Jane und ich hier mit Noah und Allie verbracht? Sie waren nicht zu zählen, und wenn ich mich konzentrierte,
konnte ich mir einbilden, ich würde noch immer das Gelächter und
die fröhlichen Stimmen hören.
Vermutlich war ich hierher gekommen, weil die Ereignisse des
Vormittags die nostalgischen Gefühle, die mich zurzeit so oft überkamen, noch verstärkt hatten. Wieder spürte ich Janes Lippen auf
meinen, schmeckte ihren Lippenstift. Veränderte sich doch etwas
zwischen uns? Ich wünschte es mir so sehr, aber gerade deshalb
konnte es natürlich sein, dass ich es mir nur einbildete. Eins wusste
ich allerdings mit Sicherheit: Zum ersten Mal seit langem hatte es
einen Augenblick gegeben, wenigstens einen Augenblick, in dem
Jane mit mir genauso glücklich zu sein schien wie ich mit ihr.
K
APITEL 12
Den Rest des Tages verbrachte ich in meinem Arbeitszimmer und
telefonierte. Ich verhandelte mit dem Reinigungsunternehmen, das
uns auch hier im Haus gute Dienste tat, und wir vereinbarten, dass
Noahs Haus am Donnerstag auf Hochglanz gebracht werden sollte.
Ich sprach mit dem Mann, der unser Deck immer mit dem Druckstrahlreiniger bearbeitete, und er sagte zu, gegen zwölf Uhr mittags
zu kommen, um sich das alte Haus vorzunehmen. Einen Elektriker
beauftragte ich damit, den Generator sowie sämtliche Leitungen und
Steckdosen im Haus zu überprüfen. Außerdem sollte er nachsehen,
ob die Scheinwerfer im Rosengarten noch funktionierten. Ich rief die
Firma an, die vergangenes Jahr die Räume in unserer Kanzlei gestrichen hatte: Man war bereit, einen Trupp vorbeizuschicken, der die
Wände in Noahs Haus weißen und sich auch um den Zaun, der den
Rosengarten umgab, kümmern würde. Ein Verleihdienst wollte später Zelte und Tische bringen, zudem Tischtücher, Gläser, Besteck
wie auch die Stühle für die Zeremonie. Ein paar Angestellte des Restaurants wollten anschließend kommen und die Tische und dergleichen schon einmal rechtzeitig für das Fest am Samstag vorbereiten.
Nathan Little freute sich darauf, sein
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