Ein toedlicher Plan
Allmählich wurde der Wagen langsamer. Taylor knallte mit der Stirn gegen das Glas und war für einen Moment betäubt. Dann spürte sie Übelkeit, Furcht und einen stechenden Schmerz im Rückgrat. Der Wagen schlingerte und rutschte zwar immer noch, aber die Reifen fanden Halt und ließen sich bald wieder lenken. Taylor hörte, wie Reece mehrmals »dieser Drecksack« murmelte. Dann lächelte er, als der Wagen einen Hügel hinunterrollte und die Tachonadel immer weiter zurückfiel – dreißig Meilen, fünfundzwanzig …»Okay, alles okay.« Reece war jetzt Herr der Lage. Er steuerte entgegen, wenn der Wagen wieder zu schlittern anfing, bremste behutsam ab, gewann die Kontrolle über das Fahrzeug zurück.
»Okay, Junge«, flüsterte er dem riesigen Lincoln zu. Das Auto rollte nur noch mit zehn Meilen in der Stunde. Taylor hielt sich an seinem Arm fest und wisperte: »Mitchell, oh, Mitchell!« Beide lachten und waren vor Erleichterung wie im Rausch.
Plötzlich verging sein Lachen.
»O Scheiße!« Er trat mit aller Kraft auf die Bremse. Taylors Kopf flog nach vorn. Die Sträucherreihen hörten mit einem Mal auf, als der Wagen aus dem Unterholz herauskam und einen Hang hinunter auf den See zuglitt, der eine halbe Meile breit war. Die blockierten Räder rutschten, ohne auf Widerstand zu treffen, über den frostigen Boden und die feuchten Blätter.
»Taylor!«, schrie Reece.
Ein letzter mächtiger Stoß ging durch den Wagen, und das Bild von der Landschaft und dem fernen grauen Himmel verschwand. Eine schwarze, ölige Woge krachte gegen die Windschutzscheibe, und Wasser drang an mindestens einem Dutzend Stellen gleichzeitig ins Wageninnere.
Am nächsten Morgen betrat Wendall Clayton um neun Uhr dreißig sein Büro. Ohne innezuhalten, zog er Hut und Mantel aus, hängte beides an den Haken an der Tür und nahm den Kaffee von der Schreibtischecke, wo ihn seine Sekretärin wie üblich hingestellt hatte. Dann richtete er seinen Blick auf Burdick, der vor seinem Schreibtisch Platz genommen hatte.
»Morgen, Donald. Ich habe Sie gestern bei der Party vermisst.«
»Ich habe Vera als meine Vertretung geschickt.«
»Sie ist eine sehr charmante Frau.« Clayton betrachtete seinen Gegner einen Moment lang. Burdick sah schlimm aus. Seine Jacke und die Hosen waren zerknittert – Clayton hatte den älteren Partner nie anders als in einem gebügelten, gut sitzenden Anzug erlebt –, und seine wässrigen Augen waren tief in den Höhlen. »Was verschafft mir zu so früher Stunde die Ehre?«
Clayton wusste natürlich genau, was Burdick hierher getrieben hatte. Eigentlich überraschte ihn nur der Umstand, dass er ihn nicht schon viel früher aufgesucht hatte. Ein König sollte seinem Feind sofort gegenübertreten. Burdick war im Gegensatz zu Dudley ein wirklicher Gegner, gegen den zu streiten Freude bereitete. Clayton fand, dass Burdick und er sich im Grunde recht ähnlich waren. Und was er gestern Nacht Taylor Lockwood über ihn erzählt hatte, hatte durchaus der Wahrheit entsprochen. Er mochte und respektierte ihn, dessen einziger Fehler darin bestand, dass er ein Dinosaurier, ein Anachronismus war. Burdick hatte sich in seinem Beruf überlebt. Heutzutage wurde nicht mehr unbedingt Wert auf Fantasie gelegt. Clayton bedauerte ihn sogar ein wenig und hielt es für eine Schande, dass ein Mann wie Burdick der Fusion zum Opfer fallen musste. Er hätte lieber jemanden von nicht so tadelloser Herkunft, wie Bill Stanley, oder jemanden von erheblicher charakterlicher Schwäche, wie Ralph Dudley, vernichtet.
»Können wir uns ein paar Minuten unterhalten, Wendall?«
»Aber sicher doch.«
»Mir ist natürlich nicht entgangen«, begann Burdick, »dass Sie für morgen eine Sitzung einberufen haben. Ich nehme an, die Fusion steht auf der Tagesordnung, oder?«
Clayton nickte. »Ich lasse die Tagesordnung gerade per Rundschreiben verteilen, entsprechend der Hausregel, dass sie vor Sitzungsbeginn jedem Anwesenden bekannt sein muss.«
Ah, seine Körperhaltung. Bei älteren Menschen wird sie überlebenswichtig. Man sehe sich nur an, wie kerzengerade er sitzt. Kein noch so hart gedrillter Soldat könnte es ihm gleichtun.
»Ich habe heute Morgen mit Ralph Dudley gesprochen.«
»Ist doch mal ’ne echte Abwechslung, dass er schon so früh zur Arbeit erscheint.«
»Wie haben Sie ihn herumgekriegt, Wendall?«
Clayton kam zu dem Schluss, dass er Taylor Lockwood gegenüber in puncto Burdick vielleicht doch nicht hundertprozentig aufrichtig gewesen
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