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Ein toedlicher Plan

Titel: Ein toedlicher Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Deaver
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Handtasche und wischte ihm Blut von der Lippe. »Thom, ich muss Sie etwas fragen, und ich erwarte eine ehrliche Antwort. Sehen Sie mich an, Thom.«
    Wieder dieser verletzte, empörte und verängstigte Blick eines kleinen Jungen.
    »Sie haben vor kurzem in Mitchell Reeces Aktenschrank rumgekramt. Was haben Sie dort gesucht?«
    Er runzelte die Stirn, und die Falten sahen aus wie blutige Furchen. »Wovon reden Sie überhaupt?«
    »Verdammt, Thom, ich kann Sie entweder rausholen oder hier lassen, womit Ihre Karriere endgültig zum Teufel wäre. Sie haben die Wahl.«
    »Was soll der Scheiß? Was glauben Sie eigentlich, wer Sie sind?«
    »Was haben Sie in Reeces Büro gewollt?«, fragte sie ihn leise und eindringlich.
    Er betrachtete die Blutspritzer auf seiner schwarzen Hose wie eine Sternkonstellation am Nachthimmel. »Ich hab da was gesucht.«
    »Thom!«
    »Taylor, bitte holen Sie mich hier raus!«, flehte er.
    »Wonach haben Sie gesucht?«
    Er starrte den schmutzigen Linoleumfußboden an. Sie legte eine Hand auf seinen Arm. Er schüttelte sie ab. »Ich habe nach den Geldern und Wertpapieren gesucht, die von der Kanzlei verwaltet werden.«
    »Sie meinen die Kundenkonten? Aber wozu denn das?«
    Er schluckte. »Bosk, Callaghan und ich sind auf diese Idee gekommen. Wir wollten Geld von den Konten transferieren.«
    »Ihr wolltet es stehlen?«
    »Nein, nein, nur ausborgen. Callaghan beabsichtigte, kurzfristige Papiere zu kaufen. Sobald die was abgeworfen hätten, hätten wir die Konten wieder aufgefüllt und den Rest unter uns aufgeteilt.«
    »Das sind also Ihre Geschäfte mit Bosk, wovon Sie mir nichts sagen wollten.«
    »Wir haben es ja noch nicht getan. Ich war mir bis jetzt unschlüssig. Aber was geht das überhaupt Sie an?«
    »Thom, sehen Sie mich an. Was wissen Sie über den Fall Hanover & Stiver?«
    »Worüber?« Er wirkte ehrlich erstaunt. »Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden.«
    Taylor erhob sich. Sie kam sich vor wie ein Turm, der über diesem am Ende seiner Nervenkraft angelangten Mann aufragte. »Noch etwas, Thom. Erinnern Sie sich an die Party bei Clayton in Connecticut? Wie sind Sie nach Hause gekommen? Mit Ihrem Wagen?«
    »Warum wollen Sie das wissen …«
    »Sagen Sie es mir.«
    »Mit dem Zug«, antwortete er jetzt ziemlich erregt. »Ein paar von uns sind in Westport eingestiegen. Da können Sie verdammt noch mal die anderen Jungs fragen!«
    »Gut.«
    »Werden Sie mich jetzt …« Seine Lippen zitterten, und er musste schlucken.
    Ein sonderbares Gefühl überkam sie, und plötzlich wurden ihre Knie weich. Ihr Gesicht brannte, und sie begriff. Sie hatte die Angelegenheit wie Mitchell behandelt. Sie war hart gewesen, sogar brutal. Sie hatte sich durchgesetzt und gewonnen.
    So fühlte sich Macht an.
    Genau das war es, was sie hier und jetzt spürte. Vor ihr kauerte ein geschlagener Thom Sebastian, blutverschmiert und ängstlich wie ein Kind. Er gehörte ihr. Ebenso wie die beiden Cops.
    »Es ist alles okay«, sagte Taylor. »Sie lassen Sie gehen.« Sebastian erhob sich langsam, und sie stützte ihn am Arm.
    »Es drehte sich um eine ganz andere Sache. Und jetzt bringen wir Sie erst mal nach Hause.«
    Die Nutte, die neben Thom gesessen hatte, sah den beiden nach und meinte: »O Gott, das ist ja wirklich ein tolles Rechtssystem, das wir hier haben. Da können wir mächtig stolz drauf sein. Hat jemand ’ne Kippe für mich?«
    Müdigkeit hatte sich wie ein nasser Mantel über Wendall Clayton gelegt.
    Anders als John Perelli, der ihm am Tisch gegenübersaß, hatte Clayton weder seine Krawatte gelockert noch sich die Ärmel hochgekrempelt. Er saß genauso da wie vor zehn Stunden, als sie hier Platz genommen hatten, aufrecht und nur hin und wieder den Kopf leicht senkend, um sich die schmerzenden Augen zu reiben. In dieser Position konnte er alle verfügbaren Gesichtsausdrücke aus seinem Arsenal abrufen: ein Lächeln (perplex oder fröhlich), ein Stirnrunzeln (verwirrt, herablassend oder ungeduldig) oder eine undurchdringliche Maske.
    Was er aber wirklich dachte, konnte ihm niemand ansehen.
    Neben ihm saßen zwei jüngere Partner, die dem Exekutivkomitee von Hubbard, White & Willis angehörten. Burdick hatte alle Register gezogen, um die beiden von diesem Ausschuss fern zu halten, aber Clayton war geschickt genug gewesen, sie doch noch dort unterzubringen. Auf der anderen Seite des Tisches hatten die Verhandlungspartner Platz genommen: John Perelli, einer seiner Juniorpartner und ein Assistent. Zwischen ihnen

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