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Ein toedlicher Plan

Titel: Ein toedlicher Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Deaver
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Lagerhäusern, ein paar kleine Fabriken und nicht eine einzige Laterne weit und breit. Nur der Schein der Industrieanlagen in Jersey, jenseits vom Hudson River, spiegelte sich von den tief hängenden Wolken wider. Sebastian führte sie durch eine unbeschriftete Tür ohne Türsteher in einen Raum, in dem es aussah wie in einem viktorianischen Bordell. Schwere Gobelins hingen an den Wänden. Die Tische bestanden aus Marmor und Messing. Eichensäulen und -sideboards waren mit Stoffen und geblümtem Chintz drapiert. Wohin man sah, standen Lampen im Tiffany-Stil. Die Männer trugen Smoking oder italienische Anzüge. Bei den Frauen schienen hautenge schwarze Kleider mit Ausschnitten angesagt zu sein, die allein durch bloße Willenskraft die Brustwarzen bedeckt hielten. Hier tummelte sich allerlei Prominenz aus der Politik und dem Showbusiness von der Art, über die viel in Blättern wie dem
New York Magazine
zu lesen war. Aber auch diverse Liz Smith waren hier anzutreffen.
    »Die drei kleinen Schweinchen«, flüsterte Sebastian und zeigte auf ein Trio von drei jungen Schriftstellern, deren Werke ein Kritiker der
Times
unlängst in einem Essay mit dem Titel »Das Unterbewusstsein als Kunst oder Über die Selbstbeweihräucherung« zerrissen hatte. Schlampig gekleidete, verhärmte Frauen drängten sich um die drei. Sebastian betrachtete sie kopfschüttelnd und fragte leise: »Warum verschwenden sie ihre Zeit an diese Trottel? Haben sie denn den Essay nicht gelesen?«
    »Was verleitet Sie zu der Annahme, dass sie überhaupt lesen können?«, entgegnete Taylor trocken. Und schon stieß sie gegen den Arm eines Hollywood-Schauspielers, den sie bereits seit Jahren geradezu ehrfürchtig verehrte. Er lächelte höflich, nickte ihr zu, entschuldigte sich und ging weiter.
    »
Er
ist hier!«, sagte sie ergriffen und starrte seinem breiten Rücken hinterher.
    »Ja«, seufzte Sebastian, »und wir sind auch hier.«
    Die Musik war nicht so laut wie in der Bar, aus der sie kamen, und die Rhythmen hämmerten nicht ganz so fanatisch. Sebastian winkte einigen Gästen zu, und der Mann hinter der Theke rief: »Hi, Sly, wann kommt Rocky 16?«
    »Hier verkaufen sie keinen verdünnten Mist«, erklärte Sebastian Taylor, »sondern nur gutes, reines Zeug. Was möchten Sie?«
    »Ich bleibe bei Cola mit Rum.«
    Ein paar Minuten lang beschäftigten sie sich mit ihren Getränken und sahen dem Treiben zu. Dann beugte sich Sebastian zu ihr und fragte: »Was ist Ihre größte Leidenschaft? Außer gut aussehenden Männern, meine ich.«
    »Musik und Skifahren.«
    »Skifahren? Doch nicht etwa dieses sonderbare Vergnügen, irgendwelche Hänge hinunterzugleiten, ganz nass zu werden, fürchterlich zu frieren und sich auch noch sämtliche Knochen zu brechen?«
    »Die Knochenbrüche gefallen mir am besten daran.«
    »Ich habe mal Skiunterricht genommen«, sagte Sebastian und schüttelte missbilligend den Kopf.
    Taylor betrachtete ihn im Spiegel. Sebastian sah nicht umwerfend gut aus. Seine Augen waren gerötet, er schneuzte sich zu oft die Nase, und seine Körperhaltung war einfach furchtbar. Wenn er sich über sein Glas beugte, um an dem Strohhalm zu saugen, wirkte er wie ein Ballon, in dem kaum noch Luft ist. Plötzlich richtete er sich gerade auf, legte den Arm um ihre Schulter und küsste ihr Haar. »Hm, hier möchte man ja nie wieder rausfinden.«
    Sie lächelte, lehnte sich aber nicht an ihn und sagte: »Wir wollen meinen Freund nicht vergessen. Er hat mich zwar versetzt, doch er ist immer noch mein Freund.«
    »Das freut mich für ihn, und eines Tages möchte ich ihn wirklich kennen lernen. Bloß nicht jetzt und hier.«
    »Ich wollte ja auch nur sicherstellen, dass die Spielregeln eingehalten werden.«
    Er ließ seinen Arm noch etwa sechzig Sekunden auf ihrer Schulter, bis er den Zeitpunkt für richtig hielt, ihn zurückzuziehen.
Nolo contendere.
Ich bin nicht schuldig, aber ich bin auch nicht unschuldig. »Heute haben wir Dienstag. Sie müssen Ihrem Freund sagen, er soll, wenn er Sie noch mal versetzen will, das gefälligst an einem Donnerstag tun, denn dann ist hier am meisten los.«
    »Sie gehen wohl ziemlich viel aus, was?«
    »Viel Arbeit und viel Vergnügen, das ist meine Devise. Mit fünfundvierzig bin ich dann völlig ausgebrannt …« Seine Stimme erstarb, und er sah sie erwartungsvoll an.
    Tapp, tapp, tapp.
    Seine Hand schwang zur Theke. Sie hielt das braune Fläschchen.
    »Gehen wir zur Toilette? Ich habe hier etwas, um einen Körper auf zwölf

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