Ein talentierter Lügner (Romeo & Julian) (German Edition)
ausweichenden Ton, den er immer anschlug, wenn Julians Fragen persönlich wurden. „Ich hatte einen guten Lehrer in der Schule.“
„Ach nein, wirklich.“ Julian grinste und hob sein Glas. „So was bringen die einem nicht gerade im Kunstunterricht an der High School bei. Wo hast du es gelernt? Am College?“
Romeo nahm einen Schluck Wein und starrte auf das Bild. In seiner Wange zuckte ein Muskel, doch schließlich seufzte er und stellte sein Glas beiseite. „Es war ein Internat in der Schweiz. Ich war da drei Jahre lang und ich hatte einen der besten Kunstlehrer , die es je gegeben hat. Er hat mir eine Menge über die Malerei an sich beigebracht, aber besonders über Monet, also ist es eigentlich nur ein glücklicher Zufall, dass wir es in diesem Fall mit einem Monet zu tun haben.“ Er grinste schief. „Ich würde zum Beispiel nicht ganz so einfach einen da Vinci kopieren können.“
Julian schluckte den Köder. Romeos ungewohnte Offenheit war eine angenehme Überraschung und er hatte die Absicht sie auszunutzen soweit er nur konnte. „Könntest du es denn?“
„Warum, willst du einen?“
„Hm, ich weiß nicht so recht. Glaubst du denn, das würde zu meiner Inneneinrichtung passen?“
Romeo schlug sich mit der Hand vor den Mund. „Julian! Ein solches Gemälde wählt man nicht, weil es zur Einrichtung passt. Ein da Vinci, oder ein Monet, ist keine bloße Dekoration. Das sind objets d’art . Sie stehen für sich selbst und existieren um bewundert zu werden, nicht um sich einzufügen. Wenn du was haben willst, das zu deiner Einrichtung passt, dann kauf dir ein paar Filmplakate.“
„Filmplakate? Was soll das denn heißen? Findest du ich habe einen billigen Geschmack?“
„ Das habe ich nicht gesagt. Ich denke nur nicht, dass einer der Alten Meister das Richtige für dich ist, das ist alles.“
„Für dich aber schon so wie es aussieht.“ Julian warf einen bedeutungsvollen Blick in Richtung der sehr echt aussehenden Gemälde an der Wand neben ihnen. Romeo sah ebenfalls dorthin, hob ein wenig die Augenbrauen und schüttelte dann den Kopf. „Damit habe ich nichts zu tun. Ich habe das Apartment voll möbliert und mit der gesamten Ausstattung bekommen. Alles was hier drin mir gehört bin ich selbst und ein paar Klamotten.“
Und ich . Julian biss sich auf die Zunge um die Worte nicht laut auszusprechen. Stattdessen sagte er „Das hier ist nicht ganz die Wohnung in der ich mir dich vorgestellt hatte.“
„Ach nein? Was hast du dir denn vorgestellt?“
„Ich weiß nicht. Vielleicht… Oh, ich weiß es wirklich nicht. Ich hätte jedenfalls nicht gedacht, dass du mit einer netten alten Dame zusammen wohnst. Sie ist aber nicht deine Oma, oder?“
„Diana? Nein. Nein, sie ist meine Vermieterin. Wir sind nicht verwandt, aber sie ist… sie ist wahrscheinlich das , was einer Oma am nächsten kommt.“ Romeo nahm einen Pinsel in die Hand und fuhr geistesabwesend mit der Fingerspitze über die Borsten.
Ein Internat. Eine Vermieterin , die ihm näher stand als seine eigene Großmutter. Julian ließ sich in den Sessel neben Romeo sinken. Er bot eine schöne Aussicht auf die Glastür und die dahinterliegende Dachterrasse sowie den Nachthimmel, der seltsam orange-lila leuchtete, eine Färbung die so typisch war für eine Stadt die niemals schlief. Er bot auch eine schöne Aussicht auf Romeo, der sich zu dem Gemälde gedreht hatte und es kritisch ansah während er mit dem Pinsel leicht gegen sein Bein tippte. Zum Glück war er trocken und sauber, oder Romeo hätte wohl selbst wie ein impressionistisches Gemälde ausgesehen.
Julian nahm sein Glas und beobachtete Romeo als der wieder an die Arbeit ging. Es fiel ihm ziemlich schwer auf seinem Platz zu bleiben und einfach nur zuzusehen wie die harten Muskeln mühelos unter all der nackten Haut spielten. Hoffentlich würde Romeo nicht mehr allzu lange brauchen um das Gemälde fertigzustellen. Sie hatten noch so viel zu tun, so viel zu teilen. Der Sex unter der Dusche und auf dem Teppich war gut gewesen, aber er hatte das tiefere Verlangen nicht erfüllen können.
Kapitel 9
Als Julian erwachte, fühlte er sich desorientiert und lethargisch. Der Raum war schwach erleuchtet und laut seiner inneren Uhr konnte es nicht viel später als sieben sein, doch er hatte keine Ahnung, wo er sich befand. Er blinzelte bis seine Augen sich an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, dann schaute er sich im Zimmer um. Er brauchte die andere Seite des Bettes nicht zu sehen
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