Ein toedlicher Plan
seinen Augen in Luft auflösen.
So hockte er auf der Parkbank, deren grüne Sitzfläche aufgrund des nachlässigen Anstrichs recht uneben war, und spürte nicht nur die Holzleisten in seinem Rücken, sondern auch, wie der Untergang sich bedrohlich in sein Leben drängte. Früher oder später erwischte es Menschen wie ihn immer – solche, die durch eine Laune des Schicksals oder durch unverschämtes Glück ins Epizentrum der Macht und des Prestiges gespült worden waren und dort einen schmalen Halt gefunden hatten.
Alles, was sein Leben lebenswert machte, war akut gefährdet.
Er beobachtete, wie Junie einen Jungen ihres Alters anstarrte. Er war kleiner als sie, aber kräftig gebaut, und besaß eine breite Stirn. Der Junge verzog sich.
Oh, diese Unverfrorenheit, diese Klarheit und Unverwundbarkeit von Kindern. Ihr Mut ist so grenzenlos, dass sie sich alles zutrauen …
Dudley war plötzlich kalt, und er erhob sich. Junie sah ihn, kam zu ihm und hielt neben ihm an.
»Daktyloskopie«, sagte der Mann. »Sprechen Sie mir bitte langsam nach: Daktyloskopie.«
Taylor folgte seiner Aufforderung.
»Gut.« Der Mann lächelte. »Jetzt kennen Sie schon den Fachausdruck für das Fingerabdruckverfahren. Als Zweites müssen Sie wissen, dass es sich dabei um eine überaus lästige und zeitaufwendige Tätigkeit handelt.«
Taylor saß im Büro von John Silbert Hemming. Seine Visitenkarte verriet, dass es sich bei ihm um den Abteilungsleiter der Corporate Security Services bei Manhattan Allied Security handelte. Als er sie in der Lobby abgeholt hatte, war sie zuerst zusammengezuckt und hatte dann zu ihm hochgesehen. Hemming war fast zwei Meter zehn. (»Er schwebt in den Wolken«, hatte Willy gesagt.) Auf dem Weg zu seinem Büro erklärte er ihr, dass seine Körpergröße ihm einen Job in einem Hinterzimmer beschert hatte. Er war der technische Experte der Firma.
»Bei der Detektivarbeit muss man möglichst unauffällig aussehen. Der überwiegende Teil unserer Tätigkeit besteht darin, Personen zu folgen.«
»Aha, man heftet sich jemandem an die Fersen«, sagte Taylor.
»Wie bitte?«
»Nennt man das bei Ihnen nicht so? Sich jemandem an die Fersen heften?«
»Nein, wir sprechen davon, jemandem zu folgen.«
»Oh.«
»Wenn man wie ich alle anderen um mindestens einen Kopf überragt, ist das nicht gerade von Vorteil. Wollen wir neue Leute einstellen, dann müssen die Betreffenden auf dem Bewerbungsbogen auch eine Spalte mit der Überschrift ›Sehen Sie durchschnittlich aus?‹ ausfüllen. Man könnte natürlich auch fragen: ›Sehen Sie langweilig oder unauffällig aus?‹«
Hemmings sandfarbenes Haar schien sich von keinem Kamm bändigen zu lassen, und Taylor kam er insgesamt wie ein großer Junge vor. Seine Augen funkelten lustig, so als sähe er bei allem eine heitere Seite. Sein Gesicht war ausgesprochen lang, aber wie hätte es auch sonst sein sollen, wenn es auf einer solchen Hünengestalt thronte? Taylor sagte sich, dass er auf bestimmte Frauen ziemlich attraktiv wirken musste. Sie selbst verglich seit einiger Zeit, wenn auch wider besseres Wissen, alle Männer mit Mitchell Reece, und für ihn war Hemming ganz gewiss keine Konkurrenz.
Als sie hier angekommen war, hatte sie sich mit einiger Enttäuschung in dem Bürogebäude in Midtown umgesehen. »Ich hatte eigentlich etwas anderes erwartet. Wie soll ich sagen, etwas im Stil von Bogie oder Raymond Chandler.«
»Wie bitte? Was haben Sie erwartet?« Hemming sah auf sie hinab. »Etwa eine schäbige Einrichtung, Glastüren mit Aufschriften, abgewetzte Trenchcoats und Scotch-Flaschen, die nur noch zu einem Drittel gefüllt sind … Warten Sie einen Moment.« Er öffnete eine Tür an seinem Schreibtisch und stellte eine Flasche Mineralwasser vor sie hin. »Mehr habe ich leider nicht zu bieten. Die Zeiten haben sich geändert, Miss Lockwood.«
»Nennen Sie mich Taylor.«
Er nickte. »Wir machen im Jahr etwa zehn Millionen Umsatz. Unsere Ermittler rekrutieren sich aus ehemaligen Polizisten, FBI-Agenten, Buchhaltern und Anwälten. Ich zum Beispiel besitze einen Abschluss in Jura. Wir werden meist von Firmen beauftragt, und der größte Teil unserer Arbeit besteht aus Routineoperationen: Buchprüfung, Leute in Firmen einschleusen, die dort Lücken aufspüren sollen, Unterschlagungen oder Diebstählen nachgehen, Drogenmissbrauch oder Drogenhandel. Aber auch darin, Informationen für eine Firmenübernahme zusammenzutragen, Strohmänner zu enttarnen oder firmeninterne
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