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Ein toedlicher Plan

Titel: Ein toedlicher Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Deaver
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ihn zurückgewiesen hatte.
    Während der flache sandige Südstrand von Long Island draußen vorbeisauste, ging sie in Gedanken die Liste ihrer Verdächtigen durch. Sebastian war auf Platz eins vorgerückt. Callaghan schien bei dieser Geschichte die Rolle eines Vermittlers gespielt zu haben. Vielleicht wollte er den Wechsel aber auch selbst weiterverkaufen. Möglicherweise steckte er sogar mit Lloyd Hanover unter einer Decke. Sie wusste allerdings noch nicht, wie und warum Bosk in die Sache verwickelt war. Sebastians offenbare Schuldgefühle bereiteten Taylor Unbehagen. Er mochte sich pubertär aufgeführt haben und allzu habgierig gewesen sein, aber sein jungenhafter Charme war einfach ansteckend, und sie brachte es nicht über sich, negative Gefühle für ihn zu hegen.
    Außerdem konnte sie nicht mit Sicherheit sagen, dass er der Dieb war. Wendall Clayton hatte sich gleichfalls in der Nacht, in der der Wechsel verschwunden war, in der Kanzlei aufgehalten, und bei ihm war sein Geliebter gewesen, von dem sie nicht mehr wusste, als dass er einen Ohrring getragen hatte. Beide tauchten nicht auf der Computerliste auf, und das besagte doch wohl, dass sie ihre Anwesenheit in der Kanzlei geheim halten wollten.
    Und dann gab es da auch noch Ralph Dudley und sein kostspieliges kleines Hobby.
    Taylor hatte mehr Fragen als Antworten. Morgen Abend würde sie mit Mitchell Reece essen, sobald er aus New Orleans zurück war. Zu gern hätte sie ihm vom Fortschritt ihrer Ermittlungen berichtet, aber bei Licht betrachtet hatte sie nichts, was einer Erwähnung wert wäre. Sie spürte, wie erste Panik in ihr hochstieg. Morgen in einer Woche war der Termin bei Gericht. Sie bemühte sich, diese Gedanken aus ihrem Bewusstsein zu verbannen. Doch sie sah vor ihrem geistigen Auge immer wieder Mitchell, wie er vor der Geschworenenbank auf und ab schritt und den Männern und Frauen erklärte, warum der Wechsel nicht mehr da war. Schließlich nickte sie ein und träumte kurz, sie habe das Papier gefunden. Reece umarmte sie dafür, und sie spürte, wie die Wärme seiner Dankbarkeit sich über sie ergoss. Das Nächste, was sie registrierte, war, dass der Wagen aus einem Tunnel kam und Sebastian sie vorsichtig an der Schulter rüttelte, um sie zu wecken.
    »Wohin möchten Sie? In Ihre Wohnung oder in meine Badewanne?«
    Sie streckte sich, verspürte schmerzliche Enttäuschung darüber, aus dem schönen Traum gerissen worden zu sein, und antwortete: »Weder noch. Ich muss in die Kanzlei.«
    »Ich dachte, Sie wollten nach Hause.«
    »Leider sind da ein paar Dinge, die ich noch erledigen muss.«
    Sebastian sagte dem Fahrer die Adresse, und die Limousine raste durch Downtown in Richtung der verlassenen und ungewöhnlich ruhigen Wall Street. Als sie vor der Kanzlei hielten, hatte sich Sebastians Laune spürbar gebessert. Er legte seine Arme um Taylor, und was als brüderlicher Wangenkuss begann, endete mit einem Zungenkuss. Taylor ließ sich das für einen Moment gefallen, stieß ihn dann fort und rief entsetzt: »Aber Thom!« Doch gleich darauf lächelte sie schüchtern, so wie es die Regeln bei diesem Spiel verlangten, glitt aus dem Lincoln und flüchtete in die Kanzlei.

…Fünfzehn
    Es war neunzehn Uhr und schon recht dunkel draußen. Die Kanzlei lag in ungestörter Sonntagabendstille und schien ihr Feierabendnickerchen zu machen. Ein gutes Dutzend Anwälte war noch bei der Arbeit (hier im Haus gehörte es zu den ungeschriebenen Regeln, sich bei einer Sechstagewoche den Samstag freizunehmen). Die meisten trugen ihre bequemsten Jeans und keine Krawatte oder Fliege.
    Taylor schrieb einen kurzen Dank an Thom Sebastian und brachte das Blatt in sein Büro. Sie legte es auf seinen Schreibtischsessel und fing dann an, den Raum gründlich und eifrig wie ein Polizist bei seinem ersten Einsatz zu untersuchen. Sein Schreibtisch enthielt Kondome, Bambuspapier, eine noch nicht geöffnete Flasche Chivas Regal, Streichholzbriefchen vom Harvard Club, vom Palace Hotel und von Nachtclubs aus der ganzen Stadt, etwa fünfundzwanzig Speisekarten von Essensdiensten (er schien sie nach persönlichen Geschmacksrichtungen geordnet zu haben; obenauf lag chinesische Küche, dann ein Delikatessenladen, schließlich japanisches Essen und ganz unten ein Steakhaus), geschwätzige Briefe von seinem Bruder, seinem Vater und seiner Mutter (alle ordentlich in Stapeln aufgeschichtet, einige davon mit Randnotizen für die Antwortschreiben versehen), Informationsblätter von Börsen-

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