Ein toedlicher Plan
Sie zugelassen?«, wollte Reece wissen.
Der Sachverständige zögerte einen Moment. »Wie ich eben schon sagte, in Kalifornien.«
Reece begab sich daraufhin wieder zu den Geschworenen, lächelte einen von ihnen an und stützte sich mit beiden Händen auf das Geländer vor ihrer Bank. Er war einfach unglaublich. Weder brauchte er einen Merkzettel noch sonstige Unterlagen – alle Fragen waren in seinem Kopf. Er strich sich eine Strähne aus der Stirn, doch sie fiel sofort wieder zurück.
Taylor konnte ihren Blick nicht von ihm wenden und spürte ein Verlangen wie Hunger tief in ihrem Bauch aufsteigen. Sie rutschte auf ihrem Sitz hin und her, während sie sein jungenhaft zerzaustes Haar betrachtete und seine geschmeidigen Schritte und die Bewegungen seiner Hände und Arme verfolgte, mit denen er seine Worte unterstrich.
»Ist das der einzige Ort, an dem Sie je eine ärztliche Zulassung erhalten haben?«
»Ich hatte eine Zulassung für New Jersey, bin aber später nach Kalifornien gezogen.«
»Und sonst in keinem Bundesstaat?«
»Nein.«
Reece sah die Geschworenen an und drehte sich dann abrupt zu Morse um. »Aber vielleicht in einem anderen Land?«
»Nein.« Die Stimme des Zeugen war nur noch ein Flüstern.
»Haben Sie je in einem anderen Land praktiziert?«
»Ich habe doch gerade erklärt, dass ich sonst keine Zulassung …«
»Ich habe nicht nach einer Zulassung gefragt, Doktor, sondern ob Sie im Ausland praktiziert haben.«
Morse schien sich in seiner Haut ganz und gar nicht mehr wohl zu fühlen. »Nun, ich habe als Freiwilliger an einem Hilfsprogramm teilgenommen …«
»Beantworten Sie die Frage bitte mit Ja oder Nein. Haben Sie je in einem anderen Land praktiziert? Denken Sie bitte daran, dass Sie immer noch unter Eid stehen.«
»Ja, ich habe im Ausland praktiziert. Wie schon gesagt, habe ich an einem Hilfsprogramm …«
Reece seufzte. »Wären Sie so freundlich, uns mitzuteilen, um welches Land es sich dabei gehandelt hat? Natürlich nur, wenn Ihnen das nicht zu viele Umstände macht, Doktor.«
»Mexiko«, krächzte der Sachverständige.
»Also Mexiko«, stellte Reece fest. »Was genau haben Sie in diesem Land getan?«
»Ich stand damals kurz vor der Scheidung, und weil es mir in Mexiko gefiel, beschloss ich, für eine Weile dort zu bleiben.«
»War das, nachdem Sie Ihre Frau und Ihre Kinder in New Jersey verlassen hatten?«
»Einspruch, Euer Ehren. Das ist für den Fall nicht relevant.«
»Mr. Reece«, sagte der Richter, »könnten Sie bitte zur Sache kommen?«
»Sie haben also in Mexiko als Arzt praktiziert?«
Morse machte mittlerweile schon einen sehr unglücklichen Eindruck. Als er antwortete, verhakten sich seine Finger ineinander. »Ja, für eine Weile. Bevor ich nach Kalifornien gezogen bin. Ich habe in Los Angeles eine Praxis eröffnet, und in dieser Stadt …«
Mitchell winkte ab. »Ich bin mehr an Mexiko als an Los Angeles interessiert, Doktor. Warum haben Sie das Land wieder verlassen?«
»Das zu sagen war ich gerade im Begriff. Ich hatte vor, in Kalifornien zu leben und zu arbeiten.«
»Warum wollten Sie nicht länger in Mexiko bleiben?«
»Weil es mir dort nicht mehr gefallen hat.«
»War das der einzige Grund?«
Morse verlor kurz die Fassung, und für einen Moment zeigte sich Ärger auf seinem Gesicht, doch gleich darauf hatte er sich wieder unter Kontrolle.
»Könnte es sein«, fuhr Reece fort, »dass Sie dort unten in Mexiko Schwierigkeiten bekommen haben?«
»Meinen Sie damit Verdauungsprobleme wegen des Essens?«, fragte Morse zurück und versuchte über seinen Scherz zu lachen, doch es gelang ihm nicht so recht. Er räusperte sich und schluckte.
»Was ist Ketaject, Doktor?«
Es folgte ein langes Schweigen. Morse rieb sich die Augen, und schließlich antwortete er: »Das ist der Markenname eines Mittels, an dessen Bestandteile ich mich nicht mehr erinnern kann.«
»Vielleicht der Markenname für Ketamin-Hydrochlorid?«
Wieder Schweigen. Dann flüsterte der Zeuge: »Ja.«
»Und wozu wird dieses Mittel eingesetzt?«
»Es handelt sich dabei um ein allgemeines Anästhetikum.« Beide Männer sahen einander an, und aus Morses Augen strömten Reece Furcht und Hass entgegen.
»Doktor, hatten Sie während Ihrer Zeit in Mexiko eine Patientin namens Adelita Corrones, ein siebzehnjähriges Mädchen aus Nogales?«
Schweigen.
»Soll ich meine Frage wiederholen, Doktor?«
»Ich kann mich nicht an eine Frau dieses Namens erinnern.«
»Nun, ich glaube, dass sie sich
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