Ein toedlicher Plan
nach dem treffendsten Ausdruck zu suchen, »… zaudern.«
»Zaudern?«
»Einen Mann wie Wendall Clayton musst du schon mit dem ersten Schlag ausschalten. Eine zweite Chance erhältst du nämlich von ihm nicht.«
Es läutete an der Haustür.
»O nein«, seufzte Vera, »sie kommen pünktlich. Und ich muss noch nachsehen, was Margaret aus dem Fasan gemacht hat.« Sie küsste ihren Mann auf die Wange und flüsterte ihm ins Ohr. »Schlag fest zu.«
Donald Burdick trank sein Glas leer und lauschte ihren Schritten, die sich die Treppe hinunter entfernten. Er wusste, dass sie die Gäste einen Moment hinhalten würde, um ihm die nötige Zeit zu geben, sich zu kämmen, zur Ruhe zu kommen, sich ein paar Scherze auszudenken und sich so weit zusammenzureißen, dass er nach außen hin den perfekten und charmanten Gastgeber spielen konnte.
Immerhin handelte es sich bei den Gästen um wichtige Klienten.
…Acht
Taylor Lockwood, Tochter eines Bestattungsunternehmers, lief an diesem Abend durch die Straßen der Stadt, während ein kräftiger Wind blies. Die Bürgersteige waren mit Abfall übersät, und sie erinnerte sich an die Beerdigung, an der sie vor einigen Monaten teilgenommen hatte.
Damals saß sie in der Kirche in der ersten Bank. Das Gotteshaus war ein wuchtiges Gebäude aus Stein und Holz, und ein schwerreicher alter Mann hatte das Geld für seine Erbauung gestiftet, wie jemand hinter ihr seinem Nachbarn zuflüsterte. Taylor hatte sich an jenem Tag ganz in Schwarz gekleidet, doch diese Farbe schien bei solchen Trauerfeiern nicht mehr Pflicht zu sein. Jeder dunkle Ton – ob Burgunderrot, Waldgrün oder gar schmutzig braune Nadelstreifen – war anscheinend mittlerweile erlaubt. So saß Taylor Lockwood auf der harten Bank und beobachtete die Familienmitglieder und deren unzweideutige und offene Zurschaustellung von Trauer. Da rannen einzelne Tränen die Wangen hinunter, da schützte die Rechte die Augen, da verhakten sich Finger so fest ineinander, als wollten sie sich gegenseitig brechen.
Der Geistliche sprach mit einstudierter Vertraulichkeit zu den Trauernden. Es war offensichtlich, dass er Lindas Eltern besser als die Verstorbene selbst kannte, aber er tat sein Bestes, redete von Hoffnung auf ein glanzvolleres Leben. Taylor warf einen Blick auf Lindas Vater, die Beine auseinander, die Hände zusammen, den Kopf gesenkt und die Augen starr auf die Kniebank gerichtet.
Nicht alle hatten an jenem Tag Tränen vergossen. Selbstmord lässt zu viele Fragen offen, als dass echte Trauer möglich wäre.
Ein Musikstudent hatte »Ave Maria« gesungen. Taylor hasste ihn dafür. Sie würde dieses Lied auf Jahre nicht mehr hören können.
Der Geistliche hatte die Feier mit einem von Lindas Gedichten beendet, das in ihrem College-Literaturmagazin abgedruckt worden war.
Während er es vortrug, und er besaß beachtliche rezitatorische Fähigkeiten, waren vor Taylors geistigem Auge Bilder von Linda erschienen, und die Tränen, die nicht zu vergießen sie sich fest vorgenommen hatte, drängten mit Macht nach draußen. Zuerst brannte es in ihren Augenwinkeln, dann strömten sie mit irritierender Geschwindigkeit die Wangen hinunter. Auf der Orgel wurde eine düstere Melodie gespielt, und die Trauergäste begaben sich nach draußen, um zur Beisetzungsstätte zu fahren. Taylor wartete, bis der Schmerz in ihrer Brust vergangen war und ihr Atem sich beruhigt hatte. Dann tupfte sie sich die Tränen vom Gesicht und wischte das verschmierte Make-up weg.
Draußen blieb sie einen Moment stehen und blickte in den klaren Septemberhimmel. Die Blätter waren noch nicht so weit, sich zu verfärben, aber sie hatten bereits den satten grünen Glanz des Sommers verloren, und ringsherum erstreckte sich die gepflegte Landschaft des vermögenden südlichen Connecticut. Plötzlich waren wie auf ein Stichwort alle Automotoren gleichzeitig angesprungen. Die Scheinwerfer leuchteten auf, und die Fahrer folgten langsam dem Leichenwagen.
»Vergessen Sie Linda«, hatte Reece gesagt, »und die ganzen Umstände drum herum.« Aber Taylor konnte sie nicht aus dem Kopf bekommen. Sie fragte sich, warum sie so oft an Linda denken musste. Vielleicht, weil sie spürte, dass er sich an ihrer Stelle nicht an diesen Rat gehalten hätte. Er hätte sich von nichts aufhalten lassen und jede noch so schwache Spur verfolgt. Und genau so wollte Taylor es auch angehen.
Als sie heute Abend durch das schmutzige East Village lief, kam ein scheußlicher Wind auf und wehte ihr
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