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Ein toedlicher Plan

Titel: Ein toedlicher Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Deaver
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Geschworenen mit einem freundschaftlichen Blick, bevor er sich an den Zeugen wandte: »Nun, Sir, der Kläger hat Sie in diesem Verfahren als Sachverständigen hinzugezogen. Das ist doch richtig, nicht wahr?«
    »Ja, Sir.« Er reagierte kooperativ, verständnisvoll und mit einem Anflug von Humor. Man konnte sich diesen Mann leicht in einem Werbespot für Aspirin vorstellen: Die gebe ich sogar meinen Kindern. Warum versuchen Sie sie nicht auch einmal? Taylor spürte, dass dieser Zeuge für Reece eine harte Nuss werden würde. Sachverständige wie er wurden nicht nur wegen ihrer medizinischen Fachkenntnisse gerufen, sondern auch, weil sie sich im Kreuzverhör durch den Anwalt der Gegenseite nicht leicht ins Bockshorn jagen ließen.
    »Und wie viel Honorar erhalten Sie für Ihre heutige Stellungnahme?«
    »Das hat mich der andere Anwalt auch schon gefragt …«
    »Jetzt frage ich Sie aber«, schnitt Reece ihm das Wort ab.
    »Ich bekomme achthundert am Tag.«
    »Und natürlich die Auslagen erstattet?«
    Der Zeuge lächelte immer noch. »Nun, wenn man einen Sachverständigen beauftragt …«
    »Dr. Morse, beantworten Sie bitte nur meine Frage.«
    »Ja, die Auslagen werden mir ebenfalls erstattet.«
    »Dann ist Ihr Satz aber seit dem letzten Jahr gestiegen.« Reece wandte sich zur Geschworenenbank um und verdrehte die Augen. Die sechs Männer und Frauen quittierten das mit einem Lächeln.
    »Ich nehme an, Mr. Reece, dass auch Sie Ihre Gebührensätze haben, und die liegen vermutlich deutlich über den meinen«, konterte Dr. Morse.
    Vereinzeltes Gelächter ertönte. Der Richter forderte die Geschworenen auf, die letzte Bemerkung nicht zur Kenntnis zu nehmen.
    »Ein Punkt für Sie, Doktor«, räumte Reece ein. »Lassen Sie mich jetzt fragen, wie oft Sie in Fällen von ärztlichen Kunstfehlern wie diesem hier ein Gutachten abgeben?«
    »Nur in Fällen wie diesem?«
    Reece fasste sich in Geduld. »Sagen wir ganz allgemein, in Fällen von ärztlichen Fehldiagnosen.«
    »Ziemlich oft.«
    »Ziemlich oft?«, wiederholte Reece mit unüberhörbarem Sarkasmus. »Das ist ein recht vager Begriff. Wie oft? Zweimal am Tag?«
    »Natürlich nicht.«
    »Viermal am Tag?«
    »Mr. Reece, bitte.«
    »Dr. Morse, ich habe Ihnen eine ganz simple Frage gestellt, und Sie geben mir nur ungenaue Antworten.«
    »Ungefähr einmal in der Woche.«
    »Vielen Dank, Doktor. Ja, das würde ich auch ziemlich oft nennen. Nun, wenn Sie derart häufig Gutachten gegen Ihre Medizinerkollegen verfassen, bleibt Ihnen da überhaupt noch Zeit, in Ihrem eigentlichen Beruf zu praktizieren?«
    »Einspruch!«
    Morse lächelte nachsichtig und antwortete trotz des Einwurfs des Anwalts der Klägerseite: »Wann immer mir meine Tätigkeit, armen Opfern inkompetenter medizinischer Kunst zu helfen, Zeit lässt …«
    »Protokollführer, streichen Sie die beiden letzten Ausführungen«, befahl der Richter. »Bitte stellen Sie nur Ihre Frage, Mr. Reece. Und Sie, Dr. Morse, beschränken sich auf die Beantwortung derselben.«
    »Sie praktizieren doch auch noch, oder?«, wollte Reece wissen. »Ja, ich praktiziere auch.«
    »Sie sind Internist, nicht wahr?«
    »Das ist richtig.«
    »Und Sie haben eine ordentliche Zulassung als Internist?«
    »Ja, die habe ich.«
    »Bei dieser Tätigkeit geschieht es doch sicher nicht eben selten, dass Sie Medikamente verschreiben, oder?«
    »Das kommt darauf an, was Sie unter ›nicht eben selten‹ verstehen.«
    Reece nickte schwer. »Ach, stimmt ja, Doktor, ich hatte ganz vergessen, dass Sie der Mann sind, der einige Schwierigkeiten mit Begriffen wie
oft, nicht eben selten
und dergleichen hat.«
    Taylor erkannte, dass die Geschworenen diese Wortgefechte und Spitzen liebten. Die sechs Männer und Frauen wurden wieder ein wenig lebendiger. Endlich tat sich etwas in der Verhandlung. Irgendwann im Verlauf des Verhörs knöpfte Reece sich die Jacke auf. Taylor beobachtete, wie er die Hand zum Haar hob, um es glatt zu streichen, es dabei aber nur in Unordnung brachte. Er sah jetzt aus wie ein großer Junge.
    »Tut mir Leid, Euer Ehren«, erklärte er nun und wandte sich dann wieder an den Sachverständigen. »In Ihrer Praxis verschreiben oder verabreichen Sie wie oft Medikamente?«
    »Es besteht ein großer Unterschied zwischen Verschreiben und Verabreichen«, entgegnete der Zeuge.
    »Aha«, meinte Reece, bevor er fortfuhr: »Wie oft verabreichen Sie Medikamente?«
    »Ein paar Mal in der Woche.«
    »Dann wollen wir unser Augenmerk doch auf die Ärzte im

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