Ein toedlicher Plan
Taylor?«
»Ja?«
»Ich habe mich gerade gefragt, ob Sie Interesse an meinem Einführungskurs für neue Mitarbeiter über die Gesetzeslage bei Einbruch, unbefugtem Eindringen und Hausrecht haben?«
»Nein, ich glaube, das möchte ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt lieber nicht hören«, sagte sie rasch.
»Es ist absurd, aber weißt du, was mich am meisten bei der ganzen Sache wurmt? Die Porträts!«
Donald Burdick band sich mit seinen langen Fingern sorgfältig die Seidenkrawatte: Er mochte es normalerweise, über diesen feinen Stoff zu streichen – auf der einen Seite so weich und auf der anderen trotzdem strapazierfähig. Doch heute Abend bereitete ihm die Seide nicht das gewohnte Vergnügen.
»Die Porträts?« Vera Burdick saß im Schlafzimmer ihres Hauses in Bronxville am Ankleidetisch und rieb ihren Hals mit einer verschreibungspflichtigen Hautcreme ein. Sie trug ein rotschwarzes Seidenkleid, das am Rücken, wo der Reißverschluss noch nicht hochgezogen war, viel weiße Haut mit Sommersprossen enthüllte. Vera beugte sich jetzt zum Spiegel vor und verfolgte, wie die Creme einzog. Für ihre sechzig Jahre sah sie noch sehr gut aus. Sie hatte sich gegen das Alter behauptet, indem sie mehrere taktische Zugeständnisse eingegangen war. Vor fünfzehn Jahren hatte sie es aufgegeben, sich bräunen zu lassen, und hielt seit langem ihr Gewicht unter Kontrolle, ohne dabei in die Diätbesessenheit vieler ihrer Freundinnen zu verfallen, die heute wie knochige Vogelscheuchen aussahen. Vera hatte ihr Haar weiß werden lassen, behandelte es aber mit einem italienischen Vitaminpräparat und trug es wie ihre Enkelin zurückgekämmt. Bislang hatte sie es bei einem Facelifting belassen.
(Vor einem Jahr an einem Nachmittag hatte ihr ein Klient ihres Mannes ein unsittliches Angebot gemacht – gleich dort, wo sie gerade waren, und auf die Schnelle. Gut, der Mann war schon vierundsiebzig gewesen, aber sein anzügliches Zwinkern und seine ehrliche Enttäuschung, nachdem sie Nein gesagt hatte, hatten sie mehr erregt, als es der eigentliche Akt je vermocht hätte.)
Vera war jetzt so, wie sie immer war: attraktiv, reserviert, voll Durchsetzungsvermögen und still. Das beste Bild von ihr war das, wie sie, ganz in Khaki gekleidet, auf einer seiner heiß geliebten Safaris neben ihrem Mann stand und seine zweite Nikon schussfertig machte.
Burdick hockte auf dem Bett. Seine Frau saß mit dem Rücken zu ihm, und er zog vorsichtig den Reißverschluss hoch und verhakte ihn oben.
»Was hast du gerade über die Porträts gesagt, mein Lieber?«
»Bei der Versammlung, auf der die Partner beschlossen, mit Perelli formelle Verhandlungen betreffs der Fusion zu beginnen, entschied sich die Mehrheit auch dafür, die Porträts der Partner, die unten in den Gängen an den Wänden angebracht sind, abzunehmen und in einem der Konferenzräume aufzuhängen.«
»Und das war Wendall Claytons Idee?«
Burdick lachte. »Nein, er ist nicht durch und durch böse. Joe Hanson, der das Einrichtungskomitee leitet, hat diesen Vorschlag vorgebracht, und fast alle haben ihm zugestimmt.«
»Ach, mein Lieber, macht das denn wirklich einen so großen Unterschied?«
»Nein, eigentlich nicht. Und so fürchterlich bedeutend ist es ebenfalls nicht. Ich erzähle dir ja auch nur, was mich bei der ganzen Sitzung am meisten geärgert hat. Es war nämlich damals vor zwanzig Jahren meine Idee gewesen, die Porträts in die vorderen Gänge zu hängen.«
Vera schüttelte den Kopf. »Don …«
»Wir wollen jetzt nicht darüber reden.« Sie hatten nie wirklich Streit, und seine Worte enthielten nur einen leisen Tadel.
»In vier oder fünf Jahren ziehst du dich ohnehin aufs Altenteil zurück.«
»Du fängst doch wieder davon an.«
»Ja, das tue ich.«
Er ging zum Telefon und bat die Haushälterin, zwei Scotch ins Schlafzimmer zu bringen.
»Der Zeitpunkt kommt unweigerlich«, fuhr Vera fort, »an dem du die Kanzlei loslassen musst.«
Er setzte sich wieder aufs Bett, verschränkte die Hände und hielt den Kopf gesenkt. »Stattgegeben.«
»Du schuftest immer noch zehn Stunden täglich und delegierst zu wenig Arbeit an deine Assistenten.«
»Mir gefällt das, was ich tue, eben.«
»Und du bist keine fünfunddreißig mehr.«
»Stattgegeben.«
»Also warum nicht jetzt schon etwas kürzer treten? Wir könnten viel mehr Reisen unternehmen. Seit fünf Jahren schiebst du Tibet vor dir her, weil du nämlich Angst hast, an einen Ort zu geraten, wo kein Telefon in Reichweite
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